sie den Jungen nach und nach vorsetzen. Sie wollte sie aber nicht töten, sondern nur krank machen und zwingen, daß sie sich erbrächen. Die Burschen tranken einst aus einem dieser Krüge, das Bier schmeckte ihnen aber nicht, und der Instinkt leitete sie zu einem unvermischten Kruge. Die kräftigen Züge, die sie aus demselben nahmen, verursachten, daß sie gar keine Wirkung von dem vergifteten Bier spürten.
Auch der Amtmann Hoffmann, der den kranken Grohmann besuchte, trank bei ihm Bier, welches ihm schlecht bekam. Die Zwanziger läßt es dahingestellt, ob sie vielleicht die Krüge, welche sie für die beiden Dorsch gemischt hatte, mit reinen Krügen könne verwechselt haben, denn da sie lange im Gewölbe gestanden hätten, habe sie die vergifteten von den unvergifteten nicht mehr unterscheiden können! »Daher kann es denn sehr wohl sein, daß er zufällig von dem vergifteten Biere getrunken hat. Meine Absicht war es jedoch nie, ihn auch nur zum Erbrechen zu reizen, denn er war mir als ein sehr solider und rechtschaffener Mann, der nebst seiner Frau mir immer Achtung erwies, viel zu lieb.«
Am 13. Mai 1809 wurde die Zwanziger vorläufig als Wärterin und zur Aushilfe in das Haus des Kammeramtmanns Gebhard aufgenommen. Schon am vierten Tage nach ihrem Einzüge beschloß sie geständlich, der Frau des Gebhard Gift beizubringen, weil diese sich sehr ärgerlich bezeigte, sie sehr schnöde behandelte und ihr wegen angeblich verwahrlosten Hauswesens Vorwürfe machte. Am 17. Mai ging sie in das Gewölbe und vergiftete zwei Krüge Bier. Auch hier mischte sie dem einen eine schwächere, dem anderen eine stärkere Dosis bei, indem sie in jenen Mückenstein tat, so viel sie mit zwei Fingern fassen konnte, in diesen eine starke Portion Mäusegift. Aus jenem wurde schon am nämlichen Tage eine gläserne Kanne der Wöchnerin vorgesetzt, und ihr Mann selbst reichte ihre mehreremal unwissend den Gifttrank zur Labung. Zwei Tage darauf wurde der stärker vergiftete Krug zu Hilfe genommen, und die schon Kranke mußte aufs neue trinken. Die Zwanziger behauptet, nicht zum Sterben habe sie die Gebhard bringen wollen, sondern sie habe nur vorgehabt, »sie zu plagen, weil sie mich auch geplagt hat.« Und zugleich versichert sie mit einer unglaublichen Konsequenz der Frechheit und Tücke, sie hätte ja gewußt, schaden könne ihr das Bier nicht. Hätte sie überzeugt sein können, daß die Gebhard durch ihre Schuld gestorben wäre, so würde sie sich zu ihr ins Grab gelegt haben. »Früherhin war sie mir jederzeit gut; sie war meine beste Freundin und stand mir bei mit Rat und Tat. Stets betrug sie sich freundlich gegen mich und lobte mich, wo sie hinkam. Wir waren wie ein paar Schwestern, kamen oft zusammen und besprachen uns über ökonomische Dinge.«
Kaum kann man diese Äußerung als eine beschönigende Lüge betrachten, da sie geständlich der schon vom schwächeren Gift Erkrankten noch vom stärkeren reicht, kaum sich der Meinung erwehren, daß nur ein fürchterlicher frecher Hohn aus dem ingrimmigen Weibe spricht, wie es denn auch nur dieselben heuchlerischen Liebesversicherungen über den Leichnam der sogenannten Freundin sind, welche sie früher über den Leichnam des sogenannten Freundes, des toten Grohmann, ausgestoßen hatte. Damit zu täuschen, konnte sie selbst nicht mehr glauben; es war nur eine fortgespielte Rolle, zu welcher ihre zweite Natur sie zwang, die Rolle der Empfindsamen, die einzige höhere, zu welcher sie über ihr Leben voll Laster, Greueln und Verbrechen sich aufschwingen konnte. Ihr Motiv war nicht, Rache zu nehmen wegen erlittener Kränkungen; es war, wie aus der Schlußfolge der vorigen Giftmorde, aus mehreren Zeugenaussagen und aus verschiedenen Stellen ihrer Briefe hervorgeht, auch diesmal die törichte Hoffnung, wenn man es so nennen kann, die vage Möglichkeit, daß, wenn die Frau aus dem Wege geschafft sei, der Witwer sie heiraten könne!
Auch dieser dritte Giftmord hatte seine Trabanten, und die zahlreichsten unter allen. Die Sekretärswitwe Alberti und der Handlungsdiener Beck sind geständlich bei einem Mittagessen um Ende August des Jahres an der Gebhardschen Tafel von ihr vergiftet worden. Beck absichtlich, die Alberti nur aus Fahrlässigkeit. Beck hatte sie zuweilen geneckt und gefoppt, und sie hatte nun einmal ihren Spaß dabei, wenn die Leute, die sie so quälten, sich erbrechen mußten. Sie stellte ihm darum denselben Krug Bier mit Mäusegift hin, aus dem die Gebhard sich den Tod getrunken hatte. Sie hatte ihn wieder frisch aufgefüllt. Natürlich war es ihr nur um das Krankwerden und Erbrechen zu tun. Den Tod beabsichtigte sie nicht, und er erfolgte auch nicht. Daß die Alberti auch davon trank, geschah wider ihren Willen, und sie suchte es nachher wieder gutzumachen durch Kaffee und Hoffmannsche Tropfen.
Der Amtsbote Rosenhauer war der Zwanziger von Anfang an zuwider. Er klatschte so viel und machte ihr vielen Verdruß; darum sollte er auch gezüchtigt werden und brechen. Aber Wein wollte sie ihm nicht gegeben haben. Sie rührte nur den Bodensatz in dem Kruge um, der schon so gute Dienste geleistet hatte, und goß frisches Bier darauf. Er wirkte ganz, wie sie es wünschte.
Auch dem Laufburschen des Rosenhauer, Johann Kraus, Gift gegeben zu haben, leugnete sie keineswegs, nur nicht in Branntwein. Fast gereizt durch diese Beschuldigung, sagte sie, es gebe ja der gesunde Menschenverstand, daß man in einem so hellen Getränk wie Branntwein, in dem jedes Fäserchen zu sehen sei, niemand vergiften könne. Aber weil Kraus immer so grob gegen sie gewesen sei, hätte sie ihm ein kleines Glas vergiftetes Bier gegeben, damit er sich erbreche. Kraus aber wollte gerade durch den Branntwein erkrankt sein und auch in dem Glase einen fremden Körper bemerkt haben.
Am 1. September war eine Kegelgesellschaft im Gebhardschen Hause oder in der Nähe desselben versammelt: außer dem Wirte der Justizamtsverweser Beck, dessen Bruder, der schon einmal vergiftete Handlungsdiener Beck, der Bürgermeister Petz und der Skribent Scherber. Auf Verlangen des Gebhard mußte die Zwanziger den Kegelspielern Bier aus dessen Keller schicken. Nach dem Genusse davon erkrankte plötzlich die ganze Gesellschaft mehr oder minder, und es ward dies die Veranlassung, die Haushälterin fortzuschicken. Diese Vergiftung wollte die Zwanziger jedoch ganz in Abrede stellen. Das Höchste, was sie zugab, war, daß in den beiden für die Gebhard gemischten Krügen noch ein Bodensatz gewesen sei, der, abermals aufgerührt, diese Wirkung hervorgebracht habe. Demnach, bemerkt Feuerbach, müßten diese beiden Krüge etwas von den Eigenschaften des Ölkrügleins der Witwe an sich getragen haben; denn zuerst vergiftete sich daraus die Gebhard zu Tode; dann tranken daraus der Beck und die Alberti mehrere Gläser und erkrankten heftig; hierauf Rosenhauer und Kraus, und ein durstiger Amtsbote pflegt stark zu trinken; endlich aber war in diesen unerschöpflichen Krügen noch so viel Bodensatz, daß der bloße Aufguß frischen Bieres genügt hätte, um fünf rüstige Kegelspieler mit einem Male umzuwerfen! Wenn es auch nicht bestimmt erwiesen ist, so wird es doch wahrscheinlich, daß die Zwanziger auch hier eine neue Vergiftung beabsichtigte. Gesetzt, das Gift selbst sei nach den vielen Vergiftungen noch so stark gewesen, um diese Wirkung hervorzubringen; läßt es sich aber denken, daß eine Verbrecherin wie sie nur aus Nachlässigkeit eine so gefährliche Rache wie die Vergiftung von fünf zum Teil angesehenen Personen und zu gleicher Zeit würde zugelassen haben? Sie hatte im Keller ein eigenes Töpfchen, welches sie bei ihrem Abzuge mit fortnahm, und bei dessen Auswaschung sich ein weißlicher Bodensatz fand. Wahrscheinlich stand dasselbe als Giftvorrat immer bereit, um die leergewordenen Krüge aufs neue damit zu füllen. Unter der Gesellschaft, die sich so heiter vergnügte, waren gewiß einige, denen sie es gönnte; aber sie, der es schon einen Spaß machte, wenn die Leute sich quälten, wie sie sich ja auch im Leben so oft und lange gequält hatte, mochte es auch diesmal spaßhaft finden, einer ganzen Kegelgesellschaft ihre Lust zu verderben, und sie mochte sich in Gedanken an ihrem Krümmen, Würgen und Gesichtelschneiden ergötzen.
Die Mägde im Hause, die Hagin und Waldmann, befanden sich nach dem Genusse von Kuchen, welche die Zwanziger ihnen vorgesetzt hatten, sehr übel. Diese Vergiftung leugnete sie bestimmter, und sie ist auch durch nichts erwiesen.
Geständlich hat sie aber beim Wegzuge das Salzfaß, welches in der Küche stund, durch eine Prise Mäusegift, das sie in der Tasche mit sich führte, vergiftet, »damit alle, die im Hause blieben, etwas kriegten und ich der Magd einen Verdruß zuziehe.« Aber der Geist der Lüge, der immer wieder in ihr aufschoß, wenn sie kaum, durch einen momentanen Eindruck erregt, etwas Wahrheit von sich gegeben hatte, bewog sie augenblicklich wieder, und ohne Zweck und Grund, abzustreiten, daß sie auch in die Salzkanne das Arsenik gemischt habe. Und doch blitzt ein Nebenzweck heraus. Sie meinte, sie könne nicht anders denken, als daß andere Leute das getan, die auf ihr Unglück losarbeiteten!
Als der Wagen vor der Tür stand, um die Verabschiedete nach Baireuth zu schaffen, herzte sie ihr liebes Fritzchen, das kaum sechs Monate alte Wochenkind, das zum ersten