bin Krankheit« – so redet die böse That; das ist ihre Ehrlichkeit.
Aber dem Pilze gleich ist der kleine Gedanke: er kriecht und duckt sich und will nirgendswo sein – bis der ganze Leib morsch und welk ist vor kleinen Pilzen.
Dem aber, der vom Teufel besessen ist, sage ich diess Wort in’s Ohr: »besser noch, du ziehest deinen Teufel gross! Auch für dich giebt es noch einen Weg der Grösse!« –
Ach, meine Brüder! Man weiss von Jedermann Etwas zu viel! Und Mancher wird uns durchsichtig, aber desshalb können wir noch lange nicht durch ihn hindurch.
Es ist schwer, mit Menschen zu leben, weil Schweigen so schwer ist.
Und nicht gegen Den, der uns zuwider ist, sind wir am unbilligsten, sondern gegen Den, welcher uns gar Nichts angeht.
Hast du aber einen leidenden Freund, so sei seinem Leiden eine Ruhestätte, doch gleichsam ein hartes Bett, ein Feldbett: so wirst du ihm am besten nützen.
Und thut dir ein Freund Übles, so sprich: »ich vergebe dir, was du mir thatest; dass du es aber dir thatest, – wie könnte ich das vergeben!«
Also redet alle grosse Liebe: die überwindet auch noch Vergebung und Mitleiden.
Man soll sein Herz festhalten; denn lässt man es gehn, wie bald geht Einem da der Kopf durch!
Ach, wo in der Welt geschahen grössere Thorheiten, als bei den Mitleidigen? Und was in der Welt stiftete mehr Leid, als die Thorheiten der Mitleidigen?
Wehe allen Liebenden, die nicht noch eine Höhe haben, welche über ihrem Mitleiden ist!
Also sprach der Teufel einst zu mir: »auch Gott hat seine Hölle: das ist seine Liebe zu den Menschen.«
Und jüngst hörte ich ihn diess Wort sagen: »Gott ist todt; an seinem Mitleiden mit den Menschen ist Gott gestorben.« –
So seid mir gewarnt vordem Mitleiden: daher kommt noch den Menschen eine schwere Wolke! Wahrlich, ich verstehe mich auf Wetterzeichen!
Merket aber auch diess Wort: alle grosse Liebe ist noch über all ihrem Mitleiden: denn sie will das Geliebte noch – schaffen!
»Mich selber bringe ich meiner Liebe dar, und meinen Nächsten gleich mir« – so geht die Rede allen Schaffenden.
Alle Schaffenden aber sind hart. –
Also sprach Zarathustra.
Von den Priestern
Und einstmals gab Zarathustra seinen Jüngern ein Zeichen und sprach diese Worte zu ihnen:
»Hier sind Priester: und wenn es auch meine Feinde sind, geht mir still an ihnen vorüber und mit schlafendem Schwerte!
Auch unter ihnen sind Helden; Viele von ihnen litten zuviel –: so wollen sie Andre leiden machen.
Böse Feinde sind sie: Nichts ist rachsüchtiger als ihre Demuth. Und leicht besudelt sich Der, welcher sie angreift.
Aber mein Blut ist mit dem ihren verwandt; und ich will mein Blut auch noch in dem ihren geehrt wissen.« –
Und als sie vorüber gegangen waren, fiel Zarathustra der Schmerz an; und nicht lange hatte er mit seinem Schmerze gerungen, da hub er also an zu reden:
Es jammert mich dieser Priester. Sie gehen mir auch wider den Geschmack; aber das ist mir das Geringste, seit ich unter Menschen bin.
Aber ich leide und litt mit ihnen: Gefangene sind es mir und Abgezeichnete. Der, welchen sie Erlöser nennen, schlug sie in Banden: –
In Banden falscher Werthe und Wahn-Worte! Ach dass Einer sie noch von ihrem Erlöser erlöste!
Auf einem Eilande glaubten sie einst zu landen, als das Meer sie herumriss; aber siehe, es war ein schlafendes Ungeheuer!
Falsche Werthe und Wahn-Worte: das sind die schlimmsten Ungeheuer für Sterbliche, – lange schläft und wartet in ihnen das Verhängniss.
Aber endlich kommt es und wacht und frisst und schlingt, was auf ihm sich Hütten baute.
Oh seht mir doch diese Hütten an, die sich diese Priester bauten! Kirchen heissen sie ihre süssduftenden Höhlen.
Oh über diess verfälschte Licht, diese versumpfte Luft! Hier, wo die Seele zu ihrer Höhe hinauf – nicht fliegen darf!
Sondern also gebietet ihr Glaube: »auf den Knien die Treppe hinan, ihr Sünder!«
Wahrlich, lieber sehe ich noch den Schamlosen, als die verrenkten Augen ihrer Scham und Andacht!
Wer schuf sich solche Höhlen und Buss-Treppen? Waren es nicht Solche, die sich verbergen wollten und sich vor dem reinen Himmel schämten?
Und erst wenn der reine Himmel wieder durch zerbrochne Decken blickt, und hinab auf Gras und rothen Mohn an zerbrochnen Mauern, – will ich den Stätten dieses Gottes wieder mein Herz zuwenden.
Sie nannten Gott, was ihnen widersprach und wehe that: und wahrlich, es war viel Helden-Art in ihrer Anbetung!
Und nicht anders wussten sie ihren Gott zu lieben, als indem sie den Menschen an’s Kreuz schlugen!
Als Leichname gedachten sie zu leben, schwarz schlugen sie ihren Leichnam aus; auch aus ihren Reden rieche ich noch die üble Würze von Todtenkammern.
Und wer ihnen nahe lebt, der lebt schwarzen Teichen nahe, aus denen heraus die Unke ihr Lied mit süssem Tiefsinne singt.
Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müssten mir seine jünger aussehen!
Nackt möchte ich sie sehn: denn allein die Schönheit sollte Busse predigen. Aber wen überredet wohl diese vermummte Trübsal!
Wahrlich, ihre Erlöser selber kamen nicht aus der Freiheit und der Freiheit siebentem Himmel! Wahrlich, sie selber wandelten niemals auf den Teppichen der Erkenntniss!
Aus Lücken bestand der Geist dieser Erlöser; aber in jede Lücke hatten sie ihren Wahn gestellt, ihren Lückenbüsser, den sie Gott nannten.
In ihrem Mitleiden war ihr Geist ertrunken, und wenn sie schwollen und überschwollen von Mitleiden, schwamm immer obenauf eine grosse Thorheit.
Eifrig trieben sie und mit Geschrei ihre Heerde über ihren Steg: wie als ob es zur Zukunft nur Einen Steg gäbe! Wahrlich, auch diese Hirten gehörten noch zu den Schafen!
Kleine Geister und umfängliche Seelen hatten diese Hirten: aber, meine Brüder, was für kleine Länder waren bisher auch die umfänglichsten Seelen!
Blutzeichen schrieben sie auf den Weg, den sie giengen, und ihre Thorheit lehrte, dass man mit Blut die Wahrheit beweise.
Aber