seinem Schlund befestigen konnten. Nun ließen wir einen Mann an einem Seil hinab, um dem Hai den Schwanz abzuschneiden. Er konnte nun keinen Schaden mehr anrichten, wenn er auch noch nicht gänzlich tot war. Er maß elf Fuß und sieben Zoll von der Schnauze bis zum Schwanz und hatte, wo er am dicksten war, einen Umfang von vier Fuß. Im Magen fanden wir einen nicht lange vorher verschluckten Delfin und etwa eine halbe Elle Tuch. Es war der größte Hai, den unser Rais jemals im Roten und im Indischen Meer gesehen hatte.
Wir verließen Jebel Teir am 11. bei leichtem Westwind, aber gegen Mittag verstärkte er sich wie gewöhnlich. Wir richteten unseren Kurs gerade auf Dahalac, als um halb 5 Uhr ein Junge in Nordwest vier Inseln erblickte. Wir hatten bei dem frischen Wind alle Segel gesetzt, als ich kurz vor Sonnenuntergang eine Welle mit einem weißen Rand wahrnahm, wie Wellen aussehen, wenn sie sich über einer Bank brechen.
»Um Gottes willen, zieht die Segel lieber ein«, schrie ich dem Rais zu, denn die Welle war genau auf unserem Kurs. Er meinte, ich müsse mich irren. Hier gebe es keine Untiefen, und ich hätte wahrscheinlich einen Seevogel gesehen. Um 7 Uhr stießen wir auf ein Korallenriff. Die Araber sind bei allen plötzlichen Gefahren verzagt, weil sie diese als nicht zu vermeidendes Schicksal betrachten. Es gibt nur wenige unkultivierte Gemüter, die bei unerwarteten gefährlichen Situationen ihre Fassung behalten und sich selbst helfen können. Die arabischen Schiffer waren sofort dafür, das Beiboot zu nehmen und nach den von dem Schiffsjungen gesichteten Inseln zu segeln. Die Abessinier wollten die Planken und Balken des Schiffes verwenden, um ein Floß daraus zu machen.
Nun entstand ein heftiger Streit und schließlich kam es sogar zu einer Schlägerei. Die Nacht brach herein und wir saßen noch immer auf der Klippe fest. Der Rais und Yasine besänftigten inzwischen den Tumult, worauf ich die Passagiere bat, mich anzuhören: »Ihr wisst es alle«, fing ich an, »oder sollt es wenigstens wissen, dass das Boot mir gehört, weil ich es zur Sicherheit und zum Nutzen für mich und meine Leute von meinem Geld gekauft habe. Ihr wisst auch, dass ich mit meinen Leuten gut bewaffnet bin, während ihr nackt seid. Denkt also nicht, dass einer von euch ins Beiboot kommt und sein Leben auf Kosten des unsrigen retten könnte. Dieses Schiff ist euer Schicksal, darauf müsst ihr leben oder sterben. Packt also alle mit an. Der Wind ist ruhig, macht das Schiff frei. Hätte es einen beträchtlichen Schaden erlitten, wäre es schon längst gesunken.«
Durch diese Rede schienen sie neuen Mut zu bekommen und sagten, dass sie hofften, ich würde sie nicht verlassen. Ich versprach das, solange noch etwas an dem Schiff ganz wäre und sie sich wie Männer benähmen.
Das Boot wurde sogleich ins Wasser gelassen. Einer meiner Diener, der Rais und zwei Matrosen stiegen hinein. Sie waren sofort auf der Korallenbank, wo die beiden Matrosen ausstiegen und sich anfänglich die Füße zerschnitten, bald aber besser Fuß fassen konnten. Sie versuchten das Schiff rückwärts zu stoßen, es regte sich aber nicht. Dann nahmen sie Stangen und Brecheisen zu Hilfe, um es zu bewegen, diese waren aber zu kurz. Es hatte den Anschein, als könnten wir das Schiff nicht eher als am folgenden Morgen flottmachen. Wir wussten, dass sich dann der Wind wieder erheben würde, andererseits war aber auch zu befürchten, dass dadurch das Schiff in Stücke gehauen würde.
Mahomet Gibberti und Yasine hatten, seit das Schiff aufgelaufen war, unaufhörlich laut im Koran gelesen. Im Vorbeigehen sagte ich zu ihnen, dass es wohl besser sei, die Bücher ruhen zu lassen, bis wir an Land kämen, und jetzt lieber den anderen zu helfen. Mahomet erwiderte, er sei so schwach und krank, dass er nicht stehen könne. Aber Yasine ließ den Vorwurf nicht auf sich sitzen. Er zog sich nackt aus, ging aufs Vorschiff und sprang ins Meer. Er untersuchte zuerst die Korallenbank, welche ziemlich breit war, und dann die Lage des Schiffes auf ihr. Er fand, dass die an den Seiten des Schiffes stehenden Matrosen nichts zum Flottmachen des Schiffes beitragen konnten, sondern nur die Mannschaft an der Spitze. Der Rais und Yasine schrien nun nach Stangen und Brecheisen, welche ihnen auch gebracht wurden. Noch zwei weitere Matrosen ließen sich hinab und stellten sich auf die Bank. Ich befahl darauf dem Rais, ein Tau zu nehmen, sich mit dem Boot direkt hinter das Schiff zu legen und es in dieselbe Richtung, in der es gestoßen wurde, zu ziehen.
Sobald das Schiff unter großem Geschrei gezogen wurde, begann es sich zu bewegen. Kurz darauf erhob sich ein Lüftchen aus dem Osten und schnell wurde ein Vorsegel aufgezogen. Alle stießen und zogen, der Wind blies in das Segel und das Schiff glitt sanft von der Korallenbank herunter. Ich kann nicht sagen, dass ich die Freude der Übrigen sofort teilte. Ich fürchtete, es könnte eine Planke geborsten sein. Doch jetzt bewies sich der Vorteil eines Schiffes, welches nicht genagelt, sondern nur zusammengefugt ist. Es war nicht nur nicht beschädigt, sondern zog auch kaum Wasser. Die Mannschaft war durchweg sehr ermüdet, aber alle konnten den Mut und die Fertigkeit des Yasine nicht genug loben. Von diesem Tag an wuchs auch meine Achtung vor ihm und vermehrte sich immer mehr bis zu meiner Abreise aus Abessinien.
Um 6 Uhr früh zogen wir die Segel auf, der Wind ließ aber bald nach. Um 11 Uhr kam er wieder auf wie gewöhnlich und blies aus Norden.
Um 4 Uhr nachmittags sahen wir Land, welches nach der Aussage unseres Steuermanns die Südspitze von Dahalac war. Dies ist bei Weitem die größte Insel im Roten Meer, da keine von den bisher entdeckten über fünf Meilen lang war. Sie ist niedrig und flach, hat einen Boden aus festem Kies und weißem Sand, der mit Konchylien und anderen Meeresfrüchten vermischt ist. Es gibt keine Pflanzen, außer einer geringen Menge Binsengras, gerade hinreichend, die wenigen hier lebenden Antilopen und Ziegen zu ernähren. Von den Letzteren gibt es hier eine schöne Art; sie sind klein, kurzhaarig, mit dünnen scharfen Hörnern, welche Ringe haben, und sehr schnell auf den Füßen.
Obgleich Dahalac in der Nähe von Abessinien liegt, sind die Jahreszeiten doch nicht gleich, denn hier fällt von Ende März bis Anfang Oktober kein Regen. Aber in den Zwischenmonaten, meist im Dezember, Januar und Februar, kommen heftige Regengüsse vor, die zwölf Stunden anhalten, die Insel überschwemmen und die Zisternen so voll füllen, dass das Wasser darin den ganzen folgenden Sommer hinreicht. Einzig in diesen Zisternen findet man Wasser. Es sind noch dreihundertsiebzig erhalten, alle in festen Stein gehauen. Man hält sie für Werke der Perser, es ist aber wahrscheinlicher, dass sie von den ersten Ptolemäern herrühren. Die Erbauer dieser prächtigen Behältnisse mögen aber sein, wer sie wollen, es müssen jedenfalls Menschen gewesen sein, die sich von den heute hier lebenden sehr unterschieden haben. Denn diese besitzen nicht einmal den Arbeitseifer, auch nur eine einzige von diesen dreihundertsiebzig Zisternen zum Gebrauch der Leute in einem reinlichen Zustand zu halten. Sie stehen jeder Art von Tieren offen und sind mit Kot halb gefüllt, welchen diese, wenn sie trinken oder baden, zurücklassen. Wäre nur eine einzige Zisterne gereinigt und mit einer Türe verschlossen, hätte man gesundes und wohlschmeckendes Wasser für das ganze Jahr.
Die Bewohner von Dahalac scheinen ein einfältiges, furchtsames und unschädliches Volk zu sein. Es ist die einzige Gegend von Afrika oder Arabien, wo keine Waffen getragen werden. Niemand hat eine Flinte, ein großes Messer oder einen Säbel in der Hand.
Die Einwohner scheinen gesund zu sein, sie versicherten mir auch, dass nur wenige Krankheiten unter ihnen herrschten, wenn nicht zuweilen im Frühling die Schiffe aus Jemen und Jidda die Kinderblattern einführten. Die wenigsten, die davon befallen würden, kämen dann mit dem Leben davon. Ich fand keinen Mann unter ihnen, der sechzig Jahre alt zu sein schien, woraus ich schließe, dass sie nicht alt werden, obgleich die Luft gesund sein sollte, weil den ganzen Sommer der Nordwind weht, welcher die Hitze mäßigt.
Von allen Inseln, die wir auf dieser Seite des Kanals passierten, ist allein Dahalac bewohnt. Die Sprache hier ist die der Hirten; die meisten Bewohner sprechen aber auch Arabisch. Von hier aus sahen wir auch die hohen Berge von Abessinien, die sich längs der Küste wie eine Mauer bis nach Suakin hinstrecken.
Wer die abessinische Seite des Kanals durchfahren will, tut gut daran, die Insel Dahalac an der Ostseite zu passieren oder sich wenigstens der letzten Insel, Wowcan, nicht mehr als zehn Seemeilen zu nähern. Besser ist es, sich ungefähr zwölf Seemeilen westwärts von Jebel Teir oder fast in der Mitte des Kanals zwischen diesem und der Insel zu halten. Dann ist man außer jeder Gefahr.
Als wir am 14. im Hafen von Dobelew ankamen sowie bei der Abfahrt am 17., lief die Flut wie das Wasser durch eine Schleuse, und wir fürchteten, obwohl wir unter vollen Segeln liefen, von unserem Kurs ab- und auf die