war unschuldig, Madame.«
»Oh! mein Herr, das sind die Früchte Ihrer Revolution! Nachdem sie die adeligen Herren, die Staatsbeamten, die Garden umgebracht haben, erwürgen sie einander unter sich; es gibt also kein Mittel, Gerechtigkeit an diesen Mördern zu üben?«
»Wir werden bemüht sein, dies zu thun; mehr werth wäre es aber, den Mördern zuvorzukommen, als sie zu bestrafen.«
»Wie soll man denn zu diesem Ziele gelangen? Mein Gott!l der König und ich verlangen ja nichts Anderes.«
»Madame, alle diese unglücklichen Vorfälle rühren von einem großen Mißtrauen des Volkes gegen die Agenten der Macht her: stellen Sie an die Spitze der Regierung Männer, welche das Vertrauen des Volkes haben, und nichts Aehnliches wird mehr vorfallen.«
»Ja, ja. Herrn von Mirabeau, Herrn von Lafayette, nicht wahr?«
»Ich hoffte, die Königin habe mich rufen lassen, um mir zu sagen, sie habe den König dahin gebracht, daß er aufhöre, gegen die von mir vorgeschlagene Combination feindlich gesinnt zu sein.«
»Vor Allem, Doctor, verfallen Sie in einen schweren Irrthum, einen Irrthum, in den übrigens auch Andere als Sie verfallen: Sie glauben, ich habe Einfluß auf den König? Sie glauben, er folge meinen Eingebungen? Sie täuschen sich; wenn Jemand Einfluß aus den König hat, so ist es Madame Elisabeth und nicht ich, und zum Beweise dient, daß er gestern erst einen von meinen Dienern, Herrn von Charny, in einer Mission abgeschickt hat, ohne daß ich weiß, wohin derselbe geht und in welchem Zwecke er abgereist ist.«
»Und dennoch, wenn die Königin ihren Widerwillen gegen Herrn von Mirabeau überwinden wollte, könnte ich ihr dafür stehen, daß der König meinen Wünschen beizutreten bestimmt würde.«
»Sprechen Sie, Herr Gilbert/’ versetzte die Königin lebhaft, »werden Sie mir zufällig sagen, dieser Widerwille sei nicht motivirt?«
»In der Politik, Madame, soll es weder Sympathie, noch Antipathie geben: es soll Verwandtschaften der Principien oder Combinationen der Interessen geben, und ich muß Eurer Majestät zur Schande der Menschen bemerken, daß die Combinationen der Interessen viel sicherer sind, als die Principienverwandtschaften.«
»Doctor, werden Sie mir im Ernste sagen, ich soll mich einem Manne anvertrauen, der den 5. und 6. October gemacht, und mit einem Redner einen Vertrag abschließen, der mich öffentlich auf der Tribune beschimpft hat?«
»Glauben Sie mir, Madame, nicht Herr von Mirabeau hat den 5. und 6. October gemacht; die Hungersnoth, das Elend haben das Werk des Tags begonnen, ein geheimnißvoller, mächtiger, erschrecklicher Arm aber hat das Werk der Nacht gemacht . . .Vielleicht werde ich eines Tags im Stande sein, Sie auf dieser Seite zu vertheidigen und mit der finstern Macht zu kämpfen, welche nicht nur Sie allein, sondern auch alle die anderen gekrönten Häupter, nicht nur den Thron von Frankreich, sondern auch alle Throne der Erde verfolgt. So wahr ich die Ehre habe, mein Leben zu Ihren Füßen und zu denen des Königs zu legen, Madame, eben so wahr ist Herr von Mirabeau nicht betheiligt an jenen gräßlichen Tagen, und er hat in der Nationalversammlung wie die Andern, vielleicht ein wenig früher als die Andern, durch ein Billet, das ihm zugestellt wurde, erfahren, das Volk marschire gegen Versailles.«
»Werden Sie auch das leugnen, was weltkundig ist, ich meine die Beleidigung, die er mir aus der Tribüne angethan hat?«
»Madame, Herr von Mirabeau ist einer von den Männern, die ihren Werth kennen und sich erbittern, wenn, während sie sehen, wozu sie taugen und von welcher Hilfe sie sein können, die Könige halsstarrig sie nicht verwenden; ja, damit Sie die Augen gegen ihn wenden, Madame, wird Herr von Mirabeau jedes Mittel, sogar die Beleidigung gebrauchen; es wird ihm lieber sein, wenn die erhabene Tochter von Maria Theresia, Königin und Frau, einen zornigen Bück aus ihn wirst, als wenn sie ihn gar nicht anschaut.«
»Sie glauben also, Herr Gilbert, dieser Mann würde einwilligen, uns zu gehören?«
»Er ist ganz und gar hierzu bereit, Madame; entfernt sich Herr von Mirabeau vom Königthum, so ist es wie bei einem Pferde, das Seitensprünge macht und nur den Zügel und den Sporn seines Reiters zu fühlen braucht, um aus den rechten Weg zurückzukehren.«
»Da er aber schon dem Herrn Herzog von Orleans gehört, so kann er nicht der ganzen Weit gehören?«
»Darin liegt gerade der Irrthum, Madame.«
»Herr von Mirabeau gehört nicht dem Herrn Herzog von Orleans?« versetzte die Königin.
»Er gehört so wenig dem Herrn Herzog von Orleans, daß er, als er vernahm, der Prinz habe sich nach England vor den Drohungen von Herrn von Lafayette zurückgezogen, in seinen Händen das Billet von Herrn von Lauzun, welches ihm diese Abreise meldete, zerknitternd, sagte: »»Man behauptet, ich gehöre zur Partei dieses Menschen. Ich möchte nicht einmal für meinen Lackei etwas von ihm!««
»Ah! das söhnt mich wieder ein wenig mit ihm aus,« sprach die Königin, indem sie zu lächeln suchte, »und wenn ich glaubte, man könnte wirklich aus ihn zählen? . . .«
»Nun?«
»Nun, vielleicht wäre ich weniger weit als der König davon entfernt, auf ihn zurückzukommen.«
»Madame am Morgen nach dem Tage, wo das Volk von Versailles Eure Majestät, sowie der König und die königliche Familie zurückgeführt hat, traf ich Herrn von Mirabeau . . .«
»Berauscht von seinem Siege am vorhergehenden Tage . . .«
»Erschrocken über die Gefahren, welche Sie liefen, und über die, welche Sie noch lausen könnten.«
»Wahrhaftig, sind Sie dessen sicher?« versetzte die Königin mit einer Miene des Zweifels.
»Soll ich Ihnen die Worte mittheilen, die er mir gesagt hat?«
»Ja, Sie werden mir Vergnügen machen.«
»So vernehmen Sie dieselben, Wort für Wort; ich habe sie in mein Gedächtniß eingegraben, in der Hoffnung, ich werde eines Tags Gelegenheit haben, sie Eurer Majestät zu wiederholen: »»Wissen Sie ein Mittel, sich beim König und bei der Königin Gehör zu verschaffen, so bringen sie ihnen die Ueberzeugung bei, daß Frankreich und sie verloren sind, wenn die königliche Familie Paris nicht verläßt. Ich beschäftige mich mit einem Plane, um ihren Abgang zu bewerkstelligen. Wären sie im Stande, ihnen die Versicherung zu geben, daß sie auf mich zählen können?««
Die Königin wurde nachdenkend.
»Also,« sagte sie, »es ist also auch die Ansicht von Herrn von Mirabeau, daß wir Paris verlassen sollen?«
»Es war seine Ansicht damals.«
»Und er hat sie seitdem geändert?«
»Ja, wenn ich einem Bittet glauben darf, welches ich vor einer halben Stunde erhalten habe.«
»Von wem?«
»Von ihm selbst.«
»Kann man dieses Bittet sehen?«
»Es ist für Eure Majestät bestimmt,« erwiederte Gilbert.
Und er zog das Papier aus seiner Tasche.
»Eure Majestät wird entschuldigen, es ist auf Schülerpapier und auf dem Comptoir eines Weinhändlers geschrieben worden.«
»Oh! seien Sie hierüber unbesorgt: Papier und Pult, Alles ist im Einklang mit der Politik, welche in diesem Augenblick getrieben wird.«
Die Königin nahm das Papier und las:
»Das Ereignis, von heute verändert das Angesicht der Dinge.
»Man kann einen großen Nutzen aus diesem abgeschnittenen Kopfe ziehen.
»Die Nationalversammlung wird bange haben und das Martialgesetz verlangen.
»Herr von Mirabeau kann das Martialgesetz unterstützen und votiren lassen.
»Herr von Mirabeau kann behaupten, es sei nur Heil darin zu suchen, daß man die Macht der Exekutivgewalt zurückgebe.
»Herr von Mirabeau kann Herrn von Necker über die Lebensmittel angreifen und ihn stürzen.
»An