worden, bei dem sich die Gäste nicht über die Schönste des Abends einig gewesen wären.
Dann begann die Kapelle zu spielen, und Christiane eröffnete den Abend, indem sie mit Graf Rodegg tanzte. Der fühlte sich geschmeichelt, als er darum gebeten wurde, mit dem Ehrengast des Abends den gemütlichen Teil des Empfangs zu eröffnen.
Hans wich Nanni nicht von der Seite. Als er sie um den ersten Tanz bat, zögerte sie einen Augenblick, doch bevor sie ablehnen konnte sagte Hans: »Bitte… ich habe mich so darauf gefreut, mit Ihnen zu tanzen.«
Das kam so ehrlich und freundlich heraus, daß Nanni, die immer noch das Gefühl hatte, als ob Hans sich über sie lustig machte, die Bedenken über Bord warf und mit ihm tanzte.
Als Hans seinen Arm um ihre Schultern legte und sie die ersten Takte mit ihm tanzte, meinte Nanni, in einem Film zu sein. Sie spürte die Blicke der anderen, und sie spürte, wie Hans sie an sich zog und wie sie mit ihm über das Parkett glitt.
Als der Tanz zu Ende war, bedankte Hans sich bei ihr und sagte, er wolle sie jemand vorstellen.
Nannis Herz schlug heftiger als sonst, als sie fragte: »Wem denn?«
»Meiner Tante Sophie«, antwortete Hans. »Sie haben Sie vorhin beim Empfang schon kennengelernt, aber Sie möchte das hübsche Mädel an meiner Seite, so hat sie zu mir gesagt, ein bisserl näher anschauen.«
Nanni blieb stehen und atmete tief durch. »Ich kann das alles gar nicht glauben«, murmelte sie.
»Was denn?«
»Das hier alles.« Nanni sah sich rasch um. »Ich bin ein Gärtnermädchen und gehöre nicht in eine solche Gesellschaft. Ich hab’ das Gefühl, daß ich mir was nehm’, was mir nicht zusteht. Vor allem, daß das böse Erwachen noch kommen wird.«
Hans blieb mitten im Salon stehen. Um sie herum wurde getanzt und gescherzt, doch er sah Nanni plötzlich mit ernstem Blick an.
»Wissen Sie«, fragte er, »daß Sie mich faszinieren, seit ich Sie zum ersten Mal im Salon meiner Großmutter gesehen hab’? Und wenn Sie träumen, dann träum’ ich auch. Aber anders als Sie.«
»Was soll das denn heißen?« Nanni schluckte, plötzlich hatte sie einen trockenen Mund.
»Verzeihen Sie, Marianne«, murmelte Hans von Adelsbach, »aber ich glaub’, ich hab’ mich in Sie verliebt.«
*
Als Prinzessin Christiane die Treppe herunter in den großen Salon ging, sahen ihr alle entgegen, und einen Moment lang hatte sie ein flaues Gefühl im Magen, doch als sie die freundlich lächelnden Gesichter sah, atmete sie durch und ging auch die letzten Stufen hinunter in den großen Salon. Tanten und sonstige Verwandte kamen auf sie zu und beglückwünschten sie zu ihrem bestandenen Examen, und ihre Großmutter sagte, sie solle den Abend eröffnen, indem sie mit Graf Rodegg tanze. Der stand gleich daneben, fühlte sich sehr geschmeichelt und tat, was Fürstin Johanna vorgeschlagen hatte. Er verbeugte sich vor Christiane und bat sie um den Tanz.
Nachdem sie mit Graf Rodegg getanzt hatte, tanzte sie mit Ludwig von Schall, einem entfernten Cousin, dem man nachsagte, er habe ein Auge auf sie geworfen. Christiane hatte Ludwig schon lange nicht mehr gesehen und nach dem Tanz wußte sie, daß sie nicht viel versäumt hatte.
Dann sah sie sich nach ihrer Kommilitonin Monika um. Seit dem ersten Tag des gemeinsamen Studiums waren sie unzertrennlich gewesen. Monika war noch nie auf Schloß Adelsbach gewesen, doch nun stand sie mit Robert Schwartz in der Nähe des Ausgangs in den Park. Die beiden schienen sich gut zu amüsieren, denn sie lachten.
»Haben Sie geübt?« fragte Christiane, als sie zu den beiden trat und Robert ansah.
Der bekam rote Wangen und sah sie fast ein wenig fassungslos an.
»Haben Sie vergessen, daß ich zu Ihnen gesagt hab’, Sie sollten üben, weil ich mit Ihnen tanzen möcht’?« Christiane sah Robert mit amüsiertem Blick an.
Monika Herbst grinste plötzlich übers ganze Gesicht. Sie war am Vortag angereist, und Christiane hatte ihr eröffnet, daß sie den Adelsbachschen Gartenbauingenieur als ihren Begleiter eingeladen habe.
»Du hast ihn nur für mich eingeladen?« Monika hatte es gar nicht glauben wollen.
Christiane hatte gelächelt und geantwortet: »Wenn du nichts verrätst, dann gestehe ich dir, daß ich Robert hauptsächlich für mich eingeladen habe. Du bist eine derartig gute Tarnung, daß ich nicht widerstehen konnte.«
»Hast du was mit diesem Robert im Sinn?« hatte Monika wissen wollen.
Da hatte Christiane von Adelsbach tief durchgeatmet und dann mit den Schultern gezuckt.
»Ich finde Robert total süß«, hatte sie gesagt, »aber er erstickt so in Normen und Formen, daß man kaum ein gescheites Wort mit ihm reden kann. Ich hab’ schon ein paarmal versucht, ihm auszureden, daß er mich mit Hoheit anredet. Aber das kann er wohl nicht sein lassen. Ich versuch’, der Sache dann die Spannung zu nehmen, indem ich ihn mit Herr Ingenieur anred’, aber das ist ihm wohl wurscht.«
»Vielleicht kann ich ihn ja für dich ein wenig locker machen«, hatte Monika gesagt.
»Kommen Sie«, forderte Christiane Robert auf, »der nächste Tanz gehört uns beiden.«
Als Christiane seine Hand nahm, schien Robert sich für einen winzigen Augenblick zu sträuben. Doch die hübsche Prinzessin nahm dies zum Anlaß, zu spötteln.
»Geben S’ jeden Widerstand auf, Herr Ingenieur«, sagte sie, »nachher geben S’ mir die Schuld, was versäumt zu haben.«
Robert mocht Christiane sehr, um es deutlich zu sagen, er war in sie verliebt, seit er sie vor anderthalb Jahren zum erstenmal gesehen hatte. Um so härter traf ihn ihr Spott, der jedoch nicht spöttisch gemeint, sondern aus einer Verlegenheit heraus geboren war.
Robert folgte Christiane zu jenem Teil des großen Salons, in dem getanzt wurde. Dann legte er einen Arm um sie und begann mit ihr zu tanzen.
»Sie dürfen mich ruhig ein bisserl fester in die Arme nehmen, Herr Schwartz«, murmelte Christiane, »ich bin nicht aus Zuckerguß und auch nicht zerbrechlich. Ich bin aus Fleisch und Blut. Fassen S’ mal zu, dann werden S’ es merken.«
Dann trafen sich einen langen Augenblick lang ihre Blicke, und Christiane lächelte Robert sehr lieb an.
»Wenn Sie mir versprechen, daß Sie mich in Zukunft nicht mehr mit Hoheit anreden, sondern mit meinem Vornamen, dann verrat’ ich Ihnen was.« Christiane sah Robert Schwartz an.
»Aber das geht doch nicht…!«
»Wenn ich es dir sag’«, ließ Christiane Robert nicht ausreden, »dann geht es. Also…? Und wenn wir schon mal dabei sind, dann könnten wir uns auch duzen. Das ginge dann sozusagen in einem Aufwasch, und wir könnten endlich beginnen, ein bisserl gescheiter miteinander zu reden.«
»Ich soll Christiane und du zu Ihnen sagen?« Robert schüttelte den Kopf. »Also, daß ich die Hoheit weglaß’, das fällt mir schon nicht leicht, und mit Müh’ und Not würd’ ich mich dran gewöhnen, Sie mit Ihrem Vornamen…!«
»Wenn du mich nicht ab sofort duzt«, unterbrach Christiane die Erklärung Roberts, »dann küsse ich dich jetzt vor allen Leuten. Also? Du oder…?«
Zuerst schien Robert geschockt, dann huschte ein amüsiertes Lächeln um seine Mundwinkel.
»Was ist?« wollte Christiane wissen.
»Wenn ich jetzt wollte, daß Sie… daß du mich küßt«, erwiderte er, »dann braucht ich jetzt nur…!«
Der große Salon bestand aus einem größeren und mehreren kleineren Teilen, die aber durch Öffnen großer Flügeltüren alle dem großen Teil angegliedert werden konnten. Es war aber auch möglich, bei einer größeren Gesellschaft einigermaßen ungestört zu sein.
Christiane antwortete nicht, sondern tanzte mit Robert in einen der angegliederten kleineren Räume, und als