Gesinnung danken, während andere die blutdürstige Absicht hegten, mich bei meiner Ankunft zu ermorden und auszuplündern, nachdem der Statthalter Abd el-Kader von Dahalac Euch die Nachricht gebracht hatte, dass ich ein Prinz sei und viel Geld bei mir hätte.« – »Allah Akbar!«, rief er erstaunt. »Wie? Ihr wart ja mitten auf See, als dies geschah.«
»Nicht einmal so weit«, versetzte ich«, aber Euer Rat war weise; denn ein großes englisches Schiff, der ›Löwe‹, mit vierundsechzig Kanonen unter Kapitän Price, bleibt meinetwegen den ganzen Winter in Jidda, bis ich sehe, wie ich hier und in Abessinien aufgenommen werde. Ich führe diese Umstände an, damit Ihr Euch genau nach der Wahrheit erkundigen könnt. Auf die erste Nachricht hin, dass mir ein Unglück widerfahren sei, kommt dieses Schiff her und zerstört Arkeeko und diese Insel in einem Tag. Doch das ist es nicht, was ich jetzt mit Euch auszumachen habe. Es ist eine sehr schickliche Gewohnheit in allen Morgenländern, dass Fremde sich für den erhaltenen Schutz und die Unruhe, die sie verursachen, erkenntlich zeigen. Ich habe deswegen ein Geschenk für den Naybe, dessen Gemütsart und Neigung ich genau kenne, desgleichen auch eins für Euch und für den Hauptmann der Janitscharen. Diese Geschenke werde ich an dem Tag, an dem ich den Naybe sehe, überreichen. Man hat mir aber geraten, mich besonders auf Euch als Freund zu verlassen, und deshalb bin ich Euch noch eine besondere Erkenntlichkeit schuldig. Ich habe gehört, dass Euer Bevollmächtigter in Jidda den Auftrag hatte, sich bei allen ostindischen Schiffen und dem dortigen Makler nach einem Paar englischer Pistolen zu erkundigen. Er wollte einen ansehnlichen Preis dafür bezahlen, und doch hättet Ihr wahrscheinlich nur ein Paar gewöhnliche und abgenutzte bekommen. Deshalb habe ich Euch diese vortrefflich gearbeiteten als ein besonderes Geschenk mitgebracht. Hier sind sie. Ich hege nur den Zweifel, und dieser wird durch unsere gegenwärtige geheime Unterredung veranlasst, ob Ihr sie selbst mitnehmen wollt oder ob Ihr einen treuen Diener habt, der sie abholt, ohne dass es jemand erfährt.«
»Ich verstehe alles, was Ihr sagt und sagen wollt. Obgleich ich in eines Menschen Herz, den ich nie vorher sah, nicht hineinschauen kann wie Ihr, so kenne ich doch die Herzen derer sehr gut, mit denen ich lebe. Behaltet die Pistolen bei Euch und zeigt sie niemandem, bis ich einen Mann schicke, dem Ihr alles sagen könnt und der immer zwischen uns hin- und hergehen soll. Es gibt an diesem Ort eine Menge Teufel und wenig Menschen, aber der Person, die Euch getrocknete Datteln in einem indischen Tuch und eine tönerne Flasche, um Wasser daraus zu trinken, bringt, der könnt Ihr die Pistolen geben und durch diese mir alles zuschicken, was Ihr wollt. Unterdessen schlaft wohl und fürchtet nichts Böses.«
Am nächsten Tag kam eine Sklavin und brachte die verabredeten Sachen, das Tuch mit den getrockneten Datteln und eine unglasierte tönerne Flasche, worin sich das Wasser außerordentlich lange frisch hielt. Ich stutzte anfangs über die Veränderung, da sich der Sklave in eine Sklavin verwandelt hatte, doch das abessinische Mädchen nahm mir bald meinen Zweifel und trug die für Achmet bestimmten Pistolen mit sich fort. Er selbst war nach Arkeeko zu seinem Oheim gegangen.
Früh am folgenden Tag kam der Naybe von Arkeeko herüber. Der gewöhnliche Weg von dort führt über die Bucht und beträgt gerade zwei Seemeilen, auf dem Landweg ist es etwas weiter. Der Naybe hatte nur eine geringe Begleitung von drei oder vier Dienern in einem elenden Aufzug und vierzig nackten Wilden zu Fuß, die mit kurzen Lanzen und krummen Messern bewaffnet waren. Auf dem ganzen Weg von Arkeeko nach Massaua wurden die Trommeln für ihn geschlagen. Als er in das Boot stieg, hörte die Trommel an der Landseite auf, und die von dem sogenannten Kastell von Massaua fing an. Dieses Kastell ist nichts als eine kleine Lehmhütte, worin sich eine Kanone befindet, die ohne Lafette auf der Erde liegt und immer nur mit starken Erschütterungen und unter großen Gefahren abgefeuert werden kann. Die Trommeln bestehen aus tönernen Gefäßen, in denen üblicherweise die Butter aus Arabien befördert wird. Es ist eine Haut darüber gespannt, sodass ein Fremder, der zwei oder drei von ihnen beisammenstehen sieht, Gefahr läuft, sie für Buttertöpfe zu halten, die sorgfältig mit in Öl getränktem Pergament zugedeckt sind.
Der ganze Aufzug passte gut dazu. Der Naybe trug ein altes, abgewetztes und viel zu kurzes türkisches Kleid, welches aus Sultan Selims Zeiten zu sein schien. Auf dem Kopf hatte er eine türkische Mütze, die um einige Nummern zu klein war. In dieser Kleidung, worin er in der Tat ein höchst lächerliches Aussehen hatte, war er einst mit der Insel Massaua belehnt worden. Gleichzeitig war er damit hier zum Stellvertreter des Großsultans ernannt worden; und dieser ehrenvollen Aufgabe wegen ließ er sich von diesem Tag an Omar Aga nennen. Zwei weiße seidene Fahnen mit roten Streifen wurden vor ihm her zur Moschee getragen, von hier ging er dann in sein Haus, um die Komplimente seiner Freunde entgegenzunehmen. Am Nachmittag begab auch ich mich in das Haus, um dem Naybe meine Aufwartung zu machen, und fand ihn in einem hölzernen Lehnstuhl sitzend. Von der Tür bis zu diesem Stuhl standen zwei Reihen nackter Wilder. Der Naybe hatte ein baumwollenes und so schmutziges Hemd an, dass alle Mühe, es zu reinigen, vergebens schien; es reichte wegen der Kürze kaum bis an die Knie. Er war sehr lang und hager, von schwarzer Hautfarbe und hatte einen großen Mund und eine große Nase. Statt des Bartes trug er einen kleinen Zopf grauer Haare an der Kinnspitze. Große, blöde und schwermütige Augen und ein boshaftes, verächtliches Lächeln in der Miene verliehen ihm überhaupt ein sehr einfältiges, wildes Aussehen. Sein Charakter stimmte völlig mit seiner äußeren Gestalt überein, denn er war ein Mann mit nur geringen Fähigkeiten, übertrieben grausam, geizig und der Trunksucht ergeben.
Ich überreichte ihm meinen Firman. Der größte Pascha im türkischen Reich wäre bei dieser Gelegenheit aufgestanden, hätte ihn geküsst und an die Stirn gedrückt, und ich erwartete auch von Omar Aga, dass er seinem Monarchen diesen Respekt erwies. Er aber nahm ihn nicht einmal in die Hand, sondern schob ihn mir mit den Worten wieder zurück: »Lest ihn mir Wort für Wort vor!« Ich entgegnete, es sei Türkisch, wovon ich kein Wort lesen könne. »Ich ebenso wenig«, antwortete er, »und ich denke, ich werde es auch nie können.« Darauf übergab ich ihm die Briefe von Metical Aga, vom Scherif, vom Ali Bey und den Janitscharen. Er nahm sie allesamt in beide Hände, legte sie ungeöffnet vor sich hin und sagte: »Ihr hättet einen Mullah13 mitbringen sollen; bildet Ihr Euch ein, dass ich alle diese Briefe lesen werde? Das nähme mir einen ganzen Monat Zeit weg.« Dabei sah er mich mit einem wilden Blick und offenem Mund wie ein Geistesgestörter an, sodass ich alle Mühe hatte, gefasst zu bleiben, und lediglich antwortete: »Wie es Euch beliebt, Ihr müsst es am besten wissen.« Anfangs tat er so, als verstünde er kein Arabisch, und redete durch einen Dolmetscher in der Sprache von Massaua, die ein Dialekt von der in Tigre ist, als er aber merkte, dass ich ihn verstand, sprach er Arabisch, und zwar recht gut. Auf diese kurze Unterredung folgte ein Stillschweigen, das mir Gelegenheit gab, mein Geschenk zu überreichen, welches ihm nicht zu missfallen schien; aber vermutlich hielt er es unter seiner Würde, mir dies zu erkennen zu geben. Ich verabschiedete mich von dem Naybe und war von meiner Aufnahme und der geringen Achtung, die er meinen Briefen und mir selbst entgegenbrachte, nicht sehr erbaut. Umso zufriedener war ich aber, dass meine Briefe an Janni abgefertigt waren, die sich nun schon längst außerhalb der Reichweite des Naybe befanden.
Am 15. Oktober kam der Naybe nach Massaua, fertigte das Schiff ab, welches mich herübergebracht hatte, und schickte noch in derselben Nacht nach mir und ließ mir sagen, ich solle mich auf ein schönes Geschenk an ihn gefasst machen. Er gab mir eine lange Liste von Gegenständen, deren Wert ziemlich hoch war, und verlangte, ich solle diese in drei Teile teilen und drei Tage lang hintereinander überreichen. Einen Teil verlangte er als Naybe von Arkeeko, einen als Omar Aga, der die Person des Großherrn vertritt, und einen, weil er unser Gepäck undurchsucht passieren ließ, besonders den großen Quadranten. Ich für meinen Teil wünschte, er hätte alles gesehen, weil er vermutlich auf Kupfer und Eisen keinen großen Wert gelegt haben würde.
Weil mir Achmets Versicherung, mich zu schützen, Mut machte, gab ich ihm zur Antwort: Da ich den Firman vom Kaiser und Briefe von Metical Aga hätte, wäre es bloße Freigiebigkeit, wenn ich überhaupt nur das geringste Geschenk an ihn, sei es nun als Naybe oder als Omar Aga, machte; ich sei kein Kaufmann, der kaufe und verkaufe, hätte auch keine Waren an Bord gehabt und folglich keine Zölle zu bezahlen. Hierauf ließ er mich zu sich rufen. Ich traf ihn sehr aufgebracht an, und es wurden viele unnütze Worte auf beiden Seiten gewechselt. Zuletzt sagte er mir sehr bestimmt: Falls ich nicht am nächsten Montag, wenn er wieder von Arkeeko käme, dreihundert Unzen Gold für ihn bereithielte, wolle er mich