und vertheidigt ihn, und versichert, sein Stallmeister sei der sanfteste, geordnetste Mensch.«
»Das hattet Ihr zuweilen die Güte, für mich zu sagen, gnädigster Herr. Martin-Guerre glaubt, er sei vom Teufel besessen. Die Wahrheit ist, daß ich ihn besitze.«
»Wie? Was ist das? Du bist doch nicht etwa Satan?« rief sich ganz erschrocken bekreuzend, der Connetable, ein Mann so unwissend wie ein Karpfe und so abergläubisch wie ein Mönch.
Meister Arnauld antwortete nur durch ein höllisches Gelächter, und als er Montmorency hinreichend beängstigt sah, sagte er:
»Ei! nein, ich bin nicht der Teufel, gnädigster Herr. Um Euch dies zu beweisen und Euch zu beruhigen, bitte ich Euch um fünfzig Pistolen. Hätte ich, wenn ich der Teufel wäre, Geld nöthig, und würde ich mich selbst am Schweif ziehen?«
»Das ist richtig,« sprach der Connetable »und hier sind die fünfzig Pistolen.«
»Die ich dadurch wohl verdient habe, daß ich das Vertrauen des Vicomte d’Ermès zu gewinnen wußte; denn wenn ich nicht der Teufel bin, so bin ich doch ein wenig Zauberer, und ich brauche nur einen gewissen braunen Rock und gewisse gelbe Strumpfhosen anzuziehen, daß der Vicomte d’Ermès mit mir spricht wie mit einem alten Freund und einem erprobten Vertrauten.«
»Hm! dies Alles riecht nach dem Strick,« sprach der Connetable.
»Meister Nostradamus weissagte mir, als er mich nur in der Straße gehen sah, einzig und allein aus dem Anblick meiner Physiognomie, ich würde zwischen Himmel und Erde sterben. Ich füge mich also meinem Schicksal und widme es Euren Interessen, gnädigster Herr. Das Leben eines Gehenkten für sich zu haben, ist unschätzbar. Ein Mensch, der am Galgen zu sterben sicher ist, fürchtet nichts, nicht einmal den Galgen. Um anzufangen, habe ich mich zum Doppelgänger vom Stallmeister des Vicomte d’Ermès gemacht. Ich sagte Euch, daß ich Wunder vollbringe! Wißt Ihr nun, erratet Ihr nun, wer der genannte Vicomte ist?«
»Bei Gott! ein unbändiger Parteigänger der Guisen.«
»Etwas Besseres. Der geliebte Liebhaber von Frau von Castro.«
»Was sagst Du da, Schurke? Und woher weißt Du das?«
»Ich bin der Vertraute des Vicomte, wie ich Euch schon bemerkt habe. Ich bin es, der meistens seine Billets der Schönen überbringt, und ihre Antwort entgegennimmt. Ich stehe auf’s Beste mit der Zofe der Dame, welche Zofe nur darüber staunt, daß sie einen so ungleichen Liebhaber hat, einen Liebhaber, der an einem Tage unternehmend ist wie ein Page, und am andern Tage schüchtern wie eine Nonne. Der Vicomte d’Ermès und Frau von Castro sehen sich dreimal in der Woche bei der Königin, und schreiben sich jeden Tag. Ihr mögt mir jedoch glauben, wenn Ihr wollt, ihre Liebe ist rein. Bei meinem Wort! ich würde mich für sie interessieren, wenn ich mich nicht für mich interessierte. Sie lieben sich wie die Cherubim, und zwar seit ihrer Kindheit, wie es scheint. Ich öffne von Zeit zu Zeit ein wenig ihre Briefe, und sie rühren mich. Madame Diana ist eifersüchtig, rathet einmal auf wen, gnädigster Herr? Auf die Königin. Sie hat Unrecht, die Arme. Es ist möglich, daß die Königin an den Vicomte d’Ermès denkt . . .«
»Arnauld,« unterbrach ihn der Connetable, »Ihr seid ein Verleumder.«
»Euer Lächeln, Monseigneur, straft die üble Nachrede nicht Lügen,« entgegnete Arnauld. »Ich sagte also, es wäre möglich, daß die Königin an den Vicomte dachte, doch der Vicomte denke sicherlich nicht an die Königin. Ihre Liebe ist eine arkadische, vorwurfsfreie, eine Liebe die mich rührt, wie ein süßes Schäferspiel oder ein Ritterroman, was mich indessen, Gott sei mir gnädig! nicht abhält, diese armen Turteltauben für fünfzig Pistolen zu verraten! Doch gesteht, gnädigster Herr, daß ich gut begonnen und diese fünfzig Pistolen wohl verdient habe.«
»Es mag sein,« sprach der Connetable, »doch ich frage Dich noch einmal, wodurch bist Du so gut unterrichtet?«
»Ah! Verzeiht, das ist mein Geheimnis, Ihr könnt es erraten, wenn Ihr wollt, doch ich muß es Euch noch verschweigen. Uebrigens kann Euch nicht viel an meinen Mitteln liegen, für die ich allein verantwortlich bin, wenn Ihr nur Euren Zweck erreicht. Euer Zweck aber ist es, über die Handlungen und Pläne, die Euch schaden könnten, unterrichtet zu sein, und mir scheint, daß die Mittheilung von heute nicht ganz ohne Belang und Nutzen für Euch ist, gnädigster Herr.«
»Allerdings, Schurke, doch Du mußt fortwährend diesen verdammten Vicomte bespähen.«
»Ich werde fortfahren, Monseigneur, denn ich gehöre eben so sehr Euch, als dem Laster. Ihr gebt mir Pistolen, ich gebe Euch Worte, und wir sind Beide zufrieden. Oh! doch es kommt Jemand in diese Gallerie. Eine Frau. Teufel, ich nehme von Euch Abschied, Monseigneur.«
»Wer ist es denn?« fragte der Connetable, der ein kurzes Gesicht hatte.
»Ei! Frau von Castro selbst; sie geht ohne Zweifel zum König, und es ist wichtig, daß sie mich nicht bei Euch sieht, Monseigneur, obgleich sie mich in dieser Kleidung nicht kennt. Sie naht, ich entweiche.«
Er eilte in der That auf der einen Seite weg, während Frau Diana von der andern kam.
Der Connetable zögerte einen Augenblick, dann beschloß er, sich selbst der Wahrheit der Angaben von Arnauld zu versichern, und trat festen Schrittes auf Frau von Angoulême zu.
»Ihr begebt Euch in das Cabinet des Königs, Madame?« sagte er.
»In der That, Herr Connetable.«
»Ich befürchte, Ihr findet Seine Majestät nicht sehr geneigt, Euch zu hören, Madame,« sprach Montmorency, natürlich beunruhigt durch diesen Schritt, »und die ernsten Nachrichten, welche eingelaufen sind . . .«
»Machen gerade den Augenblick äußerst günstig für mich, mein Herr.«
»Und gegen mich, nicht wahr, Madame? Denn Ihr haßt mich furcbtbar.«
»Ach! Herr Connetable, ich hasse Niemand.«
»Hegt Ihr wirklich nur Liebe?« fragte Anne von Montmorency mit einem so ausdrucksvollen Ton daß Diana erröthete und die Augen niederschlug. »Und dieser Liebe wegen widersteht Ihr ohne Zweifel dem Verlangen des Königs und den Wünschen meines Sohnes?« fügte der Connetable bei.
Diana schwieg verlegen.
»Arnauld hat wahr gesprochen,« dachte der Connetable, »sie liebt den schönen Boten der Siege von Herrn von Guise.«
»Herr Connetable,« sagte endlich Diana, »meine Pflicht ist es, Seiner Majestät zu gehorchen, doch es ist zugleich auch mein Recht, meinen Vater anzuflehen.«
»Ihr beharrt also darauf, daß Ihr den König aufsuchen wollt?«
»Ich beharre darauf.«
»Nun wohl! ich begebe mich zu Frau von Valentinois, Madame.«
»Wie es Euch beliebt, mein Herr.«
Sie grüßten sich und verließen die Gallerie jedes durch die entgegengesetzte Seite, und in dem Augenblick, wo Diana beim König eintrat, trat der alte Montmorency bei der Favoritin ein.
XIII.
Der Gipfel des Glücks
»Komm hierher, Meister Martin,« sagte an demselben Tag beinahe zu derselben Stunde Gabriel zu seinem Stallmeister, »ich muß meine Runde machen, und werde erst in zwei Stunden nach Hause zurückkehren. Du, Martin, stellst Dich an den bekannten Ort und erwartest dort einen Brief, einen wichtigen Brief, den Dir Jacinthe wie gewöhnlich zustellen wird. Verliere keine Minute und bring’ ihn mir eiligst; wenn meine Runde vollendet ist, werde ich Dir übrigens entgegengehen, wenn nicht, so erwarte mich hier; Hast Du verstanden?«
»Ich habe verstanden, doch ich muß mir eine Gnade von Euch erbitten.«
»Sprich.«
»Laßt mich von einer Wache begleiten, gnädiger Herr, ich beschwöre Euch.«
»Eine Wache, um Dich zu begleiten, was soll diese neue Tollheit? Fürchtest Du Dich?«
»Ich fürchte mich,« antwortete Martin mit kläglichem Ton. »Es scheint, gnädiger Herr, ich habe in der letzten Nacht wieder schöne Streiche