Джозеф Конрад

Gesammelte Werke von Joseph Conrad


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blöden Grinsen auf.

      »Was haben?«

      »Die Erbschaft, die ganze Erbschaft.«

      Der unbestechliche Professor lächelte nur. Die Kleider fielen ihm fast vom Leibe, seine Schuhe, formlos von Flicken, schwer wie Blei, ließen bei jedem Schritt Wasser durch. Er sagte:

      »Ich will dir, beiläufig, eine kleine Rechnung für gewisse Chemikalien schicken, die ich morgen bestellen werde. Ich brauche sie dringend. Verstanden – wie?«

      Ossipon senkte langsam den Kopf. Er war alleine. »Ein undurchdringliches Geheimnis …« Es schien ihm, als sähe er sein eigenes Hirn frei in der Luft vor sich hängen und im Takt eines undurchdringlichen Geheimnisses pulsen. Das war heller Wahnsinn … »Diese Tat des Irrsinns oder der Verzweiflung.«

      Das mechanische Klavier neben der Türe hämmerte einen Walzer herunter und brach plötzlich ab, als hätte es sich geärgert.

      Genosse Ossipon, mit dem Spitznamen der Doktor, verließ die Silenusbierhallen. In der Türe zögerte er, blinzelte in den nicht übermäßig hellen Sonnenschein hinaus, – und die Zeitung mit der Nachricht von dem Selbstmord einer Dame war in seiner Tasche. Sein Herz schlug dagegen. Der Selbstmord einer Dame – diese Tat des Irrsinns oder der Verzweiflung.

      Er ging durch die Straße, ohne darauf zu achten, wo er die Füße hinsetzte. Und er ging in eine Richtung, die ihn nicht zu einem mit einer anderen Dame vereinbarten Stelldichein führen konnte (einem älteren Kinderfräulein, die ihr Vertrauen in einen ambrosischen Apollokopf gesetzt hatte). Er ging weg davon. Er konnte keiner Frau ins Gesicht sehen. Es war das Verderben. Er konnte weder denken, noch arbeiten, schlafen oder essen. Doch begann er zu trinken, mit Vergnügen, mit Hingabe, mit Hoffnung. Es war das Verderben. Seine revolutionäre Laufbahn, gestützt auf das Gefühl und das Vertrauen vieler Frauen, war von einem undurchdringlichen Geheimnis bedroht – dem Geheimnis eines menschlichen Hirns, das im Takt von journalistischen Phrasen pulste… »Wird für immer walten …« Es ging der Gosse zu… »voll Irrsinn oder Verzweiflung«.

      »Ich bin ernstlich krank«, murmelte er mit wissenschaftlicher Einsicht vor sich hin. Er ging schon in seiner ganzen Größe, mit dem (von Herrn Verloc geerbten ) Geld eines gesandtschaftlichen Geheimfonds in der Tasche, im Rinnstein hin, als übte er sich für die Aufgaben einer unabwendbaren Zukunft. Schon beugte er seine breiten Schultern und das Haupt mit den ambrosischen Locken, wie in Bereitschaft für das lederne Joch der Aushängetafeln. Wie in jener Nacht vor mehr als einer Woche wanderte Genosse Ossipon dahin, ohne zu sehen, wo er die Füße hinsetzte, ohne Ermüdung zu fühlen, ohne irgend etwas zu fühlen oder zu sehen, ohne einen Laut zu hören. »Ein undurchdringliches Geheimnis …« Er wanderte unbeachtet… »Diese Tat des Irrsinns oder der Verzweiflung

      Und auch der unbestechliche Professor wanderte und wandte seinen Blick von der verhaßten Menschenmenge ab. Er hatte keine Zukunft. Er verachtete sie. Er war eine Kraft. Seine Gedanken umspielten die Bilder von Zerstörung und Niedergang. Er wanderte dahin, schmächtig, schäbig, unbedeutend, elend – und furchtbar in der Einfalt seiner Idee, die Irrsinn und Verzweiflung zur Neugeburt der Welt zu Hilfe rief. Niemand sah nach ihm. Er ging unbeachtet und toddrohend dahin, wie eine Pest in der dichtbelebten Straße.

       Ende

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Kapitel

       Zweites Kapitel

       Drittes Kapitel

       Viertes Kapitel

       Fünftes Kapitel

       Sechstes Kapitel

       Siebentes Kapitel

       Achtes Kapitel

       Neuntes Kapitel

       Zehntes Kapitel

       Elftes Kapitel

       Zwölftes Kapitel

       Dreizehntes Kapitel

       Vierzehntes Kapitel

       Fünfzehntes Kapitel

       Sechzehntes Kapitel

       Siebzehntes Kapitel

       Achtzehntes Kapitel

       Neunzehntes Kapitel

       Zwanzigstes Kapitel

       Einundzwanzigstes Kapitel

       Zweiundzwanzigstes Kapitel

       Dreiundzwanzigstes Kapitel

       Vierundzwanzigstes Kapitel

       Fünfundzwanzigstes Kapitel

       Sechsundzwanzigstes Kapitel

       Siebenundzwanzigstes Kapitel

       Achtundzwanzigstes Kapitel

       Neunundzwanzigstes Kapitel

       Dreissigstes Kapitel

       Einunddreissigstes Kapitel

       Zweiunddreissigstes Kapitel

       Dreiunddreissigstes Kapitel

       Vierunddreissigstes Kapitel