Александр Дюма

Drei starke Geister


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armer Oheim!« sagte er, sich die Thränen trocknend, und folgte dann dem königlichen Procurator, der vorausgegangen war.

      Die drei Gerichtspersonen und Jean traten nebst einem Arzte, den man herbeigerufen hatte, in das Schlafzimmer des Pfarrers, wo ein gräßliches Schauspiel sie erwartete.

      Der Pfarrer lag im Hemd auf dem Fußboden, mitten in einer großen Blutlache; sein Kopf und seine Brust waren von Messerstichen ganz zerhackt. Ob er nach der Ermordung aus dem Bett gezogen worden, ob er während des Kampfes mit dem Mörder herausgefallen war, dies konnte Niemand sagen, als der Mörder, und der Mörder war gewiß nicht da.

      »Der Tod scheint augenblicklich erfolgt zu sein,« bemerkte der Arzt, nachdem er den Leichnam betrachtet hatte; »diese Wunde,« sagte er, auf einen Stich in der Gegend des Herzens zeigend, »ist ihm ohne Zweifel zuerst beigebracht worden und hat ihn getödtet; die übrigen wären nicht nöthig gewesen und der Mörder hat sie nur noch zu größerer Sicherheit oder aus einem Uebermaße von Barbarei hinzugefügt.«

      Jean vergaß heiße Thränen, während er diesen blutenden Körper betrachtete, der ihn gestern so liebevoll in seine Arme geschlossen hatte.

      »Und ich werde einer solchen empörenden That angeklagt!« sagte er, indem er neben den Leichnam kniete und ihm einen Kuß auf die Stirn drückte.

      »Erkennen Sie den Pfarrer Raynal?« fragte ihn der Instructionsrichter.«

      »Ja, ich erkenne ihn.«

      »Gestehen Sie, ihn ermordet zu haben?«

      »Schreiben Sie, nein Herr,« sagte Jean zu dem Polizeicommissair, »daß ich die Hand auf den Leichnam meines ermordeten Oheim’s gelegt und bei Gott geschworen habe, daß ich unschuldig bin!«

      Als der Commissair dies niedergeschrieben hatte, sagte der Instructionsrichter:

      »Jetzt wollen wir zu der Haushälterin gehen.«

      Alle begaben sich in das Schlafzimmer der Alten, die noch in ihrem Bett lag und an der keine Spur einer Verwundung zu sehen war.

      »Diese Person ist erwürgt worden,« sagte der Arzt, nachdem er den Körper aufmerksam betrachtet hatte, »und der Thäter muß eine bedeutende Kraft besessen haben, denn er hat es nur mit Einer Hand ausgeführt.«

      »Glauben Sie, daß dieser junge Mann stark genug ist, um den Mord auf diese Weise begangen zu haben?« fragte der königliche Procurator den Arzt.

      »Zeigen Sie mir Ihre Hand,« sagte dieser zu Jean, nachdem er ihn begleitet hatte.

      Jean that es.

      »Umspannen Sie den Hals dieser Frau mit Ihrer rechten Hand.«

      Mit abgewandtem Gesicht umspannte Jean die Hälfte von Toinetten’s Halse mit seiner Hand.

      »Es ist ohngefähr die nämliche Hand,« sagte der Arzt, »und da in einem solchen Augenblicke die Kräfte eines Menschen sich verdoppeln, so ist es möglich, daß der Angeklagte diese Frau erwürgt hat. Allein ich erlaube mir die Bemerkung, daß wenn ich dies auch als Arzt glauben kann, ich es als Physiognomiker und als Mensch doch bezweifle.«

      »Ich danke Ihnen für diese Worte,»rief sagte Jean zu ihm. »Möchte ich in dieser ganzen traurigen Sache immer die nämliche Unparteilichkeit finden, die ich bisher gefunden habe!»

      Diese letzten Worte richtete er besonders an die drei Gerichtspersonen.

      »Fuhren Sie uns in das Zimmer, in dem Sie diese Nacht geschlafen haben,« sagte der Instructionsrichter zu ihm und trug dann den Gensd’armen auf, die Zeugen herbei zu rufen, welche Jean Raynal als den wahrscheinlichen Mörder bezeichnet hatten.

      »Wer sind diese Zeugen?« fragte Jean.

      »Die drei Freunde Ihres Oheims, welche den gestrigen Abend bei ihm zugebracht haben und denen er sowohl die Veranlassung zu der zwischen ihm und seinen Bruder bisher geherrschten Uneinigkeit, als auch den Zweck Ihres Besuche erzählt hat; dann auch ein junger Mann, welcher diesen Morgen Ihren Oheim hat besuchen wollen und da er die Thier verschlossen fand und im ganzen Hause Todtenstille herrschte, die erstere erbrochen und das was er im Innern gesehen, angezeigt hat.«

      »Und was wird nach Abhörung dieser Zeugen mit mir geschehen?»fragte Jean.

      »Sie werden wieder nach Nimes und vorläufig in’s Gefängniß gebracht.«

      »Und wie lange werde ich im Gefängnisse bleiben, ehe ich vor Gericht gestellt werde?«

      »Einen bis höchstens zwei Monate.«

      »Zwei Monate im Gefängniß! ach, so lange lebe ich nicht!»rief Jean schluchzend. »Ist es mir nicht wenigstens erlaubt, an meine Eltern zu schreiben und ihnen diese entsetzliche Nachricht mitzuteilen? denn wenn sie sie durch die Zeitungen erführen, würde der Schlag zu hart für sie sein.»

      »Sie können ihnen sogleich schreiben, während wir noch das Haus durchsuchen, ob wir noch irgend etwas finden, was uns Licht über den Thäter geben kann.»

      Man gab dem jungen Manne Schreibzeug, und zwischen zwei Gensd’armen sitzend, welche Befehl erhalten hatten, ihn nicht aus den Augen zu lassen, schrieb er an seine geliebten Eltern, welches entsetzliche Unglück ihn betroffen hatte.

      IV

      Zwei Monate nach den bisher erzählten Ereignissen drängte sich eine ungeheure Menschenmenge vor der Thür des Gebäudes in Nimes, in welchem die Sitzungen des Assisenhofes gehalten wurden. Die öffentlichen Verhandlungen über die Ermordung des Pfarrers den Lafou und seiner Haushälterin sollten an diesem Tage beginnen.

      Seit der Verhaftung Jeans hatte die Untersuchung zu immer neuen und beschwerenderen Indicien gegen den unglücklichen jungen Mann geführt, so daß an dem heutigen Tage Jedermann von seiner Schuld überzeugt war und mit Ungeduld seine Verurtheilung erwartete, denn der Pfarrer von Lafou war auf zwanzig Meilen in die Runde bekannt und bei Jedermann beliebt gewesen.

      Indessen hatte Jean nichts vernachlässigt, was zu seiner Vertheidigung beitragen konnte. Er hatte seine Prinzipale, seine Freunde und Alle kommen lassen, die über seine Moralität Auskunft geben konnten, theils aus dem Verhältnisse, in dem er persönlich mit ihnen gestanden, theils nach dem, was sie über ihn gehört hatten.

      Jeans Eltern hatten ihn während dieser Zeit fast nicht verlassen. Man bedauerte sie, aber wie schon gesagt, die öffentliche Meinung war über die Schuld des Angeklagten einstimmig. Jean war kaum mehr zu erkennen. Das Unglück hatte mit seinem schwersten Gewicht auf ihm gelastet; er war bleich und abgemagert wie ein Sterbender; sein Blick war matt und nur der tiefe Schmerz schien noch in ihm zu leben.

      Nur fünf Personen wären von seiner Unschuld überzeugt; dies waren seine beiden Eltern, welche gewiß wußten, daß ihr Sohn nicht allein keines Mordes, sondern selbst keines verbrecherischen Gedankens fähig war; ferner sein Prinzipal, der an dem Tage seiner Verhaftung eine Tratte von ihm bekommen, und die beiden Gensd’armen, die ihn zu dem königlichen Procurator geführt hatten.

      Dieser Prozeß war seit zwei Monaten der Gegenstand des allgemeinen Gesprächs, und es war fast keine Woche vergangen, ohne daß das Journal von Nimes einen Artikel mit neuen Details darüber gebracht hatte. Es war daher nicht zu verwundern, daß an dem Tage der ersten Gerichtssitzung die Thür des Tribunals seit frühem Morgen von einer neugierigen Menschenmenge belagert wurde, unter der, wie dies immer der Fall ist, das weibliche Geschlecht sich sowohl durch Anzahl als durch die glühendste Neugierde bemerklich machte.

      Gegen Mittag wurde endlich die Sitzung eröffnet.

      Der Huissier kündigte an: »Der Gerichtshof!« Die Geschworenen nahmen ihre Plätze ein und der Präsident bewegte, nachdem er sich ebenfalls gesetzt hatte, seine Glocke, um Ruhe zu gebieten. Als diese hergestellt war, sagte er:

      »Man führe den Angeklagten ein.«

      Jean erschien zwischen zwei Gensd’armen. Er war in dem Zustande, den wir geschildert haben, das heißt unkennbar. Welche Veränderung hatten zwei Monate mit dem heiteren Reisenden hervorgebracht, den wir beim Beginn Unsrer Erzählung auf der Straße von Nimes nach Lafou gesehen-haben! Aber welche Ereignisse-, welche Angst,« welche Schrecken, welche Befürchtungen hatten auch diese zwei Monate in