Александр Дюма

Die Fünf und Vierzig


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Anne. »Ich verstehe Dich nicht.«

      Der junge Mann antwortete lächelnd:

      »Ich will damit sagen, daß meine Jugend geräuschvoll war, daß ich oft zu lieben glaubte, und daß alle Frauen für mich bis zu jenem Augenblick Frauen waren, denen ich meine Liebe anbieten konnte.«

      »Oh! Oh! was ist das?« rief Joyeuse, der, unwillkührlich etwas beunruhigt durch das Geständniß seines Bruders, seine Heiterkeit wieder zu erlangen suchte. »Nimm Dich in Acht, Henri, Du schweifst aus, es ist also keine Frau von Fleisch und Knochen?«

      »Mein Bruder,« sagte der junge Mann, die Hand von Joyeuse mit einem fieberhaften Drucke umschließend, »mein Bruder,« sprach er so leise, daß sein Hauch kaum an das Ohr des Aelteren gelangte, »so wahr mich Gott hört, ich weiß nicht, ob es ein Geschöpf dieser Welt ist.«

      »Beim Papst!« erwiederte Anne, »Du würdest mir Angst machen, wenn ein Joyeuse je Angst haben könnte.«

      Dann fügte er bei, indem er seine Heiterkeit wieder zu gewinnen suchte.

      »Doch immerhin ist es gewiß, daß sie geht, daß sie weint, und daß sie Küsse gibt; Du hast es mir selbst gesagt, und dies ist, wie mir scheint, ein sehr gutes Vorzeichen, mein theurer Freund; aber das ist nicht Alles; sprich, hernach, hernach?«

      »Hernach kommt nur noch wenig: ich folgte ihr also, sie suchte sich mir nicht einmal zu entziehen, den Weg zu verändern, einen falschen Weg einzuschlagen; sie schien nicht einmal hieran zu denken.«

      »Nun! wo wohnte sie?«

      »Ein der Gegend der Bastille, in der Rue de Lesdiguières; vor ihrer Thüre wandte sich ihr Begleiter um und sah mich.«

      »Du machtest ihm sodann ein Zeichen, um ihm zu verstehen zu geben, daß Du mit ihm zu sprechen wünschest.«

      »Ich wagte es nicht; was ich Dir da sage, ist lächerlich, aber der Diener imponirte mir beinahe eben so sehr als die Gebieterin.«

      »Gleichviel, Du tratst in das Haus?«

      »Nein, mein Bruder.«

      »In der That, Henri, ich habe große Lust, zu leugnen, daß Du ein Joyeuse bist; doch Du gingst wenigstens am andern Tag wieder dahin?«

      »Ja, aber vergebens, vergebens nach der Gypecienne, vergebens in die Rue de Lesdiguières.«

      »Sie war verschwunden.«

      »Wie ein Schatten, der entflohen.«

      »Du hast Dich jedoch erkundigt?«

      »Die Straße hat wenig Bewohner, keiner konnte mich befriedigen; ich lauerte auf den Diener, um ihn zu befragen, er erschien nicht wieder; doch ein Licht, das ich am Abend durch die Jalousien glänzen sah, tröstete mich, indem es mir andeutete, sie wäre immer noch da. Ich wandte hundert Mittel an, um in das Haus zu dringen: Briefe, Boten, Blumen, Geschenke, Alles scheiterte. Eines Abends verschwand das Licht ebenfalls und erschien nicht wieder; ohne Zweifel meiner Verfolgungen müde, hatte die Dame die Rue des Lesdiguières verlassen; Niemand kannte ihre neue Wohnung.«

      »Du hast sie jedoch wiedergefunden, die schöne Spröde?«

      »Der Zufall gestattete es: ich bin ungerecht, mein Bruder, es ist die Vorsehung, welche nicht will, daß man das Leben hinschleppe. Höre, es ist in der That seltsam! Ich ging vor vierzehn Tagen um Mitternacht durch die Rue de Bussy… Du weißt, mein Bruder, daß die Feuerverordnungen sehr streng vollzogen werden; nun wohl! ich sah nicht nur Feuer an den Scheiben eines Hauses, sondern einen wahren Brand, der im zweiten Stocke ausbrach.

      »Ich klopfte kräftig an die Thüre, ein Mann erschien am Fenster.

      »»Es brennt bei Euch!«« rief ich.

      »»Stille, habt Mitleid,«« erwiederte er, »»stille, ich bin eben beschäftigt, zu löschen.««

      »»Soll ich die Wache rufen?««

      »»Nein, nein, um des Himmels willen, ruft Niemand.««

      »»Aber wenn man Euch helfen kann?««

      »»Wollt Ihr? so kommt und Ihr leistet mir einen Dienst, für den ich Euch mein ganzes Leben dankbar sein werde.««

      »»Und wie soll ich kommen?««

      »»Hier ist der Schlüssel zur Thüre.««

      »Und er warf mir aus dem Fenster einen Schlüssel zu.

      »Ich stieg rasch die Treppe hinauf und trat in das Zimmer, das der Schauplatz des Brandes war.

      »Der Boden brannte; ich befand mich in dem Laboratorium eines Chemikers; als er irgend einen Versuch machte, hatte sich eine entzündbare Flüssigkeit auf der Erde ausgebreitet, wodurch der Brand entstanden war.

      »Bei meinem Eintritt war er schon Meister des Feuers, so daß ich mir ihn anschauen konnte.

      »Es war ein Mann von acht und zwanzig bis dreißig Jahren, wenigstens schien er mir dieses Alter zu haben; eine furchtbare Narbe durchfurchte die Hälfte der Wange, eine andere den Schädel; sein buschiger Bart verbarg den Rest des Gesichtes.

      »»Ich danke Euch, mein Herr, aber Ihr seht. Alles ist vorbei; seid Ihr ein so artiger Mann, als sich aus Eurem Aussehen schließen läßt, so habt die Güte, Euch zu entfernen, denn meine Gebieterin kann jeden Augenblick eintreten, und sie dürfte ärgerlich werden, wenn sie zu dieser Stunde einen Fremden bei mir oder vielmehr bei sich sehen würde.

      »Der Ton dieser Stimme lähmte, erschreckt mich. Ich öffnete den Mund, um ihm zuzurufen: »»Ihr seid der Mann der Gypecienne, der Mann der Rue de Lesdiguières, der Mann von der unbekannten Dame,«« denn Du erinnerst Dich, mein Bruder, daß er mit einer Kutte bedeckt war, daß ich sein Gesicht nicht gesehen, daß ich nur seine Stimme gehört hatte. Ich war im Begriff, ihm dies zu sagen, ihn zu befragen; als sich plötzlich eine Thüre öffnete und eine Frau eintrat.

      »»Was gibt es denn, Remy?«« fragte sie, indem sie majestätisch auf der Thürschwelle stehen blieb, »»und warum dieser Lärmen?««

      »Oh! mein Bruder, sie war es, noch schöner im sterbenden Feuer des Brandes, als sie mir in den Strahlen des Mondes geschienen hatte; sie war es, die Frau, deren beständiges Andenken mir das Herz zernagt.

      »Bei dem Schrei, den ich ausstieß, schaute mich der Diener ebenfalls aufmerksamer an.

      »»Ich danke, Herr, ich danke,«« sagte er noch einmal, »»Ihr seht, das Feuer ist gelöscht, Geht, ich bitte Euch, geht.««

      »»Mein Freund,«« erwiederte ich, »»Ihr verabschiedet mich sehr hart.«

      »»Madame,«« sagte der Diener, »»er ist es.««

      »»Wer?«« fragte sie.

      »»Der junge Cavalier, den wir im Garten der Gypecienne trafen, und der uns nach der Rue de Lesdiguières folgte.««

      »Sie heftete nun ihren Blick auf mich, und aus diesem Blick konnte ich schließen, daß sie mich zum ersten Male sah.

      »»Mein Herr,«« sprach sie, »»habt die Güte, entfernt Euch.««

      »Ich zögerte, ich wollte sprechen, bitten; aber die Worte fehlten meinen Lippen; ich blieb unbeweglich und stumm und schaute sie nur an.

      »»Nehmt Euch in Acht, mein Herr,«« sagte der Diener mehr traurig als streng, »»nehmt Euch in Acht, Ihr würdet Madame zwingen, zum zweiten Male zu fliehen.««

      »»Oh! Gott verhüte es,«« erwiederte ich, mich verbeugend, »»aber Madame, ich beleidige Euch doch nicht.«««

      »Sie antwortete mir nicht. So unempfindlich, so stumm, so eisig, als ob sie mich nicht gehört hätte, wandte sie sich um, und ich sah sie allmälig im Schatten verschwinden und die Stufen einer Treppe hinabgehen, auf der ihr Tritt nicht mehr scholl, als wenn es der eines Gespenstes gewesen wäre.«

      »Und das ist Alles?« fragte Joyeuse.

      »Das ist Alles. Der Diener geleitete mich zur Thüre zurück und sprach:

      »»Mein Herr, vergeßt im Namen Jesu und der Jungfrau Maria, ich flehe Euch an, vergeßt!««

      »Ich