seinem Auge, schwarzen, kurz geschnittenen Haaren, dicken Augenbrauen, mit adlerartig gebogener Nase, mit schlauem Lächeln und kaum erst sprießendem Barte hin und her. Dieser junge Mensch, welcher sich nur erst in dem Gefechte von Arnay-le-Duc durch seinen Muth bemerkbar gemacht hatte und Complimente über Complimente erhielt, war der viel geliebte Zögling von Coligny und der Held des Tages. Drei Monate vorher, das heißt, zu der Zeit, wo seine Mutter noch lebte, hatte man ihn den Prinzen von Bearn genannt. Jetzt nannte man ihn den König von Navarra in Erwartung der Epoche, wo man ihn Heinrich IV. nennen würde.
Zuweilen zog eine düstere, rasche Wolke über seine Stirne hin. Ohne Zweifel erinnerte er sich, daß seine Mutter vor kaum zwei Monaten gestorben war, und er zweifelte weniger als irgend Jemand daran, daß sie den Tod durch Gift erlitten hatte. Aber die Wolke war vorübergehend und verschwand wie ein schwebender Schatten; denn diejenigen, welche mit ihm sprachen, die ihn beglückwünschten, die sich an ihn drängten, waren dieselben Menschen, welche die muthige Johanna von Albret ermordet hatten.
Einige Schritte von dem König von Navarra sprach beinahe eben so gedankenvoll, beinahe eben so bekümmert, als der erstere freudig und offen zu sein heuchelte, der junge Herzog von Guise mit Téligny. Glücklicher als der Bearner hatte sein Ruf mit zweiundzwanzig Jahren beinahe den seines Vaters, des großen Franz von Guise, erreicht. Es war ein schmucker Herr von hohem Wachse, mit stolzem Blicke, und begabt mit jener natürlichen Majestät, welche die Leute sagen machte, wenn er vorüberging, neben ihm erschienen die übrigen Prinzen wie Pöbel. So jung er auch war, so sahen doch die Katholiken in ihm das Haupt ihrer Partei, wie die Hugenotten das Haupt der ihrigen in dem jungen Heinrich von Navarra erblickten, dessen Porträt wir so eben entworfen haben. Anfangs führte er den Titel eines Prinzen von Joinville, und er verrichtet seine erste Waffenthat bei der Belagerung von Orléans unter seinem Vater, der in seinen Armen starb und ihm den Admiral Coligny als seinen Mörder bezeichnete. Da leistete der junge Herzog, wie Hannibal, einen feierlichen Eid, die Ermordung seines Vaters an dem Admiral und seiner Familie zu rächen und seine Religionsangehörigen zu verfolgen, wobei er Gott gelobte, ihr Würgengel auf Erden zu sein bis zu dem Tage, wo der letzte Ketzer ausgerottet wäre. Nicht ohne ein tiefes Erstaunen sah man diesen seinem Worte gewöhnlich so treuen Prinzen denjenigen; welche er für seine ewige Feinde zu halten geschworen hatte, die Hand reichen und vertraulich mit dem Schwiegersohne des Mannes sprechen, dessen Tod er seinem sterbenden Vater gelobt hatte.
Aber wie gesagt, dieser Tag war ein Tag der Verwunderung. Mit der Kenntniß der Zukunft, welche leider den Menschen fehlt, mit der Fähigkeit, in den Herzen zu lesen, die zum Glücke nur Gott gehört, hätte der bevorzugte Beobachter, der diesem Feste beizuwohnen im Stande gewesen wäre, gewiß eines der seltsamsten Schauspiele genossen, welche die Jahrbücher der traurigen menschlichen Komödie liefern. Aber dieser Beobachter, welcher aus der innern Gallerie des Louvre nicht zu finden war, fuhr auf der Strafe fort, mit seinen flammenden Augen zu betrachten, mit seiner drohenden Stimme zu murren. Dieser Beobachter war das Volk, das mit seinem wunderbar geschärften Instinkte die Schatten seiner unversöhnlichen Feinde tanzen sah und ihre Eindrücke so genau übersetzte, als es der Neugierige vor den Fenstern eines hermetisch verschlossenen Ballsaales thun kann. Die Musik berauscht und beherrscht den Tänzer, während der Neugierige nur die Bewegung sieht und über die Drahtpuppe lacht, welche sich ohne allen Grund geberdet; denn der Neugierige hört die Musik nicht.
Die Scheine, welche den Augen der Pariser mitten in der Nacht hinzogen, waren die Zukunft beleuchtende Blitze ihres Hasses.
Und dennoch war im Innern fortwährend Alles lachend, und es durchlief sogar ein Gemurmel, süßer und freundlicher als je, in diesem Augenblicke den ganzen Louvre. Die junge Braut, nachdem sie ihre Staatsgewänder, den Schleppmantel und ihren langen Schleier abgelegt hatte, kehrte in den Ballsaal zurück, begleitet von der schönen Herzogin von Nevers, ihrer besten Freundin, und geführt von ihrem Bruder, Karl IX., der sie seinen vornehmsten Gästen vorstellte.
Diese Braut war die Tochter von Heinrich II., es war die Perle der Krone von Frankreich, es war Margarethe von Valois, welche der König Karl IX. In seiner zärtlichen Zuneigung für sie nie anders, als »meine Schwester Margot« nannte.
Gewiß war nie ein Empfang, so schmeichelhaft er auch sein mochte, besser verdient gewesen, als der welchen man in diesem Augenblick der neuen Königin von Navarra bereitete. Margarethe zählte zu dieser Zeit kaum Zwanzig Jahre und war bereits der Gegenstand der Lobeserhebungen aller Dichter, welche sie die Einen mit Aurora, die Andern mit Cythere verglichen. Es war in der That die Schönheit ohne Gleichen dieses Hofes, wo Catharina von Medicis, um ihre Sirenen daraus zu machen, die schönsten Frauen versammelt hatte, welche man finden konnte. Sie hatte schwarze Haare, einen glänzenden Teint, ein wollüstiges, von langen Wimpern verschleiertes Auge, einen frischrothen, feinen Mund, einen zierlichen Hals, eine reiche, geschmeidige Taille und einen in dem Atlasschuh sich verlierenden Kinderfuß. Die Franzosen, welche sie besaßen, waren stolz darauf, auf ihrem Boden eine so herrliche Blume blühen zu sehen, und die Fremden, welche nach Frankreich kamen, kehrten verblendet von ihrer Schönheit, wenn sie dieselbe nur gesehen hatten, im höchste Maße erstaunt über ihr Wissen, wenn sie mit ihr gesprochen hatten, zurück. Margarethe war nicht nur die schönste, sondern auch die gebildetste und gelehrteste Frau ihrer Zeit, und man führt das Wort eines gelehrten Italieners an, der ihr vorgestellt wurde und nachdem er eine Stunde lang in italienischer, spanischer und lateinischer Sprache mit ihr geplaudert hatte, als er sie verließ, in seiner Begeisterung von ihr sagte: den Hof sehen, ohne Margarethe zu sehen, heißt weder Frankreich noch den Hof sehen.
Es fehlte nicht an Reden für Karl IX. und die Königin zu Navarra. Man weiß, in welchem Masse die Hugenotten Redner waren. Viele Anspielungen auf die Vergangenheit, viele Fragen in Beziehung auf die Zukunft wurden mitten unter diesen Reden an den König gerichtet; aber auf alle diese Anspielungen antwortete er mit seinen bleichen Lippen und seinem verschmitzten Lächeln:
»Indem ich meine Schwester Margot Heinrich von Navarra gebe, gebe ich sie allen Protestanten des Königreiches.«
Dieses Wort beruhigte die Einen und machte die Andern lächeln; denn es war wirklich doppelsinnig. Der eine Sinn war väterlich und Karl IX. wollte mit gutem Gewissen seinen Geist nicht damit belästigen; der andere war verletzend für die Neuvermählte, für ihren Gemahl und sogar für denjenigen, welcher ihn aussprach; denn er erinnerte an einige dumpfe scandalöse Gerüchte, mit denen die Chronik des Hofes den Hochzeitrock von Margarete von Valois zu beflecken Mittel gefunden hatte.
Herr von Guise plauderte indessen wie gesagt mit Téligny; aber er schenkte der Unterhaltung keine so beharrliche Aufmerksamkeit, daß er nicht zuweilen umgewendet hatte, um einen Blick auf die Gruppe von Damen zu werfen, in deren Mitte die Königin von Navarra glänzte. Wenn der Blick der Prinzessin dem des jungen Herzogs begegnete, so schien Wolke die reizende Stirne zu verdunkeln, um welche Sterne von Diamanten eine zitternde Glorie bildeten und irgend ein unbestimmter Plan drang aus ihrer ungeduldigen, bewegten Haltung hervor.
Die Prinzessin Claudia, die ältere Schwester von Margarethe, welche einige Jahre vorher den Herzog von Lothringen geheirathet hatte, bemerkte diese Unruhe und näherte sich ihr, um nach der Ursache zu fragen, als Jedermann vor der Königin Mutter, welche auf den Arm des jungen Prinzen von Condé gestützt, herbeikam, zurückwich, und die Prinzessin sich ferne von ihrer Schwester gedrängt sah. Es herrschte nun eine allgemeine Bewegung, welche der Herzog von Guise benutzte, um sich Frau von Nevers, seiner Schwägerin, und folglich auch Margarethe zu nähern. Die Herzogin von Lothringen, welche die Königin nicht aus dem Auge verlor, sah, statt der Wolke, die sie auf ihrer Stirne wahrgenommen hatte, eine glühende Flamme über ihre Wangen hinziehen. Der Herzog kam indessen immer näher, und als er nur noch zwei Schritte von Margarethe entfernt war, wandte sich diese, welche ihn mehr zu fühlen als zu sehen schien, nach ihm um, wobei sie sich unendlich anstrengte, um ihrem Gesichte die Ruhe der Sorglosigkeit zu geben.
Der Herzog verbeugte sich nun ehrfurchtsvoll, und während er sich verbeugte, murmelte er mit halber Stimme:
»Ipse attuli.«
Was bedeutete:
»Ich habe es selbst gebracht.«
Margarethe gab dem jungen Herzog seine Begrüßung zurück und ließ aufstehend die Antwort fallen:
»Noctu pro more.«
»Das