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selbst wenn sie ihn einen Gu­ten nen­nen, so wol­len sie ihn da­mit bei Sei­te brin­gen.

      Neu­es will der Edle schaf­fen und eine neue Tu­gend. Al­tes will der Gute, und dass Al­tes er­hal­ten blei­be.

      Aber nicht das ist die Ge­fahr des Ed­len, dass er ein Gu­ter wer­de, son­dern ein Fre­cher, ein Höh­nen­der, ein Ver­nich­ter.

      Ach, ich kann­te Edle, die ver­lo­ren ihre höchs­te Hoff­nung. Und nun ver­leum­de­ten sie alle ho­hen Hoff­nun­gen.

      Nun leb­ten sie frech in kur­z­en Lüs­ten, und über den Tag hin war­fen sie kaum noch Zie­le.

      »Geist ist auch Wol­lust« – so sag­ten sie. Da zer­bra­chen ih­rem Geis­te die Flü­gel: nun kriecht er her­um und be­schmutzt im Na­gen.

      Einst dach­ten sie Hel­den zu wer­den: Lüst­lin­ge sind es jetzt. Ein Gram und ein Grau­en ist ih­nen der Held.

      Aber bei mei­ner Lie­be und Hoff­nung be­schwö­re ich dich: wirf den Hel­den in dei­ner See­le nicht weg! Hal­te hei­lig dei­ne höchs­te Hoff­nung! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von den Predigern des Todes

      Es giebt Pre­di­ger des To­des: und die Erde ist voll von Sol­chen, de­nen Ab­kehr ge­pre­digt wer­den muss vom Le­ben.

      Voll ist die Erde von Über­flüs­si­gen, ver­dor­ben ist das Le­ben durch die Viel-zu-Vie­len. Möge man sich mit dem »ewi­gen Le­ben« aus die­sem Le­ben weg­lo­cken!

      »Gel­be«: so nennt man die Pre­di­ger des To­des, oder »Schwar­ze«. Aber ich will sie euch noch in an­dern Far­ben zei­gen.

      Da sind die Fürch­ter­li­chen, wel­che in sich das Raubt­hier her­um­tra­gen und kei­ne Wahl ha­ben, es sei denn Lüs­te oder Selbst­zer­flei­schung. Und auch ihre Lüs­te sind noch Selbst­zer­flei­schung.

      Sie sind noch nicht ein­mal Men­schen ge­wor­den, die­se Fürch­ter­li­chen: mö­gen sie Ab­kehr pre­di­gen vom Le­ben und sel­ber da­hin­fah­ren!

      Da sind die Schwind­süch­ti­gen der See­le: kaum sind sie ge­bo­ren, so fan­gen sie schon an zu ster­ben und seh­nen sich nach Leh­ren der Mü­dig­keit und Ent­sa­gung.

      Sie wol­len ger­ne todt sein, und wir soll­ten ih­ren Wil­len gut heis­sen! Hü­ten wir uns, die­se Tod­ten zu er­we­cken und die­se le­ben­di­gen Sär­ge zu ver­seh­ren!

      Ih­nen be­geg­net ein Kran­ker oder ein Greis oder ein Leich­nam; und gleich sa­gen sie »das Le­ben ist wi­der­legt!«

      Aber nur sie sind wi­der­legt und ihr Auge, wel­ches nur das Eine Ge­sicht sieht am Da­sein.

      Ein­gehüllt in di­cke Schwer­muth und be­gie­rig auf die klei­nen Zu­fäl­le, wel­che den Tod brin­gen: so war­ten sie und beis­sen die Zäh­ne auf ein­an­der.

      Oder aber: sie grei­fen nach Zucker­werk und spot­ten ih­rer Kin­de­rei da­bei: sie hän­gen an ih­rem Stroh­halm Le­ben und spot­ten, dass sie noch an ei­nem Stroh­halm hän­gen.

      Ihre Weis­heit lau­tet: »ein Thor, der le­ben bleibt, aber so sehr sind wir Tho­ren! Und das eben ist das Thö­richts­te am Le­ben!« –

      »Das Le­ben ist nur Lei­den« – so sa­gen And­re und lü­gen nicht: so sorgt doch, dass ih­r auf­hört! So sorgt doch, dass das Le­ben auf­hört, wel­ches nur Lei­den ist!

      Und also lau­te die Leh­re eu­rer Tu­gend »du sollst dich sel­ber töd­ten! Du sollst dich sel­ber da­v­on­steh­len!« –

      »Wol­lust ist Sün­de, – so sa­gen die Ei­nen, wel­che den Tod pre­di­gen – lasst uns bei Sei­te gehn und kei­ne Kin­der zeu­gen!«

      »Ge­bä­ren ist müh­sam, – sa­gen dich An­dern – wozu noch ge­bä­ren? Man ge­biert nur Un­glück­li­che!« Und auch sie sind Pre­di­ger des To­des.

      »Mit­leid thut noth – so sa­gen die Drit­ten. Nehmt hin, was ich habe! Nehmt hin, was ich bin! Um so we­ni­ger bin­det mich das Le­ben!«

      Wä­ren sie Mit­lei­di­ge von Grund aus, so wür­den sie ih­ren Nächs­ten das Le­ben ver­lei­den. Böse sein – das wäre ihre rech­te Güte.

      Aber sie wol­len los­kom­men vom Le­ben: was schiert es sie, dass sie And­re mit ih­ren Ket­ten und Ge­schen­ken noch fes­ter bin­den! –

      Und auch ihr, de­nen das Le­ben wil­de Ar­beit und Un­ru­he ist: seid ihr nicht sehr müde des Le­bens? Seid ihr nicht sehr reif für die Pre­digt des To­des?

      Ihr Alle, de­nen die wil­de Ar­beit lieb ist und das Schnel­le, Neue, Frem­de, – ihr er­tragt euch schlecht, euer Fleiss ist Flucht und Wil­le, sich sel­ber zu ver­ges­sen.

      Wenn ihr mehr an das Le­ben glaub­tet, wür­det ihr we­ni­ger euch dem Au­gen­bli­cke hin­wer­fen. Aber ihr habt zum War­ten nicht In­halt ge­nug in euch – und selbst zur Faul­heit nicht!

      Über­all er­tönt die Stim­me De­rer, wel­che den Tod pre­di­gen: und die Erde ist voll von Sol­chen, wel­chen der Tod ge­pre­digt wer­den muss.

      Oder »das ewi­ge Le­ben«: das gilt mir gleich, – wo­fern sie nur schnell da­hin­fah­ren!

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Krieg und Kriegsvolke

      Von un­sern bes­ten Fein­den wol­len wir nicht ge­schont sein, und auch von De­nen nicht, wel­che wir von Grund aus lie­ben. So lasst mich denn euch die Wahr­heit sa­gen!

      Mei­ne Brü­der im Krie­ge! Ich lie­be euch von Grund aus, ich bin und war Eu­res­glei­chen. Und ich bin auch euer bes­ter Feind. So lasst mich denn euch die Wahr­heit sa­gen!

      Ich weiss um den Hass und Neid eu­res Her­zens. Ihr seid nicht gross ge­nug, um Hass und Neid nicht zu ken­nen. So seid denn gross ge­nug, euch ih­rer nicht zu schä­men!

      Und wenn ihr nicht Hei­li­ge der Er­kennt­niss sein könnt, so seid mir we­nigs­tens de­ren Kriegs­män­ner. Das sind die Ge­fähr­ten und Vor­läu­fer sol­cher Hei­lig­keit.

      Ich sehe viel Sol­da­ten: möch­te ich viel Kriegs­män­ner sehn! »Ein-form« nennt man’s, was sie tra­gen: möge es nicht Ein-form sein, was sie da­mit ver­ste­cken!

      Ihr sollt mir Sol­che sein, de­ren Auge im­mer nach ei­nem Fein­de sucht – nach eu­rem Fein­de. Und bei Ei­ni­gen von euch giebt es einen Hass auf den ers­ten Blick.

      Eu­ren Feind sollt ihr su­chen, eu­ren Krieg sollt ihr füh­ren und für eure Ge­dan­ken! Und wenn euer Ge­dan­ke un­ter­liegt, so soll eure Red­lich­keit dar­über noch Tri­umph ru­fen!

      Ihr sollt den Frie­den lie­ben als Mit­tel zu neu­en Krie­gen. Und den kur­z­en Frie­den mehr, als den lan­gen.

      Euch rat­he ich nicht zur Ar­beit, son­dern zum Kamp­fe. Euch rat­he ich nicht zum Frie­den, son­dern zum Sie­ge. Eure Ar­beit sei ein Kampf, euer Frie­de sei ein Sieg!

      Man kann nur schwei­gen und still­sit­zen, wenn man Pfeil und Bo­gen hat: sonst schwätzt und zankt man. Euer Frie­de sei ein Sieg!

      Ihr sagt, die gute Sa­che sei es, die so­gar den Krieg hei­li­ge? Ich sage euch: der gute Krieg ist es, der jede Sa­che hei­ligt.

      Der Krieg und der Muth ha­ben mehr gros­se Din­ge gethan, als die Nächs­ten­lie­be. Nicht euer Mit­lei­den, son­dern eure Tap­fer­keit ret­te­te bis­her die Ve­r­un­glück­ten.