Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum: Jahrgang 1900
vil leut auch in nah vnd ferrn
Verlangt zu sehen diesen Herrn
Vnd nit zu jm können kommen
Hab ich zu ehrn disem frommen
Mein willig dienst auch darzu than
Vnd in im Truck lassen ausgan,
Weil er selbst sagt an seim Siechbet,
Das jm das Bild gleich sehen thet.
Später sagt er:
Vnd dises Gmehl vollendet wurdt
Nach vnsers Herrn Christi geburt
Da man zelt tausend fünff hundert Jar
Vnd sechs vnd sibentzig fürwar,
Am newen Jars abent genendt.
Gott verleih jm ein seligs end
Vnd ein freudenreiche vrstend.
Es mag bemerkt werden, daß von den anläßlich des Todes nach Herneisens Gemälde angefertigten, gestochenen und geschnittenen Nachbildungen, so weit mir das Material vorliegt, sich gerade diejenige Ammans am wenigsten treu an das Vorbild hält, obwohl dasselbe angeführt wird. Die betreffenden Verse lauten:
Zwei monat ein vnd achzig jar alt
War ich Hans Sachs in der gestalt
Von Endres Herneisen abgemalt u. s. w.
Es ist nach genauer Kenntnis des vorbeschriebenen Bildes jetzt auch sicher anzunehmen, daß Herneisens Bild das Vorbild für die anläßlich der Vierhundertjahresfeier bekannt gewordenen Hans Sachsmedaille in München ist.
Herneisen hat den greisen Dichter und sich selbst nur noch in einem Genrebild verewigt, das ebenfalls seit längerer Zeit bekannt, doch erst in den letzten Jahren bei dem Hans Sachsjubiläum die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich zog und bei dieser Gelegenheit auch abgebildet wurde[14]. Die genaue Beschreibung des Bildes mag hier im Wesentlichen nach O. v. Heinemann[15] folgen: Das Bild, schon seit längerer, aber nicht näher zu bestimmender Zeit im Besitz der Wolfenbütteler Bibliothek, ist auf Holz gemalt, 54 cm. breit und 47 cm. hoch. Der Maler hat sich darauf selbst dargestellt, wie er beschäftigt ist, den ihm gegenübersitzenden Dichter möglichst naturgetreu auf die Tafel zu bringen. Hans Sachs sitzt links von dem Beschauer, in grauem, pelzverbrämten Hausrock, mit weißen Ärmeln und weißer Halskrause, an einem Schreibtische, die Feder in der Hand, aber er schreibt nicht, sondern er wendet das nach vorn gehaltene Gesicht mit dem spärlichen weißen Haupthaar, und dem langen, weißen, unten spitz zulaufenden Bart zu zwei Dritteln dem Beschauer zu. Auf dem Tische, der das Schreibpult trägt, steht ein Tintenfaß mit eingetauchter Feder, links davon liegt ein aufgeschlagenes Buch, rechts ein Papierblatt, auf dem geschrieben steht: »Zway monat 81 iar wardt ich Hans Sachs in diser Gestalt Von Endres Herneisen abgemalt.« An dem Pult aber, an dem sich der Dichter anschickt zu schreiben, spaziert mit erhobenem Schwanz ein graues Kätzchen einher. Die Schrifttafel unterhalb des Tisches bezieht sich auf dieses Kätzlein, und dieses hat wohl auch teilweise den Anlaß zur Fertigung gegeben. Die anziehende Erläuterung des Spruches gibt O. von Heinemann in dem erwähnten Aufsatz.
Da mir nur eine nicht genügende Photographie des Bildes vorliegt, ist die künstlerische Qualität desselben schwer zu beurteilen. Mit Ausnahme vielleicht des Kopfes von Herneisen ist sie aber entschieden schwächer als das Webersche Hans Sachsbild und die Bildnisse der Schützenmeister. Bedenken, die wegen des Kostüms des Malers aufgetaucht sind, als ob es mehr der Mode des beginnenden 17. Jahrhunderts angehöre, und hier eine spätere Fälschung vorliege, vermag ich nicht zu teilen. Ein Vergleich mit den Kostümen der Schützenmeister ergibt die Echtheit. Trotzdem wäre es möglich, daß die nicht durch ihre Ausführung, aber ihrem Inhalt nach verschiedenen Seiten hochinteressante Genrescene erst beträchtliche Zeit nach dem Tod des Hans Sachs entstanden wäre, und zwar aus Eitelkeit des Künstlers, der sein nahes Verhältnis zum Dichter seinen Zeitgenossen gewiß recht eindringlich vor Augen führen wollte, oder aus wirklicher Anhänglichkeit an den Verstorbenen. Für die spätere Anfertigung spricht die offenbar aus dem Gedächtnis nur ganz andeutungsweise gegebene Lokalität. Bezüglich der Jahrzahl ist zu bemerken, daß Heinemann wohl sicher irrt, wenn er 1574 liest. Auf der Photographie ist die Zahl nicht zu erkennen.
1578 siedelte Herneisen nach Würzburg über, wie schon oben kurz erwähnt wurde. Über seinen dortigen Aufenthalt berichtet Becker einmal aus dem seit dieser Zeit in den Besitz des Germanischen Museums übergegangenen Würzburger Malerverzeichnis, daß er 1578 in die dortige Lucasgilde aufgenommen worden sei[16], dann, daß ihm im Jahr 1580 vom Domkapitel zu Würzburg die Ausmalung der Decken des dortigen Doms um 700 fl., 5 Malter Korn und drei Eimer Wein verdungen worden sei[17]. Seine Arbeiten haben im vorigen Jahrhundert der jetzigen Dekoration weichen müssen.
Aus den Ratsverlässen geht hervor, daß er ursprünglich nur auf zwei Jahre nach Würzburg gehen wollte, unaufgesagt seines Bürgerrechts. Er scheint aber bald einen günstigen Boden für seine Thätigkeit gefunden zu haben, denn 1579, am 22. Mai, gibt er das Nürnberger Bürgerrecht auf, um erst 1587 nach Nürnberg zurückzukehren.
Ob seine Thätigkeit dort keine Aufgaben mehr fand, oder ob nur der ihm in Aussicht gestellte Auftrag, ihm die Neubemalung und Vergoldung des schönen Brunnens, der damals einer gründlichen Erneuerung unterzogen wurde[18], zu übertragen, seine Rückkehr, die eine definitive sein sollte, bewirkten, wissen wir nicht. Über diesen Auftrag sind wir in der Lage, aus der Literatur, den Ratsverlässen, und vor allem aus einer Anzahl Briefe Herneisens, die diese Angelegenheit betreffen, und bei einem Akt mit Rechnungen etc., über die Instandsetzung des schönen Brunnens, im gedachten Jahr im Nürnberger Stadtarchiv sich erhalten haben, ganz genauen Bericht geben zu können. Mögen die künstlerischen Qualitäten Herneisens auch keine übermäßigen sein, so daß seine Gestalt nur durch die Personen und Denkmale, an die seine Thätigkeit sich knüpft, in erster Linie interessiert, so glauben wir doch, die sechs Schreiben Herneisens hier in extenso und in diplomatischer Treue[19] folgen lassen zu sollen. Einmal, weil sie in das deutsche künstlerisch-handwerkliche Treiben, den Ton und die Bildungsstufe der damaligen Handwerker-Künstler, über das ganze Milieu von Auftraggeber und Künstler, über technische und wirtschaftliche Fragen des Künstlerlebens erwünschten Aufschluß geben, dann, weil sie uns das Denken und Fühlen eines biederen, warmherzigen Menschen von kerndeutscher Art kennen lernen lassen, also als kulturgeschichtliche und menschliche Dokumente Wert und Anziehendes genug haben. Die Briefe sind nicht datiert und bis auf einen von der Hand des Malers selbst. Der erste ist an den Rat von Nürnberg gerichtet und lautet:
Erveste Erbare wolweiße günstige herrn. Dieweil mir von einem erbarn Rath alhie fürkomen, so ich meiner gelegenheitt nach möchte mich wiederumb hieher in nürmberg Begeben, so woltten ir ernvest mir den schonen Brunen zu mallen vnd vergülden verleihen; darin dan der Ernvest Herr Jeronimus Holzschuher vertraulich mitt mir davon gehandeltt vnd an mich begertt meinen vberschlag zu thon, welches ich mich dan ganz vnderthenig Erbern (?) nach meinem geringen verstandt dasselbig E. Ernvest hiermitt vermelde vnd ist gewiss so ich es bei einem gülden konndte erraten oder treffen damitt E. E. vest nit vbernomen vnd ich Bei gebürlicher besoldung bleiben kondte, warlichen thun wolte, die weil aber dises ein gefehrliche arweitt, sonderlich dass golt aufs sich tregt, habe ich Erstlich Bey mir weniger nicht vberschlagen konden[20], dan 1500 fl., die weil aber es gemelter herr Holtzschuher Baumeister mir angezeigt, es werde ein rath nitt gesinett so vill goltes wie zuvor[21] daran zu hengen, welchs dan meiner meinung auch nicht zu wider vnd etwass zirlicher sthen würde, dass ander mit allerley merllen[22] von schönem glantz aussgefasst[23]; damit da der staub sich darauss gesamelt durch den regen mo(c)ht wider abschissen vnd abgewaschen werden. vnd damitt E. Ervest wissen mogen, wass er auf das negst Costen würdt allen vncosten dazu zu legen von goltt vnd oll farben, wills auch mit gott bezeugen der sachen so vil mir muglich recht zu thun, so wird es Bei den dreizehen hundert gulden bleiben muessen ausserhalben des gegitters, so diser zeitt noch nitt gantz fertig, auch nicht davon zu fodern ist. daneben denutig[24] gebetten, da ich E. E. vest solches werck gantz verfertigett, auch gefallen davon hette, ich aber dessen Schadens oder mer dan ich verhofft, darauff lauffen würdt vnd bei verstendigen solches gespürtt, meine heren würden mich desshalben ergotzen[25]. welches ich