oder wurden, je nach dem friedlichen oder kriegerischen Geiste der Bewohner, mit Musketen und Büchsen besetzt.
»Mir zu Hilfe, mein braver Mercandon!« rief von Mouy mit einem Zeichen gegen einen bereits alten Mann, der aus einem Fenster, das sich dem Hotel Guise gegenüber geöffnet hatte, in dieser Verwirrung etwas zu sehen suchte.
»Ihr fordert Hilfe, Herr von Mouy?« rief der Greis. »Will man an Euch?«
»An mich, an Euch, an alle Protestanten; seht hier den Beweis.«
In der That sah von Mouy in diesem Augenblick, wie die Büchse von La Hurière sich gegen ihn richtete. Der Schuß ging los, aber der junge Mann hatte Zeit sich zu bücken, und die Kugel durchbrach eine Scheibe über seinem Haupte.
»Mercandon!« rief Coconnas, der beim Anblicke dieses Kampfes vor Vergnügen bebte und seinen Gläubiger vergessen hatte, aber durch die Anrede von Mouy wieder an ihn erinnert wurde, »Mercandon, Rue du Chaume, ja, so ist es! Ah, hier wohnt er! das ist gut. Wir werden es jeder mit unserem Manne zu thun haben.«
Und während die Leute des Hotel Guise die Thüren des Hauses einstießen, worin von Mouy sich befand, während Maurevel, eine Fackel in der Hand, das Haus in Brand zu stecken trachtete, während, sobald die Thüren eingestoßen waren, sich ein furchtbarer Kampf mit einem einzelnen Menschen entspann, der mit jedem Pistolenschusse, mit jedem Degenstiche seinen Feind niederstreckte, suchte Coconnas mit Hilfe eines Pflastersteines die Thüre von Mercandon einzustoßen, der, ohne sich um diese vereinzelte Anstrengung zu bekümmern, aus Kräften mit der Büchse aus seinem Fenster schoß.
Da war plötzlich dieses ganze verlassene, dunkle Quartier taghell beleuchtet und wie das Innere eines Ameisenhaufens bevölkert; denn aus dem Hotel Montmorency machten sechs bis acht hugenottische Edelleute mit Ihren Dienern und Freunden einen wüthenden Angriff und begannen, unterstützt durch das Feuern aus den Fenstern die Leute von Maurevel und die des Hotel Guise zurückzudrängen, welche sich endlich mit dem Rücken an das Hotel lehnten, aus dem sie hervorgekommen waren.
Coconnas, dem es noch nicht gelungen war, die Thüre von Mercandon einzustoßen, obgleich er aus Leibeskräften daran arbeitete, wurde mitten in seinem ungestümen Treiben überfallen. Er lehnte sich nun an die Mauer, nahm den Degen in die Hand und begann nicht nur sich zu vertheidigen, sondern auch mit so furchtbarem Geschrei anzugreifen, daß er das ganze Gemenge beherrschte. Er fuchtelte rechts und links, schlug Freund und Feind, bis sich ein weiter leerer Raum um ihn her gebildet hatte. Je öfter sein Degen eine Brust durchbohrte, je mehr das warme Blut seine Hände und sein Gesicht bespritzte, desto mehr gewann er, die Augen erweitert, die Nasenlöcher geöffnet, die Zähne zusammengepreßt, verlorenes Terrain, desto näher kam er dem belagerten Hause.
Nach einem furchtbaren Kampfe auf der Treppe und in der Flur verließ von Mouy sein Haus als wahrer Held. Mitten unter dem Gefechte schrie er unabläßig: »Herbei, Maurevel! Maurevel, wo bist Du?« wobei er ihn mit den beleidigendsten Beinamen überhäufte. Er erschien endlich auf der Straße, mit einem Arme seine halb nackte und beinahe ohnmächtige Geliebte unterstützend und einen Dolch zwischen den Zähnen haltend. Flammend durch die umdrehende Bewegung, die er ihm gab, zog sein Degen weiße oder rothe Kreise, je nachdem der Mond die Klinge versilberte oder eine Fackel die blutige Nässe glänzen machte. Maurevel war entflohen. La Hurière von Mouy bis zu Coconnas zurückgedrängt, der ihn nicht erkannte und mit der Degenspitze empfing, bat auf zwei Seiten um Gnade. In diesem Augenblick gewahrte ihn Mercandon und erkannte in ihm an seiner weißen Schärpe einen Schlächter. Der Schuß ging los. La Hurière stieß einen Schrei aus, streckte die Arme von sich, ließ seine Büchse fallen und stürzte, nachdem er es versucht hatte, die Mauer zu erreichen, um sich an irgend Etwas zu halten, mit dem Gesichte auf die Erde.
Von Mouy benützte diesen Umstand, warf sich in die Rue du Paradis und verschwand.
Die Hugenotten hatten so kräftigen Widerstand geleistet, daß die Leute aus dem Hotel Guise in dieses zurückgedrängt worden waren und die Thore des Hotel wieder verschlossen hatten, aus Furcht, belagert und im eigenen Hause gefaßt zu werden.
Berauscht von Blut und Lärmen, zu dem Zustande der Exaltation gelangt, wo sich, besonders bei den Südländern, der Muth in Wahnsinn verwandelt, hatte Coconnas nichts gesehen, nichts gehört. Er bemerkte nur, daß seine Ohren minder stark klangen, daß seine Hände und sein Gesicht ein wenig trockneten, und seine Degenspitze senkend sah er nichts mehr in seiner Nähe, als einen ausgestreckten Menschen, dessen Gesicht in eine rothe Lache getaucht war, und rings umher brennende Häuser.
Es war ein kurzer Waffenstillstand, denn in dem Augenblick, wo er sich dem Menschen nähern wollte, in welchem er La Hurière zu erkennen glaubte, öffnete sich die Thüre des Hauses, die er vergebens mit Pflastersteinen aufzubrechen gesucht hatte, und der alte Mercandon stürzte, gefolgt von seinem Sohne und zwei Neffen, auf den Piemontesen los, der damit beschäftigt war, wieder etwas Athem zu schöpfen.
»Hier ist er, hier ist er!« riefen Alle einstimmig.
Coconnas befand sich mitten in der Straße und machte, befürchtend, er könnte von diesen vier Menschen, die ihn zu gleicher Zeit angriffen, umzingelt werden, mit der Kraft von einer der Gemsen, die er so oft in den Gebirgen verfolgt hatte, einen Sprung rückwärts, und lehnte sich an die Mauer des Hotel Guise. Sobald er einmal hinsichtlich eines Ueberfalls beruhigt war, nahm er seine Fechterstellung und wurde wieder Spötter.
»Ah, ah! Vater Mercandon,« sagte er, »Ihr erkennt mich nicht?«
»Ah, Elender!« rief der alte Hugenott, »ich erkenne Dich im Gegentheil ganz wohl. Du trachtest mir nach dem Leben, mir, dem Freunde, dem Gefährten Deines Vaters!«
»Und seinem Gläubiger, nicht wahr?«
»Ja, seinem Gläubiger, da Du es sagst.«
»Wohl, gerade deshalb,« antwortete Coconnas. »Ich will seine Rechnungen in Ordnung bringen.«
»Packt ihn, bindet ihn!« rief der Greis den jungen Leuten zu, welche ihn begleiteten und bei seinem rufe gegen die Mauer losstürzten.
»Einen Augenblick,« sagte Coconnas lachend, »um die Leute zu verhaften, braucht Ihr einen Verhaftsbefehl, und Ihr habt es versäumt, einen solchen vom Prevot zu fordern.«
Bei diesen Worten kreuzte er sein Schwert mit demjenigen von den jungen Leuten, welcher ihm am nächsten war, und hieb ihm bei dem ersten Losmachen der Klinge die Handwurzel ab.
Der Unglückliche wich brüllend zurück.
»Einer,« sprach Coconnas.
In diesem Augenblicke öffnete sich ächzend das Fenster, unter welchem Coconnas Zuflucht gesucht hatte; Coconnas machte einen Sprung, denn er befürchtete einen Angriff von dieser Seite, aber statt eines Feindes erblickte er eine Frau; statt der mörderischen Waffe, die er zu bekämpfen sich anschickte, war es ein Strauß, der zu seinen Füßen fiel.
»Halt! eine Frau,« sagte er.
Er grüßte die Dame mit seinem Degen und bückte sich, um den Strauß aufzuheben.
»Nehmt Euch in Acht braver Katholik nehmt Euch in Acht!« rief die Dame.
Coconnas erhob sich, aber nicht so schnell, daß nicht der Dolch des zweiten Neffen seinen Mantel geschlitzt und die andere Schulter gestreift hätte.
Die Dame stieß einen durchdringenden Schrei aus.
Coconnas dankte ihr, beruhigte sie mit einer Geberde und warf sich auf den ersten Neffen, der gegen ihn auslegte; aber bei dem zweiten Stoße glitt sein Hinterfuß im Blute aus. Coconnas stürzte mit der Geschwindigkeit einer Tigerkatze auf ihn los und durchbohrte ihm die Brust mit seinem Degen.
»Gut, gut, braver Cavalier!« rief die Dame des, Hotel Guise, »gut, ich schicke Euch Hilfe.«
»Es ist nicht der Mühe werth, Euch deshalb zu belästigen, Madame,« rief Coconnas. »Schaut viel mehr bis zum Ende zu, wenn Euch die Sache interessirt, und Ihr werdet sehen, wie der Graf Annibal von Coconnas die Hugenotten in Ordnung bringt.«
In diesem Augenblick schoß der Sohn des alten Mercandon eine Pistole auf Coconnas ab, und dieser fiel auf ein Knie. Die Dame am Fenster stieß einen Schrei aus; aber Coconnas erhob sich wieder, er war nur niedergekniet, um die Kugel