müßtet mir den Beweis geben, und diesen Beweis könnt Ihr nicht geben.«
»Allerdings, Baronin, allerdings. Bei dem heiligen Heinrich! ich werde ihn Euch im Gegentheil geben!« rief der König, die junge Frau mit einem liebeglühenden Blicke verzehrend.
»Oh, Eure Majestät,« murmelte die schöne Charlotte, die Stirne und die Augen senkend … »ich begreife nicht … nein, nein, ihr könnt dem Glücke, das Eurer harrt, unmöglich entgehen …«
»Es gibt vier Heinrich in diesem Saale, meine Angebetete,« versetzte der König, »Heinrich von Frankreich, Heinrich von Condé, Heinrich von Guise; aber es gibt nur einen Heinrich von Navarra.«
»Nun?«
»Nun wenn Ihr diesen Heinrich von Navarra die ganze Nacht bei Euch hättet?«
»Diese ganze Nacht?«
»Ja, werdet Ihr dann überzeugt sein, daß er bei keiner Andern ist?«
»Ah! wenn Ihr das thut, Sire?« rief die Dame von Sauve.
»Bei meinem adeligen Worte, ich thue es!«
Frau von Sauves schlug ihre von wollüstigen Versprechungen feuchten Augen auf und lächelte dem König zu, dessen Herz sich mit berauschender Freude füllte.
»Lasst hören,« versetzte Heinrich, »was werdet Ihr dann sagen?«
»Oh, dann werde ich sagen,« antwortete Charlotte, »ich sei wirklich von Eurer Majestät geliebt.«
»Ventre-saint-gris! Ihr müßt es sagen, denn es ist so, Baronin!«
»Aber was ist zu thun?« murmelte Frau von Sauves.
»Ah, bei Gott, Baronin, Ihr müßt nothwendig in Eurer Umgebung irgend eine Kammerfrau, irgend eine Zofe haben, auf die Ihr Euch verlassen könnt.«
»Oh, ich habe Dariole, die mir sehr ergeben ist, die sich für mich in Stücke zuschneiden ließe, ein wahrer Schatz!«
»Bei Gott, Baronin, sagt dieser Zofe, ich werde ihr Glück machen, wenn ich einmal König von Frankreich bin, wie mir die Astrologen weissagen.«
Charlotte lächelte, denn schon zu dieser Zeit war der gascognische Ruf des Bearners in Beziehung auf Versprechungen gegründet.
»Nun? sagte sie, »was verlangt Ihr von Dariole?«
»Sehr wenig für sie, Alles für mich.«
»Laßt hören.«
»Eure Gemach liegt über dem meinigen?«
»Ja.«
Sie warte an der Thüre. Ich klopfe dreimal an, sie wird öffnen, und Ihr habt den Beweis, den ich Euch anbot.«
Frau von Sauves schwieg ein paar Sekunden; dann, als ob sie um sich her geschaut hätte, um nicht gehört zu werden, heftete sie einen Moment ihre Augen auf die Gruppe, welche bei der Königin Mutter weilte; aber so kurz dieser Moment auch war, so genügte er doch das Catharina und ihre Kammerdame einen Blick austauschten.
»Oh, wenn ich wollte,« sagte Frau von Sauves, mit einem Sirenentone, der das Wachs in den Ohren von Ulysses schmelzen gemacht hatte, »wenn ich Eure Majestät auf einer Lüge ertappen wollte …«
»Versucht es, mein Herz. versucht es …«
»Ah, meiner Treue! ich bekämpfe die Lust dazu.«
»Seht Euch besiegt; die Frauen sind nie stärker, als nach ihrer Niederlage.«
»Sire, ich nehme Euer Versprechen für Dariole an, … am Tage, wo Ihr König von Frankreich werdet …«
Heinrich stieß einen Freudenschrei aus.
Dieser Schrei entschlüpfte dem Munde des Bearners gerade in dem Augenblick, wo die Königin von Navarra dem Herzog von Guise antwortete.
Noctu pro more– diese Nacht wie gewöhnlich.
Heinrich entfernte sich nun von Frau von Sauves, so glücklich als der Herzog von Guise war, da er sich von Margarethe von Valois entfernte.
Eine Stunde nach dieser Doppelscene zogen sich der König Karl und die Königin Mutter in ihre Gemächer zurück. Sogleich fingen die Säle an sich zu leeren, die Gallerien ließen die Base ihrer Marmorsäulen erschauen, der Admiral und der Prinz von Condé wurden von vierhundert hugenottischen Edelleuten mitten durch die bei ihrer Erscheinung murrende Menge geführt. Heinrich von Guise entfernte sich ebenfalls mit den lothringischen Herren und den Katholiken, geleitet von dem Freudengeschrei und dem Beifallklatschen des Volkes.
Was Margarethe von Valois, Heinrich von Navarra und Frau von Sauves betrifft, so weiß man, daß sie im Louvre selbst blieben.
II.
Das Gemach der Königin von Navarra
Der Herzog von Guise führte seine Schwägerin die Herzogin von Nevers, in ihr Hotel zurück, das in der Rue du Chaume, der Rue de Brac gegenüber, lag, und ging, nachdem er sie ihren Frauen übergeben hatte, in seine Wohnung, um die Kleider zu wechseln, einen Nachtmantel anzuziehen und sich mit einem von den kurzen, spitzigen Dolchen zu bewaffnen, die man ein Edelmannswort nannte und die ohne den Degen getragen wurden. Im Augenblicke aber, wo er den Dolch von dem Tische nahm, auf welchem er lag, erblickte er ein kleines Billet, das zwischen der Klinge und der Scheide stack.
Er öffnete es und las, wie folgt:
»Ich hoffe, daß Herr von Guise diese Nacht nicht in den Louvre zurückkehren wird, oder wenn er zurückkehrt, daß er wenigstens so vorsichtig sein wird, sich mit einem guten Panzerhemde und einem guten Schwerte zu bewaffnen.«
»Ah! Ah!« sprach der Herzog, sich gegen seinen Kammerdiener umwendend, »das ist eine seltsame Warnung, Meister Robin. Mache mir doch das Vergnügen, mir zu sagen, welche Personen während meiner Abwesenheit hier eingedrungen sind?«
«Eine einzige, Monseigneur.«
»Welche?«
»Herr du Gast.«
»In der That, ich glaubte seine Handschrift zu erkennen. Weißt Du gewiß, das du Gast hierher gekommen ist? hast Du ihn gesehen?«
»Ich habe mehr gethan, Monseigneur, ich habe mit ihm gesprochen.«
»Gut, ich werde seinen Rath befolgen. Meine Jacke und meinen Degen.«
An ein solches Kleiderwechseln gewöhnt, brachte der Kammerdiener das Eine und das Andere. Der Herzog legte nun seine Jacke an, welche aus so geschmeidigen Kettengliedern bestand, das das Stahlgewebe kaum dicker war, als Sammet; dann streifte er darüber eine Hose und ein grau und silbernes Wamms, was seine Lieblingsfarbe war, zog lange Stiefeln an, welche bis an die Mitte seiner Lenden gingen, setzte ein schwarzes Sammetbaret ohne Federn und Edelsteine auf, hüllte sich in einen Mantel von düsterer Farbe, steckte einen Dolch in den Gürtel, gab seinen Degen in die Hände eines Pagen, der einzigen Escorte, von der er sich wollte begleiten lassen, und schlug den Weg nach dem Louvre ein. Als er aus dem Hotel trat, kündigte der Wächter von Saint-Germain-l’Auxerrois ein Uhr Morgens an.
So weit die Stunde auch vorgerückt war und so wenig Sicherheit man damals auf den Straßen hatte, so begegnete dem abenteuerlichen Prinzen aus dem Wege doch kein Unfall, und er gelangte wohlbehalten vor die colossale Masse des alten Louvre, der sich, nachdem alle seine Lichter allmählich erloschen waren, furchtbar in seinem Schweigen und in seiner Dunkelheit erhob.
Vor dem königlichen Schlosse breitete sich ein tiefer Graben ans, auf den die meisten Zimmer der im Palaste wohnenden Prinzen gingen. Die Gemächer von Margarethe lagen im ersten Stocke.
Dieser, wenn kein Graben da gewesen wäre, zugängliche, erste Stock war in Folge der Verschanzung beinahe dreißig Fuß hoch und folglich außer dem Bereiche der Liebenden und der Diebe, was den Herrn Herzog von Guise nicht abhielt, muthig in den Graben hinabzusteigen.
In demselben Augenblick hörte man das Geräusch eines Fensters, das im Erdgeschosse geöffnet wurde.
Dieses Fenster war vergittert, aber es erschien eine Hand, hob eine zum Voraus losgemachte Stange aus und ließ durch diese Öffnung eine seidene Schlinge herabhängen.
»Seid