Kathrin Singer

Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman


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keine schlechte Idee! – Aber nein! Nein, nein! Ich will nicht, dass meine Frau alle Welt von Plakaten herab anlächelt!«

      Wie still es plötzlich war!

      Bettina hörte das eigene Blut in den Ohren rauschen.

      »Was hast du da eben gesagt?« Ihre Stimme klang ganz fremd.

      Ulrich umspannte mit beiden Händen ihre Oberarme. »Könntest du es dir vorstellen, Betti?«, fragte er rau. »Könntest du dir vorstellen, meine Frau zu werden?«

      Ihr Herz überschlug sich auf einer Woge von Gefühlen und stürmte dann dahin, von Freude überwältigt, wie ein junges Tier im Frühling.

      »Ulrich, das kann doch nicht dein Ernst sein«, flüsterte sie.

      »Warum nicht?« Seine Finger krampften sich härter um ihre Arme.

      »Wir kennen uns doch kaum.«

      »Ich habe das Gefühl, als ob wir uns schon seit Ewigkeiten kennen.«

      »Ja, mir geht es genauso. Deine Frau werden … Mein Gott, ich bin total durcheinander.«

      Ulrich löste seinen Griff und streichelte ihr Haar. »Sag doch etwas, Betti. Unsympathisch bin ich dir nicht oder?«

      Da warf sie die Arme um seinen Hals und bedeckte sein Gesicht mit zahllosen kleinen Küssen. »Ich liebe dich! Du bist ein Schatz. Hast du es dir auch genau überlegt? Willst du wirklich mich? Kein Irrtum möglich?«

      »Bist du verrückt?« Ulrich hielt sie auf Armlänge von sich und sah sie verliebt an. »Du bist das netteste und patenteste Mädchen der Welt! Ein echter Glückstreffer! Mich wundert lediglich, dass du noch frei herumläufst, dass dich noch kein anderer eingefangen hat!«

      »Wenn eine wie ich in der Freiheit der Wälder aufgewachsen ist, lässt sie sich nicht so leicht fangen!«, lachte Bettina glücklich.

      »Gelobt seien die Wälder!«

      »Aber wie ist es bei dir?«

      »Wieso?« Ulrich runzelte die Stirn.

      »Auf die Gefahr hin, dass du eitel und eingebildet wirst: Du siehst nicht nur fabelhaft aus, du bist außerdem nicht gerade arm und zu allem Überfluss auch noch umwerfend charmant. Wie ist es möglich, dass dich noch keine an die Kette gelegt hat?«

      Unvermittelt wurde er wieder ernst. »Es musste eine sein wie du, und die sind sehr selten.«

      »Ach, Ulrich …« Sie ließ seufzend den Kopf auf seine Schulter sinken.

      »Wir haben uns jetzt eine Menge netter Sachen gesagt, Betti, aber eines weiß ich immer noch nicht: Willst du? Heiratest du mich?«

      »Hast du es immer so eilig?«

      Sein Gesicht verschattete sich. »Du brauchst also Zeit, um über meine Frage nachzudenken?«

      »Ach, Ulrich, ich würde so gerne ja sagen, nur ja, ja, ja! Aber meinst du nicht auch, wir sollten vernünftig sein?«

      »Kann man denn gleichzeitig lieben und vernünftig sein?«

      »Bist du ganz sicher, dass du mich liebst?«

      »Ja«, antwortete er ernst und eindringlich, fast beschwörend.

      »Kein Spiel im Sommerwind?« Bettina forschte in seinen dunklen Augen.

      »Nein, Betti, bestimmt nicht. Ich kenne den Unterschied. Ich weiß, was ein Spiel im Sommerwind ist. Ich glaube, ich liebte dich schon von ganzem Herzen, ohne dass wir ein Wort miteinander gewechselt hatten. Als ich dich beim Fest beobachtete, war mir zumute, als ob sich dein ganzes Leben vor mir abspielte. Als man dich zur Heideblütenkönigin krönte, sah ich dich gleichzeitig als Kind, als ganz junges Mädchen, als junge Frau. Ich kann es schwer erklären. Du wurdest mir von Minute zu Minute vertrauter. Das kann doch nur Liebe sein.«

      Da schloss Bettina die Augen und nickte heftig. »Gut, Ulrich. Ich will. Aber du hast die Verantwortung.«

      Ulrich schloss sie begeistert in die Arme. »Ich habe mich noch nie vor der Verantwortung gedrückt, wenn ich im Moment auch nicht genau begreife, was du meinst.«

      »Es könnte sich doch herausstellen, dass du mich nicht siehst, wie ich in Wirklichkeit bin. Dass du dir etwas vormachst, dich in eine Gefühlswelt hineinsteigerst, der ich später nicht gerecht werden kann.«

      »Was redest du da für einen blühenden Unsinn?«

      Bettina schmiegte sich an ihn. »Verlobt ist ja noch nicht verheiratet. Du hast immer noch Zeit, es dir zu überlegen.«

      »Oder du, wie? Ich jedenfalls will nicht mehr überlegen. Ich will dich heiraten, und zwar so schnell wie möglich, am liebsten auf der Stelle!«

      Sie sah ihn unter flirrenden Wimpern an. »Dein Tempo wird mir unheimlich.«

      Ulrich küsste sie sanft. »Du siehst nicht so aus, als ob es dir an Mut mangelt, meine wilde Heidekönigin.«

      Bettina seufzte glücklich. »Du hast so etwas an dir, das mich ganz schwach und willenlos macht. Einverstanden! Wenn du meinst, dass wir bei dem scharfen Tempo nicht unter die Räder geraten, bin ich einverstanden.«

      Ulrich umarmte sie so fest, als ob er sie nie wieder loslassen wollte.

      *

      Bereits am folgenden Tag suchte Ulrich das Kinderheim auf. Er fühlte sich wie auf Wolken und vom Schicksal unendlich begünstigt.

      Als er ins Büro des Heimleiters trat, erhob sich Olaf Neumann unwillkürlich hinter seinem Schreibtisch. »Ulrich, du schon wieder? Habe ich dir nicht ausdrücklich …«

      »Guten Morgen, Olaf!«, fiel Ulrich dem ehemaligen Schulfreund gutgelaunt ins Wort. »Möchtest du mich nicht erst einmal zu Wort kommen lassen?«

      »Ich sage dir, es hat keinen Zweck! Ich lasse nicht zu, dass du weiterhin Kontakt mit Tobias unterhältst.«

      »Hm, warten wir erst einmal ab. Ich bin nämlich hier, um dir offiziell mitzuteilen, dass ich mich gestern verlobt habe.«

      »Wie bitte?«

      »Bettina Lühr und ich werden nun so schnell wie möglich heiraten.«

      Der blonde, bärtige Heimleiter ließ sich auf seinen Schreibtischsessel zurücksinken, als sei jäh alle Kraft aus ihm gewichen. »Nein.« Er wurde bleich.

      »O doch!« Ulrich nahm unaufgefordert Platz und schlug die Beine übereinander.

      »Du willst wirklich und wahrhaftig behaupten, dass du Bettinas Herz gewonnen hast – in so kurzer Zeit? Das kann ich nicht glauben! Nein, das glaube ich dir einfach nicht.«

      »Was für einen Grund hätte ich, dich womöglich zu beschwindeln? Das ist doch albern. Bettina ist mit einer raschen Eheschließung einverstanden, und damit komme ich zum Hauptgrund meines Besuches: Ich möchte Tobias mitnehmen, um ihn meiner zukünftigen Frau persönlich vorzustellen.«

      Olaf Neumann lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über der Brust. »Du stellst dir das offenbar ein bisschen zu einfach vor, Ulrich. Du weißt, dass für Tobias eine andere Adoption ins Auge gefasst ist. Es handelt sich um ein vernünftiges, seriöses Ehepaar, während bei dir noch alles in der Luft hängt.«

      »Willst du damit sagen, dass du mir Tobias verweigerst?«

      »Genau. Ich sehe wirklich keinen Anlass, meine Meinung zu ändern.«

      »Ich habe dir aber doch erklärt …«

      »Bevor du mir nicht die Heiratsurkunde auf den Schreibtisch legst, glaube ich gar nichts.«

      Ulrich beugte sich angespannt nach vorn. »Was ist eigentlich mit dir los? Kannst du es nicht fassen, dass Bettina mich gernhat? Ausgerechnet mich, der ich in deinen Augen nicht viel wert bin?«

      »Bitte, lass alles Persönliche aus dem Spiel.«

      »Willst du dich an mir rächen? Ich erinnere mich, dass wir während unserer Schulzeit