Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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      Das hei­li­ge Was­ser ha­ben sie ver­gif­tet mit ih­rer Lüs­tern­heit; und als sie ihre schmut­zi­gen Träu­me Lust nann­ten, ver­gif­te­ten sie auch noch die Wor­te.

      Un­wil­lig wird die Flam­me, wenn sie ihre feuch­ten Her­zen an’s Feu­er le­gen; der Geist sel­ber bro­delt und raucht, wo das Ge­sin­del an’s Feu­er tritt.

      Süss­lich und über­mür­be wird in ih­rer Hand die Frucht: wind­fäl­lig und wip­fel­dürr macht ihr Blick den Frucht­baum.

      Und Man­cher, der sich vom Le­ben ab­kehr­te, kehr­te sich nur vom Ge­sin­del ab: er woll­te nicht Brun­nen und Flam­me und Frucht mit dem Ge­sin­del thei­len.

      Und Man­cher, der in die Wüs­te gieng und mit Raubt­hie­ren Durst litt, woll­te nur nicht mit schmut­zi­gen Ka­meel­trei­bern um die Cis­ter­ne sit­zen.

      Und Man­cher, der wie ein Ver­nich­ter da­her kam und wie ein Ha­gel­schlag al­len Frucht­fel­dern, woll­te nur sei­nen Fuss dem Ge­sin­del in den Ra­chen set­zen und also sei­nen Sch­lund stop­fen.

      Und nicht das ist der Bis­sen, an dem ich am meis­ten würg­te, zu wis­sen, dass das Le­ben sel­ber Feind­schaft nö­thig hat und Ster­ben und Mar­ter­kreu­ze: –

      Son­dern ich frag­te einst und er­stick­te fast an mei­ner Fra­ge: wie? hat das Le­ben auch das Ge­sin­del nö­thig?

      Sind ver­gif­te­te Brun­nen nö­thig und stin­ken­de Feu­er und be­schmutz­te Träu­me und Ma­den im Le­bens­bro­de?

      Nicht mein Hass, son­dern mein Ekel frass mir hung­rig am Le­ben! Ach, des Geis­tes wur­de ich oft müde, als ich auch das Ge­sin­del geist­reich fand!

      Und den Herr­schen­den wandt’ich den Rücken, als ich sah, was sie jetzt Herr­schen nen­nen: scha­chern und mark­ten um Macht – mit dem Ge­sin­del!

      Un­ter Völ­kern wohn­te ich frem­der Zun­ge, mit ver­schlos­se­nen Ohren: dass mir ih­res Scha­cherns Zun­ge fremd blie­be und ihr Mark­ten um Macht.

      Und die Nase mir hal­tend, gieng ich un­muthig durch al­les Ges­tern und Heu­te: wahr­lich, übel riecht al­les Ges­tern und Heu­te nach dem schrei­ben­den Ge­sin­del!

      Ei­nem Krüp­pel gleich, der taub und blind und stumm wur­de: also leb­te ich lan­ge, dass ich nicht mit Macht- und Schreib- und Lust-Ge­sin­del leb­te.

      Müh­sam stieg mein Geist Trep­pen, und vor­sich­tig; Al­mo­sen der Lust wa­ren sein Lab­sal; am Sta­be schlich dem Blin­den das Le­ben.

      Was ge­sch­ah mir doch? Wie er­lös­te ich mich vom Ekel? Wer ver­jüng­te mein Auge? Wie er­flog ich die Höhe, wo kein Ge­sin­del mehr am Brun­nen sitzt?

      Schuf mein Ekel sel­ber mir Flü­gel und quel­le­nah­nen­de Kräf­te? Wahr­lich, in’s Höchs­te muss­te ich flie­gen, dass ich den Born der Lust wie­der­fän­de!

      Oh, ich fand ihn, mei­ne Brü­der! Hier im Höchs­ten quillt mir der Born der Lust! Und es giebt ein Le­ben, an dem kein Ge­sin­del mit trinkt!

      Fast zu hef­tig strömst du mir, Quell der Lust! Und oft leerst du den Be­cher wie­der, da­durch dass du ihn fül­len willst!

      Und noch muss ich ler­nen, be­schei­de­ner dir zu na­hen: all­zu­hef­tig strömt dir noch mein Herz ent­ge­gen: –

      Mein Herz, auf dem mein Som­mer brennt, der kur­ze, heis­se, schwer­müthi­ge, über­se­li­ge: wie ver­langt mein Som­mer-Herz nach dei­ner Küh­le!

      Vor­bei die zö­gern­de Trüb­sal mei­nes Früh­lings! Vor­über die Bos­heit mei­ner Schnee­flo­cken im Juni! Som­mer wur­de ich ganz und Som­mer-Mit­tag!

      Ein Som­mer im Höchs­ten mit kal­ten Quel­len und se­li­ger Stil­le: oh kommt, mei­ne Freun­de, dass die Stil­le noch se­li­ger wer­de! Denn diess ist uns­re Höhe und uns­re Hei­mat: zu hoch und steil woh­nen wir hier al­len Un­rei­nen und ih­rem Durs­te. Werft nur eure rei­nen Au­gen in den Born mei­ner Lust, ihr Freun­de! Wie soll­te er darob trü­be wer­den! Ent­ge­gen­la­chen soll er euch mit sei­ner Rein­heit.

      Auf dem Bau­me Zu­kunft bau­en wir un­ser Nest; Ad­ler sol­len uns Ein­sa­men Spei­se brin­gen in ih­ren Schnä­beln!

      Wahr­lich, kei­ne Spei­se, an der Unsau­be­re mit­es­sen dürf­ten! Feu­er wür­den sie zu fres­sen wäh­nen und sich die Mäu­ler ver­bren­nen!

      Wahr­lich, kei­ne Heim­stät­ten hal­ten wir hier be­reit für Unsau­be­re! Eis­höh­le wür­de ih­ren Lei­bern un­ser Glück heis­sen und ih­ren Geis­tern!

      Und wie star­ke Win­de wol­len wir über ih­nen le­ben, Nach­barn den Ad­lern, Nach­barn dem Schnee, Nach­barn der Son­ne: also le­ben star­ke Win­de.

      Und ei­nem Win­de gleich will ich einst noch zwi­schen sie bla­sen und mit mei­nem Geis­te ih­rem Geis­te den Athem neh­men: so will es mei­ne Zu­kunft.

      Wahr­lich, ein star­ker Wind ist Za­ra­thustra al­len Nie­de­run­gen; und sol­chen Rath räth er sei­nen Fein­den und Al­lem, was spuckt und speit: hü­tet euch ge­gen den Wind zu spei­en!"

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von den Taranteln

      Sie­he, das ist der Ta­ran­tel Höh­le! Willst du sie sel­ber sehn? Hier hängt ihr Netz: rüh­re dar­an, dass es er­zit­tert.

      Da kommt sie wil­lig: will­kom­men, Ta­ran­tel! Schwarz sitzt auf dei­nem Rücken dein Drei­eck und Wahr­zei­chen; und ich weiss auch, was in dei­ner See­le sitzt.

      Ra­che sitzt in dei­ner See­le: wo­hin du beis­sest, da wächst schwar­zer Schorf; mit Ra­che macht dein Gift die See­le dre­hend!

      Also rede ich zu euch im Gleich­niss, die ihr die See­len dre­hend macht, ihr Pre­di­ger der Gleich­heit! Ta­ran­teln seid ihr mir und ver­steck­te Rach­süch­ti­ge!

      Aber ich will eure Ver­ste­cke schon an’s Licht brin­gen: dar­um la­che ich euch in’s Ant­litz mein Ge­läch­ter der Höhe.

      Da­rum reis­se ich an eu­rem Net­ze, dass eure Wuth euch aus eu­rer Lü­gen-Höh­le lo­cke, und eure Ra­che her­vor­sprin­ge hin­ter eu­rem Wort »Ge­rech­tig­keit.«

      Denn dass der Mensch er­löst wer­de von der Ra­che: das ist mir die Brücke zur höchs­ten Hoff­nung und ein Re­gen­bo­gen nach lan­gen Un­wet­tern.

      Aber an­ders wol­len es frei­lich die Ta­ran­teln. »Das ge­ra­de heis­se uns Ge­rech­tig­keit, dass die Welt voll wer­de von den Un­wet­tern uns­rer Ra­che« – also re­den sie mit ein­an­der.

      »Ra­che wol­len wir üben und Be­schimp­fung an Al­len, die uns nicht gleich sind« – so ge­lo­ben sich die Ta­ran­tel-Her­zen.

      Und »Wil­le zur Gleich­heit« – das sel­ber soll für­der­hin der Name für Tu­gend wer­den; und ge­gen Al­les, was Macht hat, wol­len wir un­ser Ge­schrei er­he­ben!«

      Ihr Pre­di­ger der Gleich­heit, der Ty­ran­nen-Wahn­sinn der Ohn­macht schreit also aus euch nach »Gleich­heit«: eure heim­lichs­ten Ty­ran­nen-Ge­lüs­te ver­mum­men sich also in Tu­gend-Wor­te!

      Ver­gräm­ter Dün­kel, ver­hal­te­ner Neid, viel­leicht eu­rer Vä­ter Dün­kel und Neid: aus euch bricht’s als Flam­me her­aus und Wahn­sinn der Ra­che.

      Was der Va­ter schwieg, das kommt im Soh­ne zum Re­den; und oft fand ich den Sohn als des Va­ters ent­blöss­tes