es ein Ball der Daldorf-Bank ist, solltest du ihn mit dem Zweigstellenleiter aus Hamburg eröffnen.«
Der Butler erschien. Er stellte ein Silbertablett mit Tee und Gebäck auf den Tisch neben Fionas Sofa. Das Gespräch stockte, bis er wieder gegangen war.
»Wir geben ein viel besseres Paar ab«, nahm Fiona den Faden wieder auf. »In jeder Hinsicht. Das weißt du. Wir waren vor zwei Jahren ein schönes Paar und daran hat sich nichts geändert.«
Philipp unterdrückte ein Stöhnen. »Fiona«, sagte er betont ruhig, »wir haben uns damals getrennt. Ich habe nicht die Absicht, daran etwas zu ändern.«
»Du hast damals schon zu viel Rücksicht auf deine Familie genommen. Ich sehe, das tust du noch immer. Denk einmal an dich, mein Lieber.«
»Ich habe keine Rücksicht auf meine Familie genommen, Fiona. Weder auf Vater noch auf sonst jemanden.« Philipp hatte sich von Fiona getrennt, weil sie furchtbar eifersüchtig gewesen war. Doch Fiona glaubte fest, er habe sich dem Willen seines Vaters gebeugt, als er die Beziehung abbrach.
Fiona sah ihn zweifelnd an und erhob sich. »Ich sehe schon, du hast im Moment keinen Sinn für diese Frage. Aber du solltest dir wirklich überlegen, ob du nicht glücklicher mit mir wärst als mit der guten Meinung deiner Familie. – Zumal dein Vater tot ist.« Sie hauchte Philipp einen Kuss auf die Wange. »Du brauchst mich nicht hinauszubegleiten.«
Sie ging, und Philipp starrte auf die Tür, die sich hinter ihr geschlossen hatte.
*
Nach dem Abendessen ging Fürst Philipp noch ein wenig im Schlosspark spazieren. Wieder kreisten seine Gedanken um die schöne Unbekannte. Unwillkürlich verglich er sie mit Fiona. Fiona verfügte über rassige Schönheit, doch die Unbekannte hatte einen inneren Charme und eine zurückhaltende Anmut, die den Fürsten anzog. Er würde sie wiedersehen. Das hatte er fest beschlossen.
Als Philipp zum Schloss zurückkam, stand ein Range Rover in der Einfahrt. Die Fahrertür wurde aufgestoßen, und Markus Prinz von Hohenstein stieg aus.
»Bruderherz!«, rief er und umarmte Philipp herzlich. Markus war fast so groß wie sein Bruder, doch ebenso blond wie jener dunkel.
»Hallo Philipp!« Auf der Beifahrerseite stieg Laura, Prinzessin von Hohenstein aus dem Wagen. Unbändige rotbraune Locken rahmten ein weißes Gesicht mit Sommersprossen ein.
Philipp umarmte auch seine Schwester. Ihre üppigen Haare kitzelten sein Kinn. »Ich dachte, ihr kommt erst morgen.«
»Nach einem knappen Jahr in England? Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause«, protestierte die Prinzessin. Sie war sechzehn Jahre alt und besuchte in England ein Internat. Sie musterte die Schlossfassade, als sähe sie die zum ersten Mal. »Ist es nicht herrlich hier?«
»Provinziell«, spottete Markus, doch Philipp wusste, dass auch er den Stammsitz der von Hohensteins liebte und sich hier zu Hause fühlte.
Während sich ein Diener ums Gepäck kümmerte, betraten die Geschwister die marmorgeflieste Eingangshalle und wandten sich dem Esszimmer zu. Der elegante Raum mit den Biedermeiermöbeln ging nach Norden und lag im Schatten. Angenehme Kühle umfing sie.
Der Butler brachte Tee, und die Geschwister tauschten Neuigkeiten aus.
Laura schwärmte von dem Internat und ihren Freundinnen dort. »Es wäre das Paradies. Wenn ich nicht so viel lernen müsste.«
Ihre Brüder prusteten vor Lachen.
»Ich bin richtig gespannt auf das Praktikum bei Rehmann Pharma«, sagte Markus. Er studierte im vierten Semester Pharmazie und wollte später in der Arzneimittelforschung arbeiten.
»Chemie ist definitiv nicht mein Fach«, stellte Prinzessin Laura klar. Sie schüttelte sich. »Ich bin froh, wenn ich das nicht mehr machen muss.«
»Medikamente sind wichtig«, widersprach ihr Markus. »Und Rehmann Pharma stellt gute Medikamente her. Das neue Herzmittel hat sogar unser Professor erwähnt, weil es so wenige Nebenwirkungen hat.«
Laura hob abwehrend die Hände. »Ich glaube dir ja!« Sie wechselte das Thema und wandte sich an Philipp: »Was gibt es hier Neues?«
Philipp überlegte. »Im Grunde nichts. Alles geht seinen gewohnten Gang. Ach ja«, sagte er, als ihm doch noch etwas einfiel, »Fiona hat vorhin Einladungen zum jährlichen Sommerball der Daldorf-Bank vorbeigebracht.«
Laura verdrehte undamenhaft die Augen. Sie konnte Fiona Daldorf nicht ausstehen. »Läuft sie dir immer noch hinterher? Du hast dich doch schon vor fast zwei Jahren von ihr getrennt.«
Philipp verbannte das Gespräch mit Fiona aus seinen Gedanken und erklärte betont ruhig: »Zu dem Ball sind die Kunden der Bank eingeladen. Wir haben nun einmal Konten dort. Markus hat übrigens auch eine Einladung bekommen, falls dich das beruhigt.«
Laura machte ein finsteres Gesicht. »Nicht wirklich.«
Markus lachte. »Soll ich dich als Begleitung mitnehmen, damit du ein Auge auf Fiona halten und dich schützend vor Philipp stellen kannst?«
»Das wäre vielleicht keine schlechte Idee«, meinte Laura sinnend. »Aber du willst doch sicher mit Marie dahingehen. Immerhin ist sie deine Freundin.«
»Aber leider in New York. Sie besucht ihren Vater bei den Vereinten Nationen.«
»Dann komme ich gerne. Das Spektakel will ich mir doch ansehen.«
Philipp wechselte das Thema. »Ich habe übrigens doch eine Neuigkeit, die dich interessieren wird, Laura: Bianca hat gefohlt. Eine kleine Stute.«
Prinzessin Lauras Augen leuchteten auf. »Das sagst du mir erst jetzt?« Sie schob ihren Stuhl zurück. »Entschuldigt mich. Ich muss in den Stall.«
*
Am nächsten Morgen erwachte Komtess Katharina in dem gemütlichen Gästezimmer unter dem Dach. Sie stand auf und warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne tauchte die Felder und Knicks in warmes Licht. Herrliches Wetter für einen Ausritt.
Katharina eilte die Treppe hinunter.
»Na, gut geschlafen?«, begrüßte ihre Tante sie, als sie in die Küche kam.
»Wunderbar!«
Der Tisch war schon gedeckt, und Irene goss Kaffee in zwei große Tassen. Hungrig machte Katharina sich über Brötchen, Marmelade und Holsteiner Schinken her.
Nach dem Frühstück beschlossen die Frauen, auszureiten. Irene ritt ihre Schimmelstute Holly und Katharina Amadeus. Der temperamentvolle Wallach tänzelte, bis die Komtess ihn unter Kontrolle hatte. Sie folgte Irene einen Pfad entlang, der von Gut Lindenhain aus in einen lichten Wald führte. Hinter diesem ritten sie weiter an einem Feldrain entlang zu einem kleinen See. Sonnenstrahlen spiegelten auf der Oberfläche und ließen sie wie Diamanten funkeln. Ein Reiher flog erschrocken auf, als die Reiterinnen näherkamen. Katharina atmete tief durch. Es war schön hier. Am liebsten würde sie immer bleiben.
Sie umrundeten den See und wollten gerade auf der anderen Seite in einen Waldweg einbiegen, als ihnen von dort ein Reiter entgegenkam.
Katharinas Herz tat einen Sprung und fing dann heftig an zu schlagen, als sie ihn erkannte. Es war der Fremde, der ihr den Weg beschrieben hatte. Wieder stellte sie fest, dass er sehr gut aussah mit seinen dunklen Augen, dem schwarzen Haar und den markanten Gesichtszügen.
»Guten Morgen, Fürst Hohenstein«, sagte ihre Tante, die den Fürsten ebenfalls erkannt hatte.
Er neigte grüßend den Kopf. »Guten Morgen, Frau Lorenzen.«
Sein Blick wanderte zu Katharina, und in seine Augen trat ein warmer, freudiger Ausdruck, der ihren Magen flattern ließ. Sie lächelte und spürte, wie sie rot wurde. O verdammt! Sie war doch kein Backfisch mehr.
»Ich glaube, Sie kennen meine Nichte noch nicht?«, hörte sie wie von fern ihre Tante fragen.
»Wir sind einander begegnet, wurden aber gestört, bevor wir einander vorstellen konnten.« Die Stimme