der Blick von Chicot, der seinen Platz kluger Weise im Schatten genommen hatte, bis an die Ecke eines ungeheuren Kamins dringen. An dieser Ecke saß auf einem Schemel der kurze, dicke Mann und ließ sich, wahrscheinlich in der Voraussetzung, er hätte keine Nachforschung zu befürchten, von dem Scheine eines Herdes überströmen, dessen Wärme und Helle ein Arm voll Reben verdoppelt hatte.
»Ich habe mich nicht getäuscht,« sagte Chicot, »und als ich mein Gebet an dem Hause der Rue des Noyers verrichtete, war es, als hätte ich die Rückkehr dieses Mannes gerochen. Doch warum so verstohlener Weise in die gute Hauptstadt unseres Freundes Herodes zurückkommen? Warum sich verbergen, wenn er vorüberzieht? Ah! Pilatus! Pilatus! sollte mir zufällig der gute Gott das Jahr, um das ich ihn gebeten habe, nicht bewilligen und mich früher zur Heimbezahlung zwingen, als ich glaubte?«
Bald bemerkte Chicot mit Vergnügen, dass er von dem Orte, wo er saß, nicht nur sehen, sondern auch in Folge von einer jener akustischen Wirkungen, welche zuweilen der Zufall auf eine launenhafte Weise bereitet, hören konnte. Als er diese Wahrnehmung machte, fing er an, mit derselben Aufmerksamkeit zu horchen, mit der er seinen Blick zum Sehen anspannte.
»Meine Herren,« sagte der kurze, dicke Mann zu seinen Gefährten, »ich glaube, es ist Zeit zum Aufbruch. Der letzte Lackei ist längst vorüber, und die Straße ist meiner Ansicht nach zu dieser Stunde sicher.«
»Vollkommen sicher, Monseigneur,« antwortete eine Stimme, welche Chicot beben machte und aus einem Körper kam, dem er, ganz und gar in die Betrachtung der Hauptperson vertieft, bis jetzt keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Der Mensch, dem der Körper gehörte, aus welchem diese Stimme hervorkam, war eben so lang, als derjenige, welchem er den Titel Monseigneur gab, kurz, eben so bleich, als dieser hochrot, eben so untertänig, als er anmaßend war.
»Ah! Meister Nicolas,« sagte Chicot, geräuschlos lachend: »Tu quoque. … es ist gut. Wir müssten viel Unglück haben, sollten wir uns diesmal trennen, ohne ein paar Worte mit einander zu sprechen.«
Chicot leerte hiernach sein Glas und bezahlte den Wirt, damit ihn nichts zurückhielt, sollte er es für geeignet halten, aufzubrechen.
Diese Vorsicht war nicht schlimm, denn die sieben Personen, welche die Aufmerksamkeit von Chicot erregt hatten, bezahlten ebenfalls, oder der kurze dicke Mann bezahlte vielmehr für Alle; Jeder nahm sein Pferd aus den Händen eines Lackeis oder eines Stallknechts und schwang sich in den Sattel. Die kleine Truppe schlug den Weg nach Paris ein und vertiefte sich bald in den ersten Nebel des Abends.
»Gut!« sagte Chicot, »er gehe nach Paris, ich kehre auch dahin zurück.«
Und Chicot stieg ebenfalls zu Pferde und folgte ihnen von ferne, ohne einen Augenblick ihre grauen Mäntel aus dem Gesicht zu verlieren, oder wenn er sie aus Klugheit einen Augenblick aus dem Gesicht verlor, ohne dass er aufhörte, auf die Tritte ihrer Pferde zu horchen. Diese ganze Reitertruppe verließ die Straße in Fromenteau, nahm ihre Richtung querfeldein nach Choisy, zog auf der Brücke von Charenton über die Seine, erreichte Paris durch die Porte Saint-Antoine und verlor sich wie ein Bienenschwarm in dem Hotel Guise, das nur ihre Ankunft zu erwarten schien, um sich hinter Ihr zu schließen.
»Gut,« sagte Chicot, sich an der Ecke der Rue des Quatre-Fils verbergend, »darunter steckt nicht nur Mayenne, sondern auch Guise. Bis jetzt war es nur seltsam, doch es wird interessant werden. Warten wir.«
Chicot wartete in der Tat eine Stunde, trotz des Hungers und der Kälte, welche ihn mit ihren scharfen Zähnen zu packen anfingen. Endlich öffnete sich das Thor; doch statt sieben in ihre Mäntel gehüllter Reiter, waren es sieben in ihre Capucen gehüllte Genovever-Mönche, welche ungeheure Rosenkränze schüttelnd erschienen.
»Oh! welch eine unerwartete Entwicklung!« sagte Chicot. »Ist das Hotel Guise so von dem Geruch der Heiligkeit durchschwängert, dass sich die Schufte, wenn sie nur seine Schwellen berühren, in Lämmer verwandeln? Die Sache wird immer interessanter.«
Chicot folgte den Mönchen, wie er den Reitern gefolgt war, denn er zweifelte nicht, dass die Kutten dieselben Leiber bedeckten, welche die Mäntel bedeckt hatten. Die Mönche gingen auf dem Pont-Notre-Dame über die Seine, zogen durch die Cité, schlugen den Weg über den Petit-Pont und über die Place Maubert ein und stiegen die Rue Sainte-Geneviève hinauf.
»Oho!« sagte Chicot, nachdem er seinen Hut vor dem Hause der Rue des Noyers abgenommen, wo er am Morgen sein Gebet verrichtet hatte. »Kehren wir zufällig nach Fontainebleau zurück? In diesem Falle hätte ich nicht den kürzesten Weg gewählt. Doch nein, ich täusche mich, wir werden nicht so weit gehen.«
Die Mönche blieben wirklich vor der Türe der Sainte-Geneviève Abtei stehen, und traten dann in die Vorhalle, in deren Tiefe man einen andern Mönch von demselben Orden erblickte, der mit der größten Aufmerksamkeit die Hände der Eintretenden zu beschauen bemüht war.
»Oh mein Gott!« dachte Chicot, »es scheint, um in die Abtei eingelassen zu werden, muss man diesen Abend reinliche Hände haben. Es geht offenbar etwas Außerordentliches vor.«
Chicot, der sehr in Verlegenheit war, was er tun sollte, um die Menschen nicht zu verlieren, denen er folgte, schaute nach dieser Betrachtung rings umher und sah zu seinem großen Erstaunen aus allen Straßen, welche gegen die Abtei liefen, Capucen hervorkommen, die einen vereinzelt, die andern zu zwei und zwei, doch insgesamt auf die Abtei zu schreitend.
»Ah!« sagte Chicot, »es wird also diesen Abend Generalkapitel in der Abtei gehalten und alle Genovever Frankreichs sind dazu berufen! Das ist, so wahr ich ein Edelmann bin, das, erste Mal, dass mich die Lust erfasst, einem Kapitel beizuwohnen.«
Die Mönche gingen alle unter die Halle, zeigten ihre Hände oder irgend einen Gegenstand, den sie in ihren Händen hielten, und traten ein. »Ich würde mit ihnen eintreten,« sagte Chicot, »doch hierzu fehlen mir zwei sehr wesentliche Dinge. Einmal das respektable Gewand, das sie umhüllt, insofern ich keinen Laien unter diesen heiligen Männern erblicke, und zweitens die Sache, die sie dem Bruder Pförtner zeigen; denn offenbar zeigen sie etwas. Ah! Bruder Gorenflot, mein würdiger Freund, wenn ich Dich hier bei der Hand hätte.«
Diesen Ausruf entriss Chicot die Erinnerung an einen der ehrwürdigsten Mönche des Ordens der Genovever, einen gewöhnlichen Gast von Chicot, wenn Chicot zufällig nicht im Louvre speiste, eben denselben, mit welchem am Tage der Prozession der Büßer unser Gascogner in der Schenke der Porte Montmartre angehalten, eine Krickente gegessen und gewürzten Wein getrunken hatte.
Und es strömten fortwährend Mönche herbei, so dass es war, als hätte die Hälfte der Bevölkerung von Paris die Kutte genommen, und der Bruder Pförtner prüfte sie insgesamt mit derselben Aufmerksamkeit.
»Sieh da! sieh da!« sagte Chicot zu sich selbst, »es geht offenbar diesen Abend etwas Außerordentliches vor. Wir wollen ganz und gar neugierig sein. Es ist halb acht Uhr und das Almosensammeln vorüber. Ich muss den Bruder Gorenflot im Füllhorn finden, denn zu dieser Stunde pflegt er zu Nacht zu speisen.«
Chicot ließ die Heerschar von Mönchen ihre Evolutionen in der Gegend der Abtei machen und in die Halle eintreten, setzte sein Pferd in Galopp und erreichte die Rue Saint-Jacques, wo, dem Benedictinerkloster gegenüber sich blühend und von Schülern und kampflustigen Mönchen sehr fleißig besucht das Gasthaus zum Füllhorn erhob.
Chicot war in dem Hause bekannt, nicht als ein Stammgast, sondern als einer von jenen heimlichen Gästen, welche von Zeit zu Zeit kamen und einen Goldthaler und ein Teilchen ihrer Vernunft in der Anstalt von Meister Claude Bonhomet ließen. So hieß der Ausspender der Gaben von Ceres und Bacchus, welche beständig aus dem berühmten mythologischen Horne strömten, das dem Hause als Schild diente.
Siebzehntes Kapitel
Worin dem Leser das Vergnügen zu Teil werden wird, die Bekanntschaft des Bruder Gorenflot zu machen, von dem er bereits zweimal im Verlaufe dieser Geschichte hat sprechen hören
Auf den schönen Tag war ein schöner Abend gefolgt; nur da der Tag kalt gewesen, war der Abend noch viel kälter. Man sah unter dem Hute verspäteter Bürger den durch den Schimmer der Stocklaternen geröteten Dunst ihres Atems sich verdicken. Man hörte deutlich die Tritte der Vorübergehenden