Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum: Jahrgang 1900


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28. August 1568 gedichtet, also muß die Arbeit in Aldersbach in den vorgenannten beiden Jahren vor sich gegangen sein.

      In die sechziger und siebziger Jahre fallen auch eine Anzahl von Bildern des Meisters, die von seiner Kunst fast allein mehr Zeugnis geben und die sich in dem Vorstandszimmer der Hauptschützengesellschaft Nürnberg befinden.

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       GRÖSSERE ANSICHT

      Abb. 1. Die ältesten Porträts der Nürnberger Schützenmeister im Schießhaus

       zu Forsthof in Nürnberg. Erste bis dritte Reihe.

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       GRÖSSERE ANSICHT

      Abb. 2. Die ältesten Porträts der Nürnberger Schützenmeister im Schießhaus

       zu Forsthof in Nürnberg. Vierte bis sechste Reihe.

      Dort sind die Schützenmeisterbilder seit den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts bis zum heutigen Tag aufbewahrt. Unter den sechs ältesten Reihen nun, auf die zum erstenmal in der Festzeitung zum XII. deutschen Bundesschießen in Nürnberg im Jahre 1897 von Dr. Reicke[8] hingewiesen wurde, befinden sich eine größere Anzahl Herneisen’scher Bilder. Die sechs Reihen, die im Laufe der Jahrhunderte und insbesondere wohl bei der Übertragung vom alten Schießhaus in St. Johannis in das jetzige zu Forsthof in Unordnung gekommen sind, vielleicht auch das eine oder andere Stück verloren haben mögen, enthalten vierzehn mit dem Monogramm bezeichnete Porträts von Andreas Herneisen unter einer Gesamtzahl von 42 Stück. Die beiden beigegebenen Abbildungen 1 und 2[9] geben dieselben wieder, ohne freilich eine genauere kritische Würdigung zuzulassen. Die monogrammirten Stücke sind in Abbildung 1: das vierte der ersten Reihe (immer von links nach rechts gerechnet) Endres Deucher, 2) das dritte (Albrecht Welcker), 3) das vierte (Hans Trebing, Bader zu Wöhrd), 4) das fünfte (Martin Pfeiffer Sporer), der zweiten Reihe, 5) das erste (Hans Koch), 6) das dritte (Joerg Lang), 7) das vierte (Peter Frischeisen), 8) das sechste (Hanns Ziegler) der dritten Reihe, in Abbildung 2: 9) das zweite (Steffan Bon), 10) das dritte (Franz Reder); 11) das vierte (Jacob Koch), der ersten, 12) das zweite (Johan Ettwiller), 13) das vierte (Hans Wynderlin), 14) das fünfte (Mertty Hoffmann) der zweiten Reihe. Mit diesen bezeichneten Bildern dürfte aber die Thätigkeit Herneisens für diesen Zweck nicht erschöpft sein; ja es ist nicht einmal der Gedanke ganz von der Hand zu weisen, daß von den 42 Bildern 41 (das letzte von 1615 kann natürlich nicht von ihm sein) von Herneisen gemalt sind, wiewohl es nicht ganz wahrscheinlich ist. Mit Rücksicht auf Manier, Auffassung und Technik möchte ich noch das zweite Bild (Jörg Schwertfeger) der ersten Reihe, die vier übrigen der zweiten Reihe (Hans Schneider, Büchsenfasser, Bernhard Hainla, Sebastian Seufferbelt, Martin Lang), das fünfte und siebente der dritten Reihe (Niclas Mengel und Hans Lutz) in Abbildung 1, das sechste und siebente der ersten Reihe (Istrom Lindelbach und Martin Baumgartner), das sechste der zweiten (Sewald Wissenhauer) und das zweite und dritte der dritten Reihe in Abbildung 2 (Madeis Flaischer und Baltasser Rinder) ihm zuweisen.

      Der Umstand, daß er in der urkundlich beglaubigten Zeit seines Würzburger Aufenthalts (1578–87) einige bezeichnete Bilder hierher malte, erlaubt, ihm auch andere nicht bezeichnete aus dieser Zeit zuzuschreiben. In Anbetracht der kleinbürgerlichen Verhältnisse, in welchen wir uns die hier Dargestellten ausschließlich lebend zu denken haben, und welche schwerlich zu besonders hohen Aufwendungen für ein Porträt verleiten und daher auch den Künstler kaum zur Anwendung seines höchsten Könnens anstacheln mochten, können wir uns aus den kleinen Bildern (sie sind gleichmäßig 29 cm. hoch und 26,5 cm. breit und auf Tannen- oder Fichtenholz gemalt), immerhin eine Vorstellung von Herneisens künstlerischen Qualitäten machen. Darin, daß er seine Halbfiguren stets vor eine hell gehaltene, ideale Landschaft setzt, bewährt er sich als konservativen Nachfolger der Sitten der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Seine Malweise ist eine flotte, freie und sichere; kräftige Farbenkontraste, wie sie ja das dargestellte Kostüm mit sich brachte, liebt er; das Ganze ist stets hell gestimmt. Ob die steife und etwas eintönige Haltung der Dargestellten mehr auf Rechnung derselben, oder des Malers kommt, mag dahingestellt sein; immerhin geben sie ein sehr anschauliches Bild des zu höherem Selbstbewußtsein erwachenden Bürger- und Handwerkertums. Die landschaftlichen Hintergründe sind ziemlich schematisch gehalten, und flüchtig gemalt. Überraschend wirkt die Sicherheit, mit der die recht plastisch durchmodellierten Figuren vor die Luftperspektive gesetzt sind. Die Figuren selbst verraten flotte, rasche Ausführung, leichte und sichere Pinselführung. Der Porträtähnlichkeit ist offenbar große Sorgfalt zugewendet, und das Charakteristische in allen Äußerlichkeiten trefflich erfaßt; geistige Vertiefung kann man bei dem Vorwurf ja kaum erwarten. So viel kann man ruhig behaupten, der Mann hatte eine recht achtbare Routine; daß sie gar zu sehr nach Handwerk schmeckt, lag vielleicht mehr an den umgebenden Verhältnissen als an ihm selbst. Eines läßt sich auch beobachten, daß Herneisen mit den Jahren zu immer größerer Sicherheit sich durcharbeitete. Ein Vergleich der früheren und späteren Arbeiten läßt dies erkennen. Von den datierten Arbeiten ist das früheste von 1565, das späteste von 1582.

      Von einigen weiteren Arbeiten berichtet Nagler in den Monogrammisten. Daß das mit dem Monogramm 672[10] bezeichnete radierte Blatt, das mir nicht vorliegt und eine weibliche Büste mit groteskem Kopfputze darstellen soll, ein Herneisen’sches Werk ist, muß mindestens als recht zweifelhaft angesehen werden. Auch über die andere Notiz Naglers[11] ein bezeichnetes Bild von 1571 betreffend, kann hier bloß referiert werden. Es soll die Leidensgeschichte Christi behandelt und darin noch ein Nachklang der Dürer’schen Schule ersichtlich, die Färbung aber nicht angenehm, ins Dunkle gehend, sein.

      Abb. 3. Bildnis des Hans Sachs von Andreas Herneisen.

       In der Galerie Weber zu Hamburg.

      Am bekanntesten sind von Herneisen jedoch die verschiedenen Hans Sachs-Porträts geworden. Das eine derselben, von dem wir vorstehend eine Nachbildung, und zwar zum erstenmale geben, befindet sich in der bekannten Sammlung Weber in Hamburg, deren Besitzer, Herr Konsul Weber, uns in liebenswürdiger Weise eine vortreffliche Photographie zur Verfügung stellte. Es ist ein Brustbild des einundachtzigjährigen Hans Sachs ohne Hände, nach rechts gewandt, auf rotem Grunde[12]. Der greise Dichter mit graublauen Augen, spärlichem, weißem Haupthaar und Vollbart, und weißen Augenbrauen, trägt eine graue, mit schwarzem Pelz besetzte Schaube über rotem Rock mit weißer kurzer Halskrause. Die Bezeichnung oben in der Mitte befindet sich innerhalb der Jahrzahl 1576. Das Bild ist auf Tannenholz gemalt, 49,5 cm. hoch und 38 cm. breit. In die Sammlung Weber gelangte es aus der Auktion Arnstein in Berlin 1890, nachdem es sich um die Mitte des Jahrhunderts im Besitz des Ministers von Nagler befunden hatte. Es ist das Vorbild der meisten uns bekannten Hans Sachsbildnisse gewesen. Ohne die künstlerische Bedeutung des Bildes zu überschätzen, darf man wohl behaupten, daß es mit einfachen Mitteln eine starke, naturalistische Wirkung erreicht. Die Greisenhaftigkeit des Dargestellten ist mit außerordentlicher Wahrheit wiedergegeben. Der Einzeldruck mit dem oben des öfteren angezogenen Gedicht »Ein gesprech, darin der dichter dem gefeierten abt zu allerspach etc.«, enthält die Radierung (Stich) des Jost Aman (?)[13] und an den 1568 gemachten Spruch anschließend, beziehungsweise ihn verwendend, die Danksagung des Herneisen für das geschenkte Valete für den Abt, sowie die genauen Daten über das Bild in den unten stehenden Versen. Daß sie von Hans Sachs selbst kurz vor seinem Tode noch verfaßt, ist wohl nicht anzunehmen, vielleicht hat einer der Freunde aus der Nürnberger Singschule dem Maler ausgeholfen, wenn dieser nicht gar selbst in diesem Fall den etwas flügellahmen Pegasus bestiegen hat. Der Maler schreibt:

      Und ich, Endres Herneisen, hab

      Mit danckbarm gmüt für solche gab

      Obgmelten Herrn Hans Sachsen alt,

      So vil mir müglich, sein gestalt

      Abconterfeit, da er alt war

      Zwey monat vnd 81. Jar

      Bracht jms zum newen Jar zur schenck