Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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mir, Weib, dei­ne klei­ne Wahr­heit!« sag­te ich. Und also sprach das alte Weib­lein:

      »Du gehst zu Frau­en? Ver­giss die Peit­sche nicht!« –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Biss der Natter

      Ei­nes Ta­ges war Za­ra­thustra un­ter ei­nem Fei­gen­bau­me ein­ge­schla­fen, da es heiss war, und hat­te sei­ne Arme über das Ge­sicht ge­legt. Da kam eine Nat­ter und biss ihn in den Hals, so dass Za­ra­thustra vor Schmerz auf­schrie. Als er den Arm vom Ge­sicht ge­nom­men hat­te, sah er die Schlan­ge an: da er­kann­te sie die Au­gen Za­ra­thustra’s, wand sich un­ge­schickt und woll­te da­von. »Nicht doch, sprach Za­ra­thustra; noch nahmst du mei­nen Dank nicht an! Du weck­test mich zur Zeit, mein Weg ist noch lang.« »Dein Weg ist noch kurz, sag­te die Nat­ter trau­rig; mein Gift töd­tet.« Za­ra­thustra lä­chel­te. »Wann starb wohl je ein Dra­che am Gift ei­ner Schlan­ge? – sag­te er. Aber nimm dein Gift zu­rück! Du bist nicht reich ge­nug, es mir zu schen­ken.« Da fiel ihm die Nat­ter von Neu­em um den Hals und leck­te ihm sei­ne Wun­de.

      Als Za­ra­thustra diess ein­mal sei­nen Jün­gern er­zähl­te, frag­ten sie: »Und was, oh Za­ra­thustra, ist die Moral dei­ner Ge­schich­te?« Za­ra­thustra ant­wor­te­te dar­auf also:

      Den Ver­nich­ter der Moral heis­sen mich die Gu­ten und Ge­rech­ten: mei­ne Ge­schich­te ist un­mo­ra­lisch. –

      So ihr aber einen Feind habt, so ver­gel­tet ihm nicht Bö­ses mit Gu­tem: denn das wür­de be­schä­men. Son­dern be­weist, dass er euch et­was Gu­tes an­gethan hat.

      Und lie­ber zürnt noch, als dass ihr be­schämt! Und wenn euch ge­flucht wird, so ge­fällt es mir nicht, dass ihr dann seg­nen wollt. Lie­ber ein We­nig mit­flu­chen!

      Und ge­sch­ah euch ein gros­ses Un­recht, so thut mir ge­schwind fünf klei­ne dazu! Gräss­lich ist Der an­zu­sehn, den al­lein das Un­recht drückt.

      Wuss­tet ihr diess schon? Get­heil­tes Un­recht ist hal­b­es Recht. Und Der soll das Un­recht auf sich neh­men, der es tra­gen kann!

      Eine klei­ne Ra­che ist mensch­li­cher, als gar kei­ne Ra­che. Und wenn die Stra­fe nicht auch ein Recht und eine Ehre ist für den Über­tre­ten­den, so mag ich auch euer Stra­fen nicht.

      Vor­neh­mer ist’s, sich Un­recht zu ge­ben als Recht zu be­hal­ten, son­der­lich wenn man Recht hat. Nur muss man reich ge­nug dazu sein.

      Ich mag eure kal­te Ge­rech­tig­keit nicht; und aus dem Auge eu­rer Rich­ter blickt mir im­mer der Hen­ker und sein kal­tes Ei­sen.

      Sagt, wo fin­det sich die Ge­rech­tig­keit, wel­che Lie­be mit se­hen­den Au­gen ist?

      So er­fin­det mir doch die Lie­be, wel­che nicht nur alle Stra­fe, son­dern auch alle Schuld trägt!

      So er­fin­det mir doch die Ge­rech­tig­keit, die Je­den frei­spricht, aus­ge­nom­men den Rich­ten­den!

      Wollt ihr auch diess noch hö­ren? An Dem, der von Grund aus ge­recht sein will, wird auch noch die Lüge zur Men­schen-Freund­lich­keit.

      Aber wie woll­te ich ge­recht sein von Grund aus! Wie kann ich Je­dem das Sei­ne ge­ben! Diess sei mir ge­nug: ich gebe Je­dem das Mei­ne.

      End­lich, mei­ne Brü­der, hü­tet euch Un­recht zu thun al­len Ein­sied­lern! Wie könn­te ein Ein­sied­ler ver­ges­sen! Wie könn­te er ver­gel­ten!

      Wie ein tiefer Brun­nen ist ein Ein­sied­ler. Leicht ist es, einen Stein hin­ein­zu­wer­fen; sank er aber bis zum Grun­de, sagt, wer will ihn wie­der hin­aus­brin­gen?

      Hü­tet euch, den Ein­sied­ler zu be­lei­di­gen! Tha­tet ih­r’s aber, nun, so töd­tet ihn auch noch!

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von Kind und Ehe

      Ich habe eine Fra­ge für dich al­lein, mein Bru­der: wie ein Senk­blei wer­fe ich die­se Fra­ge in dei­ne See­le, dass ich wis­se, wie tief sie sei.

      Du bist jung und wün­schest dir Kind und Ehe. Aber ich fra­ge dich: bist du ein Mensch, der ein Kind sich wün­schen dar­f ?

      Bist du der Sieg­rei­che, der Selbst­be­zwin­ger, der Ge­bie­ter der Sin­ne, der Herr dei­ner Tu­gen­den? Also fra­ge ich dich.

      Oder re­det aus dei­nem Wun­sche das Thier und die No­th­durft? Oder Ver­ein­sa­mung? Oder Un­frie­de mit dir?

      Ich will, dass dein Sieg und dei­ne Frei­heit sich nach ei­nem Kin­de seh­ne. Le­ben­di­ge Denk­ma­le sollst du bau­en dei­nem Sie­ge und dei­ner Be­frei­ung.

      Über dich sollst du hin­aus­bau­en. Aber erst musst du mir sel­ber ge­baut sein, recht­wink­lig an Leib und See­le.

      Nicht nur fort sollst du dich pflan­zen, son­dern hin­auf! Dazu hel­fe dir der Gar­ten der Ehe!

      Ei­nen hö­he­ren Leib sollst du schaf­fen, eine ers­te Be­we­gung, ein aus sich rol­len­des Rad, – einen Schaf­fen­den sollst du schaf­fen.

      Ehe: so heis­se ich den Wil­len zu Zwei­en, das Eine zu schaf­fen, das mehr ist, als die es schu­fen. Ehr­furcht vor ein­an­der nen­ne ich Ehe als vor den Wol­len­den ei­nes sol­chen Wil­lens.

      Diess sei der Sinn und die Wahr­heit dei­ner Ehe. Aber Das, was die Viel-zu-Vie­len Ehe nen­nen, die­se Über­flüs­si­gen, – ach, wie nen­ne ich das?

      Ach, die­se Ar­muth der See­le zu Zwei­en! Ach, die­ser Schmutz der See­le zu Zwei­en! Ach diess er­bärm­li­che Be­ha­gen zu Zwei­en!

      Ehe nen­nen sie diess Al­les; und sie sa­gen, ihre Ehen sei­en im Him­mel ge­schlos­sen.

      Nun, ich mag ihn nicht, die­sen Him­mel der Über­flüs­si­gen! Nein, ich mag sie nicht, die­se im himm­li­schen Netz ver­schlun­ge­nen Thie­re!

      Fer­ne blei­be mir auch der Gott, der her­an­hinkt, zu seg­nen, was er nicht zu­sam­men­füg­te!

      Lacht mir nicht über sol­che Ehen! Wel­ches Kind hät­te nicht Grund, über sei­ne El­tern zu wei­nen?

      Wür­dig schi­en mir die­ser Mann und reif für den Sinn der Erde: aber als ich sein Weib sah, schi­en mir die Erde ein Haus für Un­sin­ni­ge.

      Ja, ich woll­te, dass die Erde in Krämp­fen beb­te, wenn sich ein Hei­li­ger und eine Gans mit ein­an­der paa­ren.

      Die­ser gieng wie ein Held auf Wahr­hei­ten aus und end­lich er­beu­te­te er sich eine klei­ne ge­putz­te Lüge. Sei­ne Ehe nennt er’s.

      Je­ner war sprö­de im Ver­keh­re und wähl­te wäh­le­risch. Aber mit Ei­nem Male verd­arb er für alle Male sei­ne Ge­sell­schaft: sei­ne Ehe nennt er’s.

      Je­ner such­te eine Magd mit den Tu­gen­den ei­nes En­gels. Aber mit Ei­nem Male wur­de er die Magd ei­nes Wei­bes, und nun thä­te es Noth, dass er dar­über noch zum En­gel wer­de.

      Sorg­sam fand ich jetzt alle Käu­fer, und Alle ha­ben lis­ti­ge Au­gen. Aber sei­ne Frau kauft auch der Lis­tigs­te noch im Sack.

      Vie­le kur­ze Thor­hei­ten – das heisst bei euch Lie­be. Und eure Ehe macht vie­len kur­z­er Thor­hei­ten ein Ende, als Eine lan­ge Dumm­heit.

      Eure Lie­be zum Wei­be und des Wei­bes Lie­be zum Man­ne: ach, möch­te sie doch Mit­lei­den sein mit lei­den­den und ver­hüll­ten Göt­tern! Aber zu­meist er­rat­hen zwei Thie­re