Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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ihr Schaf­fen­den! Schät­zen sel­ber ist al­ler ge­schätz­ten Din­ge Schatz und Klein­od.

      Durch das Schät­zen erst giebt es Werth: und ohne das Schät­zen wäre die Nuss des Da­seins hohl. Hört es, ihr Schaf­fen­den!

      Wan­del der Wert­he, – das ist Wan­del der Schaf­fen­den. Im­mer ver­nich­tet, wer ein Schöp­fer sein muss.

      Schaf­fen­de wa­ren erst Völ­ker und spät erst Ein­zel­ne; wahr­lich, der Ein­zel­ne sel­ber ist noch die jüngs­te Schöp­fung.

      Völ­ker häng­ten sich einst eine Ta­fel des Gu­ten über sich. Lie­be, die herr­schen will, und Lie­be, die ge­hor­chen will, er­schu­fen sich zu­sam­men sol­che Ta­feln.

      Äl­ter ist an der He­er­de die Lust, als die Lust am Ich: und so lan­ge das gute Ge­wis­sen He­er­de heisst, sagt nur das schlech­te Ge­wis­sen: Ich.

      Wahr­lich, das schlaue Ich, das lieb­lo­se, das sei­nen Nut­zen im Nut­zen Vie­ler will: das ist nicht der He­er­de Ur­sprung, son­dern ihr Un­ter­gang.

      Lie­ben­de wa­ren es stets und Schaf­fen­de, die schu­fen Gut und Böse. Feu­er der Lie­be glüht in al­ler Tu­gen­den Na­men und Feu­er des Zorns.

      Vie­le Län­der sah Za­ra­thustra und vie­le Völ­ker: kei­ne grös­se­re Macht fand Za­ra­thustra auf Er­den, als die Wer­ke der Lie­ben­den: »gut« und »böse« ist ihr Name.

      Wahr­lich, ein Un­get­hüm ist die Macht die­ses Lo­bens und Ta­delns. Sagt, wer be­zwingt es mir, ihr Brü­der? Sagt, wer wirft die­sem Thier die Fes­sel über die tau­send Na­cken?

      Tau­send Zie­le gab es bis­her, denn tau­send Völ­ker gab es. Nur die Fes­sel der tau­send Na­cken fehlt noch, es fehlt das Eine Ziel. Noch hat die Mensch­heit kein Ziel.

      Aber sagt mir doch, mei­ne Brü­der: wenn der Mensch­heit das Ziel noch fehlt, fehlt da nicht auch – sie sel­ber noch? –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von der Nächstenliebe

      Ihr drängt euch um den Nächs­ten und habt schö­ne Wor­te da­für. Aber ich sage euch: eure Nächs­ten­lie­be ist eure schlech­te Lie­be zu euch sel­ber.

      Ihr flüch­tet zum Nächs­ten vor euch sel­ber und möch­tet euch dar­aus eine Tu­gend ma­chen: aber ich durch­schaue euer »Selbst­lo­ses«.

      Das Du ist äl­ter als das Ich; das Du ist hei­lig ge­spro­chen, aber noch nicht das Ich: so drängt sich der Mensch hin zum Nächs­ten.

      Ra­the ich euch zur Nächs­ten­lie­be? Lie­ber noch rat­he ich euch zur Nächs­ten-Flucht und zur Ferns­ten-Lie­be!

      Hö­her als die Lie­be zum Nächs­ten ist die Lie­be zum Ferns­ten und Künf­ti­gen; hö­her noch als die Lie­be zu Men­schen ist die Lie­be zu Sa­chen und Ge­s­pens­tern.

      Diess Ge­s­penst, das vor dir her­läuft, mein Bru­der, ist schö­ner als du; warum giebst du ihm nicht dein Fleisch und dei­ne Kno­chen? Aber du fürch­test dich und läufst zu dei­nem Nächs­ten.

      Ihr hal­tet es mit euch sel­ber nicht aus und liebt euch nicht ge­nug: nun wollt ihr den Nächs­ten zur Lie­be ver­füh­ren und euch mit sei­nem Irr­thum ver­gol­den.

      Ich woll­te, ihr hiel­tet es nicht aus mit al­ler­lei Nächs­ten und de­ren Nach­barn; so müss­tet ihr aus euch sel­ber eu­ren Freund und sein über­wal­len­des Herz schaf­fen.

      Ihr la­det euch einen Zeu­gen ein, wenn ihr von euch gut re­den wollt; und wenn ihr ihn ver­führt habt, gut von euch zu den­ken, denkt ihr sel­ber gut von euch.

      Nicht nur Der lügt, wel­cher wi­der sein Wis­sen re­det, son­dern erst recht Der, wel­cher wi­der sein Nicht­wis­sen re­det. Und so re­det ihr von euch im Ver­keh­re und be­lügt mit euch den Nach­bar.

      Also spricht der Narr: »der Um­gang mit Men­schen verdirbt den Cha­rak­ter, son­der­lich wenn man kei­nen hat.«

      Der Eine geht zum Nächs­ten, weil er sich sucht, und der And­re, weil er sich ver­lie­ren möch­te. Eure schlech­te Lie­be zu euch sel­ber macht euch aus der Ein­sam­keit ein Ge­fäng­niss.

      Die Fer­ne­ren sind es, wel­che eure Lie­be zum Nächs­ten be­zah­len; und schon wenn ihr zu fün­fen mit ein­an­der seid, muss im­mer ein sechs­ter ster­ben.

      Ich lie­be auch eure Fes­te nicht: zu viel Schau­spie­ler fand ich da­bei, und auch die Zuschau­er ge­bär­de­ten sich oft gleich Schau­spie­lern.

      Nicht den Nächs­ten leh­re ich euch, son­dern den Freund. Der Freund sei euch das Fest der Erde und ein Vor­ge­fühl des Über­menschen.

      Ich leh­re euch den Freund und sein über­vol­les Herz. Aber man muss ver­stehn, ein Schwamm zu sein, wenn man von über­vol­len Her­zen ge­liebt sein will.

      Ich leh­re euch den Freund, in dem die Welt fer­tig da­steht, eine Scha­le des Gu­ten, – den schaf­fen­den Freund, der im­mer eine fer­ti­ge Welt zu ver­schen­ken hat.

      Und wie ihm die Welt aus­ein­an­der roll­te, so rollt sie ihm wie­der in Rin­gen zu­sam­men, als das Wer­den des Gu­ten durch das Böse, als das Wer­den der Zwe­cke aus dem Zu­fal­le.

      Die Zu­kunft und das Ferns­te sei dir die Ur­sa­che dei­nes Heu­te: in dei­nem Freun­de sollst du den Über­menschen als dei­ne Ur­sa­che lie­ben.

      Mei­ne Brü­der, zur Nächs­ten­lie­be rat­he ich euch nicht: ich rat­he euch zur Ferns­ten-Lie­be.

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Wege des Schaffenden

      Willst du, mein Bru­der, in die Ver­ein­sa­mung ge­hen? Willst du den Weg zu dir sel­ber su­chen? Zau­de­re noch ein We­nig und höre mich.

      »Wer sucht, der geht leicht sel­ber ver­lo­ren. Alle Ver­ein­sa­mung ist Schuld«: also spricht die He­er­de. Und du ge­hör­test lan­ge zur He­er­de.

      Die Stim­me der He­er­de wird auch in dir noch tö­nen. Und wenn du sa­gen wirst »ich habe nicht mehr Ein Ge­wis­sen mit euch«, so wird es eine Kla­ge und ein Schmerz sein.

      Sie­he, die­sen Schmerz sel­ber ge­bar noch das Eine Ge­wis­sen: und die­ses Ge­wis­sens letz­ter Schim­mer glüht noch auf dei­ner Trüb­sal.

      Aber du willst den Weg dei­ner Trüb­sal ge­hen, wel­ches ist der Weg zu dir sel­ber? So zei­ge mir dein Recht und dei­ne Kraft dazu!

      Bist du eine neue Kraft und ein neu­es Recht? Eine ers­te Be­we­gung? Ein aus sich rol­len­des Rad? Kannst du auch Ster­ne zwin­gen, dass sie um dich sich dre­hen?

      Ach, es giebt so viel Lüs­tern­heit nach Höhe! Es giebt so viel Krämp­fe der Ehr­gei­zi­gen! Zei­ge mir, dass du kei­ner der Lüs­ter­nen und Ehr­gei­zi­gen bist!

      Ach, es giebt so viel gros­se Ge­dan­ken, die thun nicht mehr als ein Bla­se­balg: sie bla­sen auf und ma­chen lee­rer.

      Frei nennst du dich? Dei­nen herr­schen­den Ge­dan­ken will ich hö­ren und nicht, dass du ei­nem Jo­che ent­ron­nen bist.

      Bist du ein Sol­cher, der ei­nem Jo­che ent­rin­nen durf­te ? Es giebt Man­chen, der sei­nen letz­ten Werth weg­warf, als er sei­ne Dienst­bar­keit weg­warf.

      Frei wo­von? Was schiert das Za­ra­thustra! Hell aber soll mir dein Auge kün­den: frei wo­zu ?

      Kannst du dir sel­ber dein Bö­ses und dein Gu­tes ge­ben und dei­nen Wil­len über