Viola Maybach

Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman


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warf Ulrich einen fragenden Blick zu, den er mit einem vergnügten Lächeln beantwortete, bevor er erklärte: »Ich habe doch gesagt, wir kriegen das irgendwie hin mit dem Haus. Man muss nur gut planen und eins nach dem anderen machen.«

      »Und man muss genug Geld haben«, warf Elsbeth ein.

      »Eins nach dem anderen«, wiederholte Ulrich.

      Nach der Mahlzeit wollten sich die Männer sofort wieder an die Arbeit machen, doch Elsbeth hielt sie zurück. »Es gibt noch Kaffee«, sagte sie. »Oder möchten Sie den lieber später trinken? Ich habe auch einen Kuchen gebacken.«

      Bodo Bauer, der Älteste, strahlte. »Kuchen? Mann, wir sollten uns mit dem Dach nicht so beeilen, damit es länger dauert. Wenn Sie uns weiterhin so gut verpflegen, Frau Lüders, setzen wir noch Fett an.«

      Sie lachten alle, es war das erste Mal, dass Elsbeth die Männer anders sah als still und in sich gekehrt.

      »Wie wäre es später mit dem Kaffee?«, schlug Ulrich vor. »In etwa zwei Stunden freuen wir uns bestimmt wieder auf eine Pause.«

      »Ich richte mich nach Ihnen«, erwiderte Elsbeth und lächelte ihn an.

      Er erwiderte dieses Lächeln auf eine Art und Weise, die sie dazu brachte, sich eilig abzuwenden. Sie war doch kein Teenager mehr, dass sie beim Anblick eines Mannes, der ihr gefiel, sofort Herzklopfen bekam!

      »Bis nachher dann«, sagte er leise. »Ich freue mich schon jetzt darauf.« Mit diesen Worten drehte er sich um und folgte den drei anderen Männern, die bereits wieder auf dem Weg zum Dach waren.

      Leise summend begann Elsbeth den Tisch abzuräumen.

      *

      Es war eine Sache von nicht einmal einer halben Stunde, dann sah Ulrichs Haus aus, als hätte ein Orkan gewütet. Das Dach war zum Teil abgedeckt, der Zaun eingerissen, die Terrasse verwüstet, mehrere Fenster eingeschlagen, Fensterläden abgerissen, eine Wand mit Farbe verschmiert, die Haustür mit einer Axt zerkleinert. Auch das Innere des Hauses blieb nicht unange­tas­tet, aber hier hielten sich die Männer weisungsgemäß zurück, obwohl sie sich in einen regelrechten Rausch steigerten und am liebs-ten das gesamte Mobiliar zertrümmert hätten.

      Doch das war nicht gewollt, und so zogen sie ab, nachdem ihr Anführer gesagt hatte: »Schluss jetzt, Männer, das reicht. Außerdem sollten wir sehen, dass wir wegkommen, man kann nie wissen, ob sich nicht doch gelegentlich jemand hierher verirrt.«

      Ulrich von Rethmanns Haus lag ganz am Ende einer schmalen Straße, direkt am Waldrand. Sein nächster Nachbar war mehr als hundert Meter entfernt, sein Haus war von Ulrichs Grundstück aus nicht zu sehen. Ideale Bedingungen also für das Zerstörungswerk, für das die vier Männer so üppig im Voraus bezahlt worden waren.

      »Hat Spaß gemacht«, sagte einer.

      Ein anderer lachte. »Hätte noch mehr Spaß gemacht, wenn wir nicht mittendrin hätten aufhören müssen. Das war doch nichts Halbes und nichts Ganzes.«

      »So lautete der Auftrag«, sagte der Anführer. »Auftrag ausgeführt, Abmarsch!«

      Die anderen widersprachen nicht. Sie hatten sich dem Haus über den Wald genähert, und auf diesem Weg zogen sie sich nun auch wieder zurück. Ihre Motorräder hatten sie jenseits des Waldes unauffällig auf einem Supermarktparkplatz abgestellt, den sie innerhalb von zwanzig Minuten erreichten. Hier trennten sich ihre Wege. Sie wollten nicht auffallen, und fünf schwere Maschinen, die gemeinsam über eine Straße donnerten, fielen immer auf.

      Zuerst fuhr der Anführer ab, dann folgten die anderen in Minutenabständen. Niemand würde sie mit dem, was in Ulrich von Rethmanns Haus geschehen war, in Verbindung bringen können.

      *

      »Robert!«, rief Dr. Walter Hornung erschrocken, als sein Freund ihm auf der Straße entgegenkam. Er hatte seine Sprechstunde soeben beendet und wollte nach Hause fahren. »Willst du noch zu mir?«

      Robert von Hoyningens Blick war glasig, er war nass geschwitzt. »Ja«, stieß er hervor. »Ich … ich dachte, ich schaffe es nicht mehr bis hierher. Hilf mir, Walter. Bitte, hilf mir, ich weiß nicht mehr weiter.«

      Walter nahm den Arm seines Freundes und führte ihn in die Praxis, wo er ihm half, sich auf der Untersuchungsliege auszustrecken. Man brauchte kein Arzt zu sein, um zu sehen, dass sich Roberts Zustand seit dem letzten Besuch in der Praxis, der ja erst vor Kurzem gewesen war, noch einmal deutlich verschlechtert hatte.

      Er untersuchte seinen Freund, die Ergebnisse bestätigten, was er bereits erwartet hatte, aber er sagte dazu nichts. Jetzt war es zunächst wichtig, Robert zu beruhigen, denn dass dieser Angst hatte, war un­übersehbar. Er gab ihm eine Spritze, lagerte seine Beine hoch, half ihm, das durchgeschwitzte Hemd auszuziehen und ließ ihn ein Glas Wasser trinken. Dann deckte er ihn mit einer leichten Decke zu und nahm auf einem Stuhl neben der Liege Platz.

      »Erzähl mir, was passiert ist«, bat er.

      Zuerst glaubte er, Robert werde sich auch dieses Mal weigern, denn er schloss die Augen und schüttelte den Kopf, immer wieder. Doch nach einer Weile fing er an zu reden.

      Walters Entsetzen wuchs, je länger er ihm zuhörte. »Robert!«, rief er endlich erschrocken. »Wieso hast du das getan?«

      »Das habe ich dir doch schon gesagt: Ohne mein Geld bin ich nichts, eine Null, Walter. Guck mich doch an! Sieht so ein Mann aus, in den sich Frauen verlieben? Nein! Ich möchte aber, dass sich wenigs­tens eine Frau in mich verliebt, und deshalb …«

      Walter Hornung hatte Mühe, die Fassung zu wahren und seinen Freund nicht anzuschreien. Es nützte ja nichts mehr, denn was geschehen war, ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Jetzt galt es, ohne weiteren Schaden aus dieser Angelegenheit herauszukommen. »Und was hat er jetzt vor?«, fragte er. »Du hast gesagt, er lässt dich nicht in Ruhe, sondern will, dass du ihm weiter beim Betrügen hilfst.«

      »Er hat sich ein teures Pferd auf Sternberg gekauft«, berichtete Robert müde. »Um zu sehen, wie das funktioniert, welche Papiere man da bekommt, welche Nachweise über den Stammbaum und so. Er will billige Pferde kaufen und sie mit gefälschten Papieren teuer wieder verkaufen. Er hat wohl jemanden an der Hand, der ihm die Pferde verschafft – die sehen gut aus, haben aber die berühmten Eltern nicht, die in ihren Papieren stehen werden.«

      »Und du sollst ihm bei den Papieren helfen?«

      Robert nickte. Er hielt die Augen noch immer geschlossen – vielleicht vor Erschöpfung, vielleicht aber auch, weil er seinem Freund nicht in die Augen sehen konnte. »Er wird mich hochgehen lassen, Walter, das hat er schon angedroht.«

      »Aber dann geht er doch auch hoch, das wird er nicht riskieren.«

      »Doch, wird er, weil er nämlich ohnehin nicht hierbleiben will, denke ich. Er wird sich absetzen, auf irgendeine Insel mit weißem Sand und Palmen. Geld hat er schon jetzt genug, um sein ganzes Leben lang nicht mehr arbeiten zu müssen. Wenn er die zehn Pferde, die er an der Hand hat, verkauft und sich dann noch das Gutshaus mit den Ländereien unter den Nagel reißen und es verkaufen kann, ist er superreich.«

      »Woher weißt du, dass er sich absetzen will?«

      »Ich habe einmal zufällig ein Telefongespräch belauscht. Er plant das wohl schon lange, und er fühlt sich sicher, weil er denkt, dass er mich vollkommen in der Hand hat. Stimmt ja auch.«

      »Stimmt nicht«, widersprach Walter.

      »Wenn du jetzt sofort zur Polizei gehst, wird er sich nicht mehr absetzen können.«

      »Er weiß aber, dass ich das nicht tue. Ich bin ein unattraktiver Mann, Walter, aber ich bin wenigstens wohlhabend und habe einen angesehenen Beruf. Wenn mir auch der noch genommen wird, bleibt mir nichts mehr.«

      »Weiß deine Sekretärin Bescheid?«

      »Jetzt ja, ich habe ihr neulich die Wahrheit gesagt. Aber sie ist nicht beteiligt, in keiner Weise.«

      »Und was sagt sie? Hat sie dir einen Rat gegeben?«

      »Ja,