ist Glauben.
26. Allgemeine Sätze sind nichts, als algebraische Formeln. Die reine Philosophie ist daher gerade so etwas, wie die Lettern-Algebra. So eine Formel kann ein Gattungs, ein Klassen- und Lokalzeichen sein – methodischer Name einer echten genetischen Definition. Definition ist ein Faktum. Die Bezeichnung dieses Faktums ist die gemeinhin sogenannte Definition. (Auf eine ähnliche Weise wie sich die Logarythmen auf die geometrischen Progressionen beziehn, kann sich der Mechanism auf den Organism beziehn: bloß Bezeichnungsweise.)
27. Auch die Grammatik ist philologisch zum Teil; der andre Teil ist philosophisch.
28. Die eingezogene Erziehung der Mädchen ist für häusliches Leben und Glück darum so vorteilhaft, weil der Mann, mit dem sie nachher in die nächste Verbindung treten, einen desto tiefern und einzigen Eindruck auf sie macht, welches zur Ehe unentbehrlich ist. Der Erste Eindruck ist der mächtigste und treuste, der immer wiederkommt, wenn er auch eine Zeitlang verwischt scheinen kann.
29. Echte Kunstpoesie ist bezahlbar. Die Poesie aus Bedürfnis – die Poesie, als Charakterzug, als Äußerung meiner Natur, kurz die sentimentale Poesie läßt sich aber nur ein indelikater, roher Mensch bezahlen.
30. Die Welt ist ein Universaltropus des Geistes, ein symbolisches Bild desselben.
31. Das Epigramm ist die Zentralmonade der altfranzösischen Literatur und Bildung.
32. Charaktere, wie die Theophrastischen, müssen nicht wahr, aber sie müssen durchaus witzig sein. Es müssen eine Masse Einfälle sein, die für den Geist einen Charakter ohngefähr so darstellen, wie die Buchstaben in einer geschriebenen Zeichnung einen Kopf oder sonst etwas.
33. Der vollkommenste Charakter würde der durchsichtige, der von selbst verständliche, der unendlich leicht und natürlich scheinende, durchaus bekannte, deshalb unbemerkte, übersehene und elastische sein.
34. Das Bekannte, worauf der Philosoph alles reduzieren, und wovon er ausgehn soll, muß das Urbekannte, – das absolut Bekannte sein. Alles Vollkommne ist uns natürlich und absolut bekannt.
35. Symbolische Behandlung der Naturwissenschaften. Was symbolisiert unser gewöhnliches Leben? Es ist ein Erhaltungsprozeß.
36. Alle Bezauberung ist ein künstlich erregter Wahnsinn. Alle Leidenschaft ist eine Bezauberung. Ein reizendes Mädchen eine reellere Zauberin, als man glaubt.
37. Über den Spruch: des Menschen Wille ist sein Himmelreich.
38. Tout est Vanité – ist der empirische Idealism. C'est la Philosophie des Esprits forts, des Gens du Monde, le Précipité d'une Vie vague et variée au possible. Tous les Vieillards, surtout, qui ont bien joui de leur Vie, prêchent ce système. Le jeune homme vigoureux l'entend et va préférer une Vanité gaie à une Vanité triste. Une Vérité triste n'est aussi qu'une Vanité, qui a perdu son teint frais et coloré, ses lèvres vermeilles, et la marche légère. Laideur de la Vieillesse est-ce qu'elle est donc plus réelle, que la beauté du premier Age – parcequ'elle est la dernière? C'est donc le dernier, qui a toujours Raison?
39. Jedes Buch, was der Mensch mit oder ohne Absicht, als solcher geschrieben hat, was also nicht sowohl Buch, als geschriebene Gedanken und Charakteräußerung ist, kann so mannigfaltig beurteilt werden, als der Mensch selbst. Hier ist kein Künstler, sondern der echte Menschenkenner kompetent; es gehört nicht für ein artistisches, sondern für ein anthropologisches Forum. So einseitig und unbillig, so arbiträr und inhuman Menschen beurteilt werden, eben so auch diese Art Schriften. Es gibt so wenig reifen Sinn für universelle Humanität – daß man sich auch über die Kritiken dieser Schriften nicht wundern darf. Gerade das Beste wird am leichtesten übersehen; auch hier findet der Kenner, für den der Mensch erst eigentlich vorhanden ist, unter dessen Augen er wird, unzählbare Nuancen, Harmonien und Gelungenheiten; nur er weiß sie zu apprezieren und bewundert vielleicht in einer sehr mittelmäßig, oder gar schlecht scheinenden Schrift eine seltne Kombination und Ausbildung menschlicher Anlagen, die herrliche Naturkunst eines Geistes, der sich ihm in einer barbarischen Form offenbart, weil er nur das Talent des schriftlichen Ausdrucks nicht besaß, oder vernachlässigte.
40. Fragmente über den Menschen.
41. Das Schwächungs- und Abhärtungssystem der strengen Moralisten und strengen Asketen ist nichts, als das bekannte, bisherige Heilungssystem in der Medizin. Ihm entgegen muß man ein Brownisches Stärkungssystem setzen, wie dem letztern. Hat dies schon jemand versucht? Auch hier werden die bisherigen Gifte und reizenden Substanzen eine große Rolle spielen, und Wärme und Kälte ebenfalls ihre Rollen wechseln.
42. Eine reizbare Vernunft ist eine schwächliche, zärtliche. Daher die Moralisten und Bemerker oft so schlechte Praktiker.
43. Les femmes sind um deswillen der Pol, um den sich die Existenz und La Philosophie der Vornehm-Klugen dreht, weil sie zugleich Körper und Seele affizieren. Auch Sie lieben die Ungeteiltheit und setzen einen unumschränkten Wert auf diesen gemischten Genuß; dieser Geschmack geht auf alles über: das Bett soll weich und die Form und Stickerei hübsch, das Essen delikat, aber auch animierend sein und so durchaus.
An den Femmes reibt sich auch ihr schreibender Verstand gern, drum haben sie so viel darüber geschrieben.
Jeder sieht überall sein Bild; daher findet die Eitelkeit alles eitel.
Nichts ist tröstender, als das Bild des Zustandes, zu welchem La Philosophie du monde führt, welches unabsichtlich und wahrhaft naiv die konsormierten und konsumierten Weltleute von sich und ihrer Denkungsart in ihren Schriften und Reden ausstellen. Tröstlich und anlockend wahrhaftig nicht; ein an Unannehmlichkeit dreifach verstärktes Alter – so wie gegenteils die Jugend auch dreimal gepfeffert war.
La vraie Philosophie gehört zu der passiven Wissenschaft des Lebens. Sie ist eine natürliche, antithetische Wirkung dieses Lebelebens, aber kein freies Produkt unsrer magischen Erfindungskraft.
Auch im Schlimmen gibts eine Progression. Wenn man sich gehn läßt, so entsteht allmählich ein Ungeheuer in seiner Art. So in Brutalität, in Grausamkeit, Frömmelei etc.
44. Jedes Geschäft muß künstlerisch behandelt werden, wenn es sicher und dauernd und durchaus zweckmäßig gelingen soll.
45. Leute, wie Ligne, Voltaire und Boufflers, halten sich für absolute Esprits und glauben, daß sie selbst unabsichtlich sich als Esprits zeigen. Sie essen, träumen und machen selbst Sottisen mit Esprit. Kreatoren und Annihilanten des Esprit.
46. Brown ist der Arzt unserer Zeit. Die herrschende Konstitution ist die Zärtliche, die Asthenische. Das Heilsystem ist das natürliche Produkt der herrschenden Konstitution –, daher es sich mit dieser ändern muß.
47. La Mémoire ne se comporte pas bien avec la sensibilité – comme avec le jugement – ce qui devient clair par le fait, qu'une grande douleur l'affaiblit. (du Prince de Ligne.)
48. Brownische Psychologie.
49. Mit Ärzten und Geistlichen macht sich kein Großer Bedenken, öffentlich und vertraut zu erscheinen, denn jeder, der ihm begegnet, ahndet so gut, wie er, die Unentbehrlichkeit dieser Leute in unvermeidlichen Stunden.
50. Nur der keine Gesellschaft bedarf, ist bon Compagnon. Nur dieser wird, von der Gesellschaft unabhängig, sie haben und mannigfach reizen und nach willkürlichen Plan behandeln können. Die Andren werden von ihm gehabt und haben ihn nicht. Die Gesellschaft muß mich nicht reizen, wenn ich sie reizen will. Sie muß Appetit zu mir haben, und ich muß mich nach ihrer Konstitution stimmen können, welche Gabe man Takt im allgemeinen nennen könnte. Ich muß nur den passiven Willen haben mich hinzugeben, mich genießen zu lassen, mich mitzuteilen.
51. Les femmes haben sich nicht über Ungerechtigkeit zu beklagen. Schade, wenn eine Frau dabei war! Die Beauxesprits haben in Rücksicht des femmes vollkommen recht. Wer wird aber Les femmes mit den Frauen verwechseln?
52. Les Femmes sind Muster der zärtlichsten, weiblichsten Konstitution, höchste Asthenien, mit einem Minimum von Vernunft. So werden sie sehr begreiflich. Annihilantinnen der Vernunft.
Über die Mode. Sollte der höchste Reiz für einen