und mit denen sogar Bilder und Textnachrichten verschickt werden können.« Der Spott in seiner Stimme war unverhohlen.
Felix rollte mit den Augen.
»Du hast doch keine Ahnung, Grünschnabel«, fauchte er. »Warte erstmal, bis du aus dem Nest gestoßen wirst und dich allein in der großen, weiten Welt zurechtfinden musst, während alle anderen zusammen Spaß haben.«
»Moment!« Fee ging energisch dazwischen. »Darf ich dich darauf hinweisen, dass dich niemand gestoßen hat? Es war ganz allein deine Idee, auf die Pilotenschule zu gehen.«
»Und es ist nicht unsere Schuld, dass du an Weihnachten nicht bei uns warst«, hielt auch Danny mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. »Wenn du unzufrieden darüber bist, nicht mehr bei der Familie zu sein, dann ist das dein Problem. Wir tun alles dafür, um dich zu sehen. Wären wir sonst heute spontan alle hierher gekommen?«, stellte er eine berechtigte Frage.
Felix starrte demonstrativ auf seinen Teller. Er wusste, dass Danny recht hatte. Er durfte seine Unzufriedenheit nicht an seiner Familie auslassen. Trotzdem konnte er sich im Augenblick nicht anders helfen.
»Aber Dad ist nicht hier«, führte er ein weiteres Argument ins Feld. »Das ist doch der beste Beweis dafür, dass ich ihm nicht wichtig bin«, erklärte er mit trotziger Schuljungenstimme Stimme, als ein lautes Rülpsen die Familie am Tisch zusammenzucken ließ.
Schlagartig gehörte alle Aufmerksamkeit April. Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund. Ihre Wangen glühten vor Verlegenheit.
»Tut mir leid. Der ist mir so rausgerutscht!« Sie spürte Felix‘ Zorn fast körperlich. »Schau mich nicht so an, als würdest du mich am liebsten gleich auffressen«, wehrte sie sich verzweifelt gegen seinen stummen Vorwurf. »Und überhaupt. Worüber beschwerst du dich? Wenn du die ganze Zeit nur rummeckerst, ist es doch kein Wunder, dass dich keiner dabei haben will«, beschloss sie, zum Angriff überzugehen. »Du weißt doch gar nicht, wie gut du es hast! Ich wäre froh, wenn meine Familie nur halb so viel Interesse an mir hätte wie deine an dir.« Mit diesen Worten sprang sie vom Tisch auf und lief aus dem Zimmer.
Betretenes Schweigen machte sich im Esszimmer breit.
»Tja, wo sie recht hat, hat sie recht.« Es war Janni, der Aprils Beispiel als erster folgte und aufstand.
Einer nach dem anderen verschwand aus dem Zimmer, bis Felix mit seiner Mutter allein war. Felicitas saß am Tisch und musterte ihn mit ernster Miene.
»Ich weiß nicht, warum dein Vater nicht hier bei uns ist«, sagte sie endlich. »Aber eines ist sicher: Es geht nicht darum, dass du ihm nicht wichtig bist. So gut solltest du ihn kennen. Dein Vater ist Arzt!«
Mehr gab es dazu nicht zu sagen, und auch Fee stand auf, um das Zimmer zu verlassen. Sie wollte den restlichen Abend so harmonisch wie möglich mit ihren Kindern und auch mit April verbringen, der ein bisschen Nestwärme auf keinen Fall schadete.
*
Als Daniel zu Schwester Alice zurückkehrte, war ein Chirurg bei ihr. Erleichtert atmete er auf.
»Sie schickt der Himmel, Kollege Voss.« Er nickte ihm zu. »Die Patientin leidet an einem Darmkarzinom. Der Tumor liegt so ungünstig, dass ich fürchte, dass er die Darmwand perforiert hat. Sie wissen, was das heißt. Wenn das tatsächlich geschehen ist, wird ihr Körper innerhalb weniger Stunden vergiftet. Dann stirbt sie vor unseren Augen. Das kann ich nicht verantworten.«
Heribert Voss hatte aufmerksam zugehört.
»Sie wissen aber schon, dass die Chefin einen Eingriff verboten hat, oder?«, stellte er eine berechtigte Frage.
Einen Moment lang starrte Daniel ihn an, Fassungslosigkeit im Blick.
»Das kann doch wohl nicht wahr sein!«, stöhnte er und verdrehte die Augen. Gleichzeitig dachte er fieberhaft nach. »Haben Sie sich wenigstens mal Ricardas Werte angesehen? Möglich, dass die Herz-Medikamente inzwischen angeschlagen haben und das Verbot der Chefin hinfällig ist.«
Dr. Voss versenkte die Hände in den Kitteltaschen.
»Das habe ich getan«, gestand er. »Der Zustand ihres Herzens scheint sich tatsächlich verbessert zu haben …«
»Dann ist ein Eingriff also möglich?«, unterbrach Daniel Norden ihn hoffnungsvoll.
Der Kollege haderte mit sich.
»Es gibt eine winzige Chance …« Weiter kam er nicht.
»Das genügt mir!«, triumphierte Daniel. »Eine winzige Chance ist besser als gar keine. Besser als zuzusehen, wie Frau Lohmeier vor unseren Augen stirbt.« Er war so enthusiastisch, dass er das Zögern des Kollegen nicht bemerkte. »Dann mal los!«, forderte er ihn auf und wollte schon zur Tat schreiten, als er Voss‘ Zögern bemerkte. »Was ist? Worauf warten Sie noch?«
Der Chirurg wagte es kaum, ihm ins Gesicht zu sehen.
»Tut mir leid. Aber ich kann nicht. Sie wissen doch, wie die Chefin dazu steht. Und ich will nicht wegen dieser Sache meinen Kopf riskieren.«
Dr. Norden fuhr zu ihm herum. Er konnte nicht glauben, was er gehört hatte.
»Aber Sie waren doch eben erst selbst bei der Patientin. Sie haben mit eigenen Augen gesehen, dass sich ihr Zustand dramatisch verschlechtert hat. Das konnte auch Jenny Behnisch nicht voraussehen. Ich bin sicher, sie würde jetzt genauso entscheiden wie ich.«
»Das glaube ich nicht. In diesem Fall hätte sie kein Operationsverbot ausgesprochen«, blieb der Kollege bei seiner Meinung.
Es fehlte nicht viel, und der sonst so beherrschte Daniel Norden wäre ihm an die Gurgel gegangen.
»Sie können doch nicht ernsthaft wollen, dass Ricarda Lohmeier stirbt?«
Zu seiner großen Verwunderung stahl sich ein feines Lächeln auf Heribert Voss‘ Lippen.
»Denken Sie an das, was die Chefin gesagt hat. Die Patientin würde auch eine Operation nicht überleben. Also lassen Sie es. Mehr als diesen Rat kann ich Ihnen nicht geben.«
Daniel Norden schluckte.
»Das heißt, dass Sie nicht dabei sind? Sie werden mich nicht unterstützen?«
»Richtig!« Der Chirurg nickte ihm zu und machte Anstalten zu gehen.
Diesmal konnte sich Dr. Norden nicht mehr beherrschen.
»Dann hauen Sie doch ab! Aber glauben Sie ja nicht, dass ich mich noch einmal wegen einer Beförderung für Sie einsetzen werde. Ein Arzt, der noch nicht mal drüber nachdenkt, ein Menschenleben zu retten, hat den falschen Beruf gewählt!«, rief er dem Chirurgen nach.
Der war schon auf halbem Weg zur Tür, als er sich noch einmal umdrehte.
»Vergessen Sie nicht, wer hier der Chef ist.« Voss‘ Stimme war schneidend. »Sie jedenfalls nicht.« Gleich darauf fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Schwer atmend blieb Daniel zurück. Sein Kopf dröhnte wie nach einer Ohrfeige.
Schwester Alice, die unfreiwillige Zeugin der Szene geworden war, stand schüchtern in der Ecke.
»Und was machen wir jetzt?«, stellte sie eine berechtigte Frage. »Viele Kollegen sind heute nicht im Haus.«
Mit hängenden Schultern stand Daniel Norden vor ihr. Doch wenn sie dachte, dass er sich in sein Schicksal fügte, täuschte sie sich. Sein Kopf arbeitete auf Hochtouren.
»Informieren Sie jeden verfügbaren Arzt in der Klinik«, verlangte er schließlich. »Irgendeiner wird sich schon finden, der mir zur Seite steht. Ich muss kurz telefonieren. Wir sehen uns dann im OP.«
Bevor Schwester Alice noch etwas sagen konnte, lief er aus dem Zimmer. Die Zeit drängte. Jede Minute war kostbar, wenn Ricarda Lohmeier das neue Jahr noch länger erleben sollte.
*
Während sich Kinder und Freunde über dies und das unterhielten und auch April in ein munteres Gespräch verwickelten, saß Fee schweigsam in