Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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sie Durst dir, dem Schaf­fen­den!

      Durst dem Schaf­fen­den, Pfeil und Sehn­sucht zum Über­menschen: sprich, mein Bru­der, ist diess dein Wil­le zur Ehe?

      Hei­lig heisst mir solch ein Wil­le und sol­che Ehe. –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom freien Tode

      Vie­le ster­ben zu spät, und Ei­ni­ge ster­ben zu früh. Noch klingt fremd die Leh­re: »stirb zur rech­ten Zeit!«

      Stirb zur rech­ten Zeit: also lehrt es Za­ra­thustra.

      Frei­lich, wer nie zur rech­ten Zeit lebt, wie soll­te der je zur rech­ten Zeit ster­ben? Möch­te er doch nie ge­bo­ren sein! – Also rat­he ich den Über­flüs­si­gen.

      Aber auch die Über­flüs­si­gen thun noch wich­tig mit ih­rem Ster­ben, und auch die hohls­te Nuss will noch ge­knackt sein.

      Wich­tig neh­men Alle das Ster­ben: aber noch ist der Tod kein Fest. Noch er­lern­ten die Men­schen nicht, wie man die schöns­ten Fes­te weiht.

      Den voll­brin­gen­den Tod zei­ge ich euch, der den Le­ben­den ein Sta­chel und ein Gelöb­niss wird.

      Sei­nen Tod stirbt der Voll­brin­gen­de, sieg­reich, um­ringt von Hof­fen­den und Ge­lo­ben­den.

      Also soll­te man ster­ben ler­nen; und es soll­te kein Fest ge­ben, wo ein sol­cher Ster­ben­der nicht der Le­ben­den Schwü­re weih­te!

      Also zu ster­ben ist das Bes­te; das Zwei­te aber ist: im Kamp­fe zu ster­ben und eine gros­se See­le zu ver­schwen­den.

      Aber dem Kämp­fen­den gleich ver­hasst wie dem Sie­ger ist euer grin­sen­der Tod, der her­an­schleicht wie ein Dieb – und doch als Herr kommt.

      Mei­nen Tod lobe ich euch, den frei­en Tod, der mir kommt, weil ich will.

      Und wann wer­de ich wol­len? – Wer ein Ziel hat und einen Er­ben, der will den Tod zur rech­ten Zeit für Ziel und Er­ben.

      Und aus Ehr­furcht vor Ziel und Er­ben wird er kei­ne dür­ren Krän­ze mehr im Hei­ligt­hum des Le­bens auf­hän­gen.

      Wahr­lich, nicht will ich den Seil­dre­hern glei­chen: sie zie­hen ih­ren Fa­den in die Län­ge und ge­hen da­bei sel­ber im­mer rück­wärts.

      Man­cher wird auch für sei­ne Wahr­hei­ten und Sie­ge zu alt; ein zahn­lo­ser Mund hat nicht mehr das Recht zu je­der Wahr­heit.

      Und Je­der, der Ruhm ha­ben will, muss sich bei Zei­ten von der Ehre ver­ab­schie­den und die schwe­re Kunst üben, zur rech­ten Zeit zu – gehn.

      Man muss auf­hö­ren, sich es­sen zu las­sen, wenn man am bes­ten schmeckt: das wis­sen Die, wel­che lan­ge ge­liebt wer­den wol­len.

      Sau­re Äp­fel giebt es frei­lich, de­ren Loos will, dass sie bis auf den letz­ten Tag des Herbs­tes war­ten: und zu­gleich wer­den sie reif, gelb und run­ze­lig.

      An­dern al­tert das Herz zu­erst und An­dern der Geist. Und Ei­ni­ge sind greis in der Ju­gend: aber spät jung er­hält lang jung.

      Man­chem miss­räth das Le­ben: ein Gift­wurm frisst sich ihm an’s Herz. So möge er zu­sehn, dass ihm das Ster­ben um so mehr ge­rat­he.

      Man­cher wird nie süss, er fault im Som­mer schon. Feig­heit ist es, die ihn an sei­nem Aste fest­hält.

      Viel zu Vie­le le­ben und viel zu lan­ge hän­gen sie an ih­ren Äs­ten. Möch­te ein Sturm kom­men, der all diess Fau­le und Wurm­fress­ne vom Bau­me schüt­telt!

      Möch­ten Pre­di­ger kom­men des schnel­len To­des ! Das wä­ren mir die rech­ten Stür­me und Schütt­ler an Le­bens­bäu­men Aber ich höre nur den lang­sa­men Tod pre­di­gen und Ge­duld mit al­lem »Ir­di­schen«.

      Ach, ihr pre­digt Ge­duld mit dem Ir­di­schen? Die­ses Ir­di­sche ist es, das zu viel Ge­duld mit euch hat, ihr Läs­ter­mäu­ler!

      Wahr­lich, zu früh starb je­ner He­brä­er, den die Pre­di­ger des lang­sa­men To­des eh­ren: und Vie­len ward es seit­dem zum Ver­häng­niss, dass er zu früh starb.

      Noch kann­te er nur Thrä­nen und die Schwer­muth des He­brä­ers, sammt dem Has­se der Gu­ten und Ge­rech­ten, – der He­brä­er Je­sus: da über­fiel ihn die Sehn­sucht zum Tode.

      Wäre er doch in der Wüs­te ge­blie­ben und fer­ne von den Gu­ten und Ge­rech­ten! Vi­el­leicht hät­te er le­ben ge­lernt und die Erde lie­ben ge­lernt – und das La­chen dazu!

      Glaubt es mir, mei­ne Brü­der! Er starb zu früh; er sel­ber hät­te sei­ne Leh­re wi­der­ru­fen, wäre er bis zu mei­nem Al­ter ge­kom­men! Edel ge­nug war er zum Wi­der­ru­fen!

      Aber un­ge­reift war er noch. Un­reif liebt der Jüng­ling und un­reif hasst er auch Mensch und Erde. An­ge­bun­den und schwer ist ihm noch Ge­müth und Geis­tes­flü­gel.

      Aber im Man­ne ist mehr Kind als im Jüng­lin­ge, und we­ni­ger Schwer­muth: bes­ser ver­steht er sich auf Tod und Le­ben.

      Frei zum Tode und frei im Tode, ein hei­li­ger Nein-sa­ger, wenn es nicht Zeit mehr ist zum Ja: also ver­steht er sich auf Tod und Le­ben.

      Dass euer Ster­ben kei­ne Läs­te­rung sei auf Mensch und Erde, mei­ne Freun­de: das er­bit­te ich mir von dem Ho­nig eu­rer See­le.

      In eu­rem Ster­ben soll noch euer Geist und eure Tu­gend glühn, gleich ei­nem Aben­d­roth um die Erde: oder aber das Ster­ben ist euch schlecht ge­rat­hen.

      Also will ich sel­ber ster­ben, dass ihr Freun­de um mei­net­wil­len die Erde mehr liebt; und zur Erde will ich wie­der wer­den, dass ich in Der Ruhe habe, die mich ge­bar.

      Wahr­lich, ein Ziel hat­te Za­ra­thustra, er warf sei­nen Ball: nun seid ihr Freun­de mei­nes Zie­les Erbe, euch wer­fe ich den gol­de­nen Ball zu.

      Lie­ber als Al­les sehe ich euch, mei­ne Freun­de, den gol­de­nen Ball wer­fen! Und so ver­zie­he ich noch ein We­nig auf Er­den: ver­zeiht es mir!

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von der schenkenden Tugend

      1

      Als Za­ra­thustra von der Stadt Ab­schied ge­nom­men hat­te, wel­cher sein Herz zu­gethan war und de­ren Name lau­tet: »die bun­te Kuh« – folg­ten ihm Vie­le, die sich sei­ne Jün­ger nann­ten und ga­ben ihm das Ge­leit. Also ka­men sie an einen Kreuz­weg: da sag­te ih­nen Za­ra­thustra, dass er nun­mehr al­lein ge­hen wol­le; denn er war ein Freund des Al­lein­ge­hens. Sei­ne Jün­ger aber reich­ten ihm zum Ab­schie­de einen Stab, an des­sen gold­nem Grif­fe sich eine Schlan­ge um die Son­ne rin­gel­te. Za­ra­thustra freu­te sich des Sta­bes und stütz­te sich dar­auf; dann sprach er also zu sei­nen Jün­gern.

      Sagt mir doch: wie kam Gold zum höchs­ten Wert­he? Da­rum, dass es un­ge­mein ist und un­nütz­lich und leuch­tend und mild im Glan­ze; es schenkt sich im­mer.

      Nur als Ab­bild der höchs­ten Tu­gend kam Gold zum höchs­ten Wert­he. Gold­gleich leuch­tet der Blick dem Schen­ken­den. Gol­des-Glanz schliesst Frie­de zwi­schen Mond und Son­ne.

      Un­ge­mein ist die höchs­te Tu­gend und un­nütz­lich, leuch­tend ist sie und mild im Glan­ze: eine schen­ken­de Tu­gend ist die höchs­te Tu­gend.

      Wahr­lich, ich er­rat­he euch wohl, mei­ne Jün­ger: ihr trach­tet, gleich mir, nach der schen­ken­den