Иоганн Вольфганг фон Гёте

Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr


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seinem Bogen erdulden;

      Mann erhitzt er auf Mann, treibt die Begierden aufs Tier.

      Wer sich seiner schämt, der muß erst leiden; dem Heuchler

      Streut er bittern Genuß unter Verbrechen und Not.

      Aber auch sie, die Göttin, verfolgt ihn mit Augen und Ohren;

      Sieht sie ihn einmal bei dir, gleich ist sie feindlich gesinnt,

      Schreckt dich mit ernstem Blick, verachtenden Mienen, und heftig

      Strenge verruft sie das Haus, das er gewöhnlich besucht.

      Und so geht es auch mir: schon leid ich ein wenig; die Göttin,

      Eifersüchtig, sie forscht meinem Geheimnisse nach.

      Doch es ist ein altes Gesetz: ich schweig und verehre;

      Denn der Könige Zwist büßten die Griechen, wie ich.

XX

      Zieret Stärke den Mann und freies mutiges Wesen,

      Oh! so ziemet ihm fast tiefes Geheimnis noch mehr.

      Städtebezwingerin du, Verschwiegenheit! Fürstin der Völker!

      Teure Göttin, die mich sicher durchs Leben geführt,

      Welches Schicksal erfahr ich! Es löset scherzend die Muse,

      Amor löset, der Schalk, mir den verschlossenen Mund.

      Ach, schon wird es so schwer, der Könige Schande verbergen!

      Weder die Krone bedeckt, weder ein phrygischer Bund

      Midas’ verlängertes Ohr; der nächste Diener entdeckt es,

      Und ihm ängstet und drückt gleich das Geheimnis die Brust.

      In die Erde vergrub er es gern, um sich zu erleichtern:

      Doch die Erde verwahrt solche Geheimnisse nicht;

      Rohre sprießen hervor und rauschen und lispeln im Winde:

      Midas! Midas, der Fürst, trägt ein verlängertes Ohr!

      Schwerer wird es nun mir, ein schönes Geheimnis zu wahren;

      Ach, den Lippen entquillt Fülle des Herzens so leicht!

      Keiner Freundin darf ichs vertraun: sie möchte mich schelten;

      Keinem Freunde: vielleicht brächte der Freund mir Gefahr.

      Mein Entzücken dem Hain, dem schallenden Felsen zu sagen,

      Bin ich endlich nicht jung, bin ich nicht einsam genug.

      Dir, Hexameter, dir, Pentameter, sei es vertrauet,

      Wie sie des Tags mich erfreut, wie sie des Nachts mich beglückt.

      Sie, von vielen Männern gesucht, vermeidet die Schlingen,

      Die ihr der Kühnere frech, heimlich der Listige legt;

      Klug und zierlich schlüpft sie vorbei und kennet die Wege,

      Wo sie der Liebste gewiß lauschend begierig empfängt.

      Zaudre, Luna, sie kommt! damit sie der Nachbar nicht sehe;

      Rausche, Lüftchen, im Laub! niemand vernehme den Tritt.

      Und ihr, wachset und blüht, geliebte Lieder, und wieget

      Euch im leisesten Hauch lauer und liebender Luft,

      Und entdeckt den Quiriten, wie jene Rohre geschwätzig,

      Eines glücklichen Paars schönes Geheimnis zuletzt.

      Elegien II

      Bilder so wie Leidenschaften

      Mögen gern am Liede haften.

      Alexis und Dora

      Ach! unaufhaltsam strebet das Schiff mit jedem Momente

      Durch die schäumende Flut weiter und weiter hinaus!

      Lange Furchen hinter sich ziehend, worin die Delphine

      Springend folgen, als flöh ihnen die Beute davon.

      Alles deutet die glücklichste Fahrt: der ruhige Bootsmann

      Ruckt am Segel gelind, das sich statt seiner bemüht;

      Alle Gedanken sind vorwärts gerichtet, wie Flaggen und Wimpel;

      Nur ein Trauriger steht rückwärts gewendet am Mast,

      Sieht die Berge schon blau, die scheidenden, sieht in das Meer sie

      Niedersinken, es sinkt jegliche Freude vor ihm.

      Auch dir ist es verschwunden, das Schiff, das deinen Alexis,

      Dir, o Dora, den Freund, dir, ach! den Bräutigam raubt.

      Auch du blickest vergebens nach mir. Noch schlagen die Herzen

      Füreinander, doch ach! nun aneinander nicht mehr.

      Nur Ein Augenblick wars, in dem ich lebte, der wieget

      Alle Tage, die sonst kalt mir verschwindenden, auf.

      Nur Ein Augenblick wars, der letzte, da stieg mir ein Leben

      Unvermutet in dir, wie von den Göttern, herab.

      Nur umsonst verklärst du mit deinem Lichte den Äther,

      Phöbus, mir ist er verhaßt, dieser alleuchtende Tag.

      In mich selber kehr ich zurück; da will ich im stillen

      Wiederholen die Zeit, als sie mir täglich erschien.

      War es möglich, die Schönheit zu sehen und nicht zu empfinden?

      Wirkte der himmlische Reiz nicht auf dein stumpfes Gemüt?

      Klage dich, Armer, nicht an! – So legt der Dichter ein Rätsel,

      Künstlich mit Worten verschränkt, oft der Versammlung ins Ohr:

      Jeden freut die seltne Verknüpfung der zierlichen Bilder,

      Aber noch fehlet das Wort, das die Bedeutung verwahrt;

      Ist es endlich gefunden, dann heitert sich jedes Gemüt auf

      Und erblickt im Gedicht doppelt erfreulichen Sinn.

      Ach, warum so spät, o Amor, nahmst du die Binde,

      Die du ums Aug mir geknüpft, nahmst sie zu spät mir hinweg!

      Lange harrte das Schiff befrachtet auf günstige Lüfte;

      Endlich strebte der Wind glücklich vom Ufer ins Meer.

      Leere Zeiten der Jugend! und leere Träume der Zukunft!

      Ihr verschwindet, es bleibt einzig die Stunde mir nur.

      Ja, sie bleibt, es bleibt mir das Glück! ich halte dich, Dora!

      Und die Hoffnung zeigt, Dora, dein Bild mir allein.

      Öfter sah ich dich gehn zum Tempel, geschmückt und gesittet,

      Und das Mütterchen ging feierlich neben dir her.

      Eilig warst du und frisch, zu Markte die Früchte zu tragen,

      Und vom Brunnen, wie kühn! wiegte dein Haupt das Gefäß.

      Da erschien dein Hals, erschien dein Nacken vor allen,

      Und vor allen erschien deiner Bewegungen Maß.

      Oftmals hab ich gesorgt, es möchte der Krug dir entstürzen,

      Doch er hielte sich stet auf dem geringelten Tuch.

      Schöne Nachbarin, ja, so war ich gewohnt dich zu sehen,

      Wie man die Sterne sieht, wie man den Mond sich beschaut,

      Sich an ihnen erfreut, und in dem ruhigen Busen

      Nicht