Bewohner der vier christlichen Inseln überfallen auf ihren Schiffen bei Nacht von Zeit zu Zeit die Inseln der Ungläubigen, um heidnische Kanarier, Männer wie Frauen, einzufangen, die sie dann nach Spanien bringen, um sie dort als Sklaven zu verkaufen. Manchmal kommt es vor, dass bei diesen Überfällen einige der Christen in Gefangenschaft geraten. Diese werden von den Eingeborenen allerdings nicht getötet, sondern lediglich gezwungen, Ziegen zu schlachten und zu Fleisch zu verarbeiten. Dies hat folgenden Grund: Das Metzgerhandwerk gilt den Ungläubigen nämlich als die unwürdigste und verachtenswerteste Tätigkeit. Um ihnen Schmach anzutun, lassen sie ihre Gefangenen diese Arbeit so lange ausführen, bis diese auf irgendeine Art losgekauft werden. Und eben von solchen in Gefangenschaft geratenen Christen habe ich diese Tatsache in Erfahrung gebracht.
Die Eingeborenen haben noch einen anderen sonderbaren Brauch: Wenn einer ihrer Fürsten neu eingesetzt wird, bietet einer von ihnen freiwillig an, zu Ehren der neuen Herrschaft und zum Lob des neuen Fürsten zu sterben. Daraufhin begibt sich alles zu einer tiefen Schlucht, in die sich der Betreffende, nachdem er eine bestimmte Zeremonie vollzogen und einige Worte gesprochen hat, hinabstürzt und so in Stücke zerschlagen wird. Der Fürst ist dann verpflichtet, die Verwandten des Toten in Ehren zu halten und mit großen Pfründen auszustatten. Dieser viehische und unvernünftige Brauch ist von den Christen, die auf oben beschriebene Weise auf diesen Inseln in Gefangenschaft geraten und gegen Lösegeld wieder freigelassen worden waren, beobachtet und als wahr überliefert worden.
Die Kanarier sind zart gebaut und außergewöhnlich gute Läufer und Springer, denn aufgrund des felsigen und hügeligen Geländes, das auf ihren Inseln vorherrscht, sind sie es gewohnt, mit dem Geschick und der Leichtigkeit einer Gämse barfuß von Stein zu Stein zu springen, wobei sie Sprünge von unglaublicher Weite vollführen. Auch vermögen sie Steine äußerst zielgenau und mit großer Kraft sehr weit zu werfen. Sie haben so kräftige Arme, dass sie ein Schild mit wenigen Hieben in Stücke schlagen können. Auf Medera [Madeira] konnte ich einen christlichen Kanarier beobachten, der wettete, dass er, wenn er und drei andere Männer je zwölf Pomeranzen104 in die Hand nähmen, er die drei Männer auf acht oder zehn Schritt Entfernung mit jeder seiner zwölf Pomeranzen treffen würde, ohne dass diese umgekehrt in der Lage wären, ihn ihrerseits mit ihren Pomeranzen zu treffen – außer an seinen Händen, mit denen er ihre Würfe abzuwehren versuchen würde. Niemand ging jedoch auf diese Wette ein, denn alle wussten, dass der Kanarier dies mit Leichtigkeit, ja sogar noch besser, als er angegeben hatte, tun konnte. Aus dieser Geschichte mag man entnehmen, dass diese Menschen die geschickteste und flinkste Rasse sind, die man auf der Welt zu Gesicht bekommt.
Ferner bemalen sich die Kanarier ihre Körper mit einer grünen, roten und gelben Paste, die aus Kräutern gewonnen wird. Sie halten diese Bemalung für eine wunderbare Sache und schätzen sie mehr als wir das Weiß unserer schönsten Kleider.
Ich, Aloisius Cà da Mosto, war auf zwei der Kanarischen Inseln, auf Gomera und Ferro, die beide christianisiert sind. Ich legte auch in Palma an, ging dort aber nicht an Land, weil ich meine Reise fortzusetzen wünschte.
99 Pflanze, aus der man braunen Farbstoff gewinnt.
100 Die heutige Hafenstadt Cádiz in Südspanien.
101 Das Herzogtum Sevilla im damaligen Königreich Kastilien.
102 Es handelt sich hier um Ziegenleder.
103 Hierbei handelt es sich um den Pico de Teide, der 3716 m hoch ist.
104 Alter Ausdruck für Orange.
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