nach „dem Wurf“: Gleich auf den Grill damit!
Der kleine Specknacken hatte beim Rausklettern Mutters Steiß angebrochen. Fast zwei Jahre konnte meine arme Mutter nicht richtig sitzen. Immer nur mit Schmerzen. Aua!
Es sollte noch schlimmer kommen. Die Nachgeburt kam nicht richtig raus. Soll heißen, etwas blieb drin in meiner Mutter. Wie wird die Nachgeburt gemessen? In Zentimetern, Litern oder Tonnen? Jedenfalls löste diese weitere Misere eine Kettenreaktion an schlimmen Symptomen in meiner Mutter aus.
Fieberschübe, Eiter in den Brüsten, an den Finger- und Zehennägeln. Ein Arzt operierte die Brust meine Mutter zuhause im Bett. Was damals alles noch möglich war?
Der Rücken tat ihr weh. Man nahm sogar an, dass eine Lungenentzündung der Verursacher war. Das war aber falscher Alarm.
Durch die Verunreinigung von Eiter und Entzündungen, konnte mich meine Mutter nicht stillen. Ich war dazu verdonnert worden, ein Flaschenkind zu werden. Ich habe aber nie an der Flasche gehangen. So alkoholtechnisch, meine ich.
Ich habe nie an Mutters Brust gesaugt. Heul... Schluchz... Schnief... Vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich noch heute auf dicke Titten abfahre und sie einfach geil finde. Wahrscheinlich, weil ich als Baby nicht an Brüste rangekommen bin. Ich schaue mir die dicken Dinger gerne an, was einige meiner schwulen Freunde irritiert.
Ich soll 56 cm gemessen und durch die Übertragung ganz verschrumpelte Finger gehabt haben. Irgendjemand muss sie wohl danach wieder glattgezogen haben. In meiner Kindheit waren sie nicht mehr schrumpelig, höchstens nach dem Baden oder Schwimmen. Und nun bin ich schon in dem Alter, in der die Haut wieder schrumpelig wird. Was für ein Scheiß!
Ich hatte schwarzes volles Haar von Anfang an. Ich fing also nicht mit einer Glatze an, sondern eher mit einer Mähne. Wie ein kleines Teufelchen, beschrieben in dem Roman „Rosemaries Baby“. Aber das Zeichen, die 6 6 6 aus dem Film „Das Omen“ sucht man in meinem Haaransatz vergeblich. Dafür begann die Glatzenbildung schon mit 28 Jahren.
Jetzt hatte mein Vater den ersehnten Stammhalter. Denkste! Ich halte lieber selber „sehnige Stämme“ in Händen, als den Familiennamen an Enkel und Urenkel weiterzugeben. Ein Schuss in den Ofen sozusagen. Alles umsonst. Aber das sollte alles erst viel später Thema werden.
Jetzt hieß es erst Mal viel saufen, aus der Flasche, essen und wachsen und ordentlich die Windeln vollscheißen. Die waren 1963 noch aus Stoff und wurden nicht einfach so weggeschmissen. Die wurden gewaschen und wiederbenutzt. Wieviel Scheiß die Mütter damals aushalten mussten!? Ausgekocht und gewaschen und gekocht und gewaschen... denn die Pampers kamen erst 1973 nach Deutschland, da war ich dann schon raus aus der größten Scheiße.
In unserer Waschküche stand noch ein alter Waschzuber, der mit Kohle geheizt wurde, und darin wurde Wäsche gewaschen. Das alte Wasch- oder Rubbelbrett habe ich heute noch als Andenken an diese Zeiten in meiner Wohnung stehen.
Kapitel 2: Aua, Masern!
1967 war ich vier Jahre alt und bekam die Masern. Woher kamen die „Biester“? Also, aus dem Kindergarten hatte ich sie nicht. Ich war nur drei Wochen im Kindergarten. Ich wollte nicht eingesperrt sein und rebellierte. Ich wehrte mich, doch meine Mutter meinte ich müsse und schleppte mich wortwörtlich hinter sich her zum Kindergarten. Nach drei Wochen hatte auch meine Mutter die Schnauze voll von dem täglichen Zieh- und Schlepp-Theater und ich brauchte nicht mehr in den mir verhassten Kinderknast.
Ich denke mal, die Masern kamen von meinen Schwestern. Sie hatten sie aus der Schule mitgebracht und dann ging es bei uns zuhause rund. Natürlich steckten wir uns alle drei nacheinander und voneinander an.
Was war das für ein Mist? Unsere Körperchen randvoll mit Hitze vom Fieber. Wir mussten im Bett liegen und fühlten uns schlecht und matt und waren zu überhaupt nichts zu gebrauchen. Wir lagen in unserem durch Holzjalousien abgedunkelten Kinderzimmer, weil die Augen so lichtempfindlich waren und vegetierten den lieben langen Tag qualvoll vor uns hin. Drei Blagen im Halbdunkel. Von der Außenwelt abgeschnitten. In unserem gemeinsamen Kinderzimmer. Meine älteste Schwester in einem Einzelbett. Meine jüngere Schwester oben und ich unten im Stockbett. Kinder-Einzelzimmer „de luxe“ waren damals nicht üblich.
Man wollte sich ausgiebig kratzen und durfte nicht. Meine Mutter hatte uns sämtliche Kratzereien verboten. Aber sämtliche Verbote wurden über den Haufen geschmissen, wenn unsere Mutter aus dem Zimmer ging. Dann ging die wilde Kratzerei los. Wir konnten nicht anders. Auch die von ihr ausgemalten Horrorszenarien wie Löcher in der Haut oder schlimme Narben, die zurückbleiben würden, wenn wir uns kratzten, ließen uns nicht davon abhalten.
Unsere Hausärztin kam ins Haus und konnte auch so gar nichts anderes machen, als unsere ausgewachsene Krankheit zu bewundern.
Wir hatten Schnupfen, Husten, Halsschmerzen und ordentlich Fieber. Weil durch Masern noch Schlimmeres, wie Mittelohr- Lungen- und Gehirn-Entzündung entstehen können, mussten wir viel trinken, obwohl mit den Halsschmerzen jeder Schluck zur Tortur wurde. Dem Fieber rückte man mit Wadenwickel zu Leibe. Außerdem schluckten wir Paracetamol gegen Schmerzen und um etwas das hohe Fieber zu senken. Das war es eigentlich schon. Den Rest musste man aushalten. Über drei Wochen ging die ganze Chose über die Bühne und zerrte an Mutters Nerven und an unseren Leibern.
Heute gibt es für alles so wunderbare Impfungen. Die Kinder müssen nicht mehr durch diese Kinderkrankheiten durch und sind vor Ansteckung geschützt. Was für ein Fortschritt!
Kapitel 3: Schlitten fahren mit Rums!
Im Winter 1968, ich war 5 Jahre alt, schneite es wie wild in Altena im Sauerland. Unsere Straße wies damals noch 5 Häuser eine große Schrägwiese, Schrebergärten und Wald auf. Heute ist alles von vorne bis hinten zugebaut.
Die schräge Wiese hatte den Namen Schäfchenwiese erhalten, weil im Sommer auf dieser Wiese ein paar Schafe eines Kleinbauern, der in der Nähe wohnte, angepflockt weideten.
Im Winter konnte man herrlich auf dieser Wiese Schlittenfahren. Und das taten wir Blagen auch. Die Wiese war nicht allzu schräg. Das erleichterte den Wiederanstieg für eine nächste Abfahrt. Aber man bekam genug Schwung für eine Rutschpartie.
Die Wiese hatte zu unserer Straße hin einen Steilabhang. Ein bis zwei Meter nix schräg, sondern eine steile Abbruchkante.
Mein Vater und ich im Schnee. Superspaßig. Wir machten Schneeballschlachten, bauten Schneemänner, ließen uns in den Schnee fallen und machten einen Schneeengel und natürlich fuhren wir mit dem Schlitten. Ein paar Male saß mein Vater mit auf dem Schlitten und hielt mich fest. Der eisige Wind pfiff uns um die Ohren und wieder ging es bergab.
Dann saß ich alleine auf dem Schlitten und sollte versuchen zu lenken. Wenn ich bemerken sollte, dass der Schlitten nicht dahinfuhr wo ich wollte, dann sollte ich abspringen.
Die Fahrt begann erst ziemlich langsam. Dann gab Papa mir einen Schubs und los ging es jetzt in zügiger Fahrt. Hei, wie machte das Spaß. Ich hielt mich mit meinen behandschuhten Händen an den Holzrippen des Schlittens fest, mit den Füßen oberhalb der Kufen abgestützt und der Abhang kam immer näher auf mich zu. Von hinten hörte ich meinen Vater schreien: „Spring ab, spring ab...“. Aber ich sprang nicht ab. Mutig ließ ich den Abhang immer näherkommen. Meine Fahrt sollte niemals enden.
Ein Telefonmast stand genau in der Mitte der Wiese an unserer Straße. Ja, damals waren die Telefonstrippen noch nicht unterirdisch verlegt und ich steuerte genau auf diesen Masten und den Abhang zu. Was heißt ich steuerte? Nein, mein Schlitten steuerte mich. Ich kannte mich noch nicht so aus mit dem lenken. Füßchen in den Schnee und abgebremst... Nö, das kam für mich nicht in Frage. Ich genoss die Schlittenfahrt in vollen Zügen. Dann der Abhang... Mein Schlitten machte einen Luftsprung mit mir und mein Kopf traf genau den Telefonmasten. Wie sich jeder vorstellen kann, der Mast war stärker als mein kleiner Kindernürsel. Es machte erst Zisch durch die Luft, ein kurzer Flug und dann RUMS! Mit dem Kopf vor den Mast. Stier halt. Bis zum Schluss hatte ich den Schlitten