Maria Czigler Bianca

Fürstenkrone Staffel 8 – Adelsroman


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      Das Herz der Komtess schlug schneller, als sie die dunkle Stimme hörte. »Von Ihnen lass ich mich gerne stören, Philipp.«

      »Das höre ich gerne. Haben Sie gerade Mittagspause?«

      »Nein, ich formuliere gerade eine Klageschrift. Aber wenn Sie in der Nähe sind, verschiebe ich die Arbeit.«

      Philipp seufzte. »Ich bin zu Hause. Leider komme ich heute hier auch nicht weg.«

      In Katharina stieg Bedauern auf. Sie hätte den Fürsten gerne getroffen. Sie wollte es sich kaum eingestehen, doch schon jetzt, am zweiten Tag, vermisste sie die gemeinsamen Ausritte. Wenn sie neben ihm ritt, fühlte sie sich frei und geborgen zugleich. Zudem löste seine Nähe ein Kribbeln in ihr aus, das sehr angenehm war. Sie war eindeutig verliebt.

      »Können wir uns heute Abend sehen?«, fragte sie hoffnungsvoll.

      »Leider nein«, sagte Philipp bedauernd. »Ich fürchte sogar, ich bin die ganze Woche zu beschäftigt.«

      »Das ist schade.«

      »Ja, aber leider nicht zu ändern. Ich wollte Sie fragen, ob wir Samstag zusammen etwas unternehmen? Als Ausgleich sozusagen.«

      Katharinas Herz tat vor Freude einen Sprung. Den ganzen Tag mit Philipp zusammen sein! Die Aussicht war wunderbar. Etwas Schöneres konnte sie sich nicht vorstellen. »Nichts, was ich lieber täte.«

      »Also abgemacht.« Aus Philipps Stimme klang ehrliche Freude. »Ich hole Sie um zehn Uhr bei Ihrer Tante ab. Entschuldigen Sie mich jetzt bitte. Ich muss Schluss machen. Da ist ein Anruf auf der anderen Leitung.«

      Beschwingt legte Katharina auf. Sie lächelte, und ihre blauen Augen blitzten vor Vorfreude. Sie würde mit Philipp einen Ausflug machen. Den ganzen Tag wären sie zusammen! Auf einmal ging ihr die Arbeit viel leichter von der Hand.

      *

      Philipp legte den Hörer auf die Gabel und gönnte sich einen Moment, in der er dem Gespräch nachspürte. Katharinas Stimme klang ihm noch im Ohr, und die Freude, die er darin gehört hatte. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er hatte den Eindruck, dass Katharina sich in ihn verliebte. Ihm selbst schien, als habe er sich in dem Augenblick in die Komtess verliebt, als er sie das erste Mal erblickte.

      Das Telefon läutete erneut und riss ihn endgültig aus seinen angenehmen Gedanken. Herr Rehmann war am Apparat.

      »Durchlaucht, wie gut, dass ich Sie erreiche. Ich rufe wegen des Kredits an.«

      »Hatten Sie Erfolg mit der Stundung?«

      Herr Rehmann zögerte einen Augenblick. »Ich fürchte noch nicht.«

      Die Worte trafen Philipp wie eine kalte Dusche. Unwillkürlich richtete er sich in seinem Stuhl auf und fasste den Telefonhörer fester. »Wie meinen Sie das?«

      »Frau Daldorf wies darauf hin, dass die Regeln für Kredite neuerdings strenger sind. Daher haben wir noch keine Einigung erzielen können. Aber wir sind für Dienstag zu einem weiteren Gespräch verabredet.« Wieder zögerte Herr Rehmann einen Augenblick. »Ich denke es wäre gut, wenn Sie daran teilnähmen, Fürst. Immerhin haftet der fürstliche Besitz für einen Kredit.«

      Mit Fiona über Geld und Kredite zu verhandeln war das letzte, was Philipp wollte. Im Stillen verfluchte er Herrn Rehmann und seinen Vater dafür, dass sie ausgerechnet bei der Daldorf-Bank den Kredit aufgenommen hatten. Er atmete tief durch und sagte ruhig: »Selbstverständlich komme ich, Herr Rehmann.«

      *

      Der Samstag brach mit drückender Schwüle an. Es würde sicherlich ein Gewitter geben im Laufe des Tages. Aber daran dachte Komtess Katharina nicht, als sie die hellblaue kurzärmelige Seidenbluse anzog, die ihre blauen Augen so wunderbar betonte. Dazu ein enger kurzer Seidenrock in Dunkelblau und neue Pumps. Ihre blonden Haare hatte sie gestern noch schneiden lassen, so dass sie wieder kurz über den Schultern endeten. Katharina musterte sich kritisch in dem Spiegel des Bauernschranks, der in der Diele stand, und fand nichts auszusetzen.

      »Was habe ich für eine elegante und schöne Nichte«, sagte Irene. Sie stand in der Küchentür und musterte Katharina wohlwollend. »Da komme ich mir ja richtig bieder vor.«

      Katharina lachte. »Wenn ich eine Schürze umbinden und einen Kochlöffel in der Hand halten würde, sähe ich auch bieder aus.« Sie wechselte das Thema. »Macht es dir wirklich nichts aus, wenn ich den ganzen Tag fort bin?«

      »Nein. Ich sehe doch, wie verliebt du in Fürst Philipp bist.«

      Katharina wurde rot. »Ist das so offensichtlich?«

      Irene lächelte. »Kein Grund, sich zu schämen. Ihr gebt ein hübsches Paar ab. Und ich fand den Fürsten schon immer sympathisch.«

      Katharina fiel keine Erwiderung darauf ein. Zum Glück wurde sie einer Antwort enthoben, weil es in diesem Augenblick an der Tür schellte. Katharina öffnete. Fürst Philipp stand vor ihr, ein Bouquet gelbe Nelken in der Hand. Er trat an Katharina vorbei und überreichte Irene die Blumen. »Guten Morgen, Frau Lorenzen. Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich Ihnen Katharina entführe.«

      »Wie aufmerksam.« Irene freute sich sichtlich über den Strauß. »Machen Sie sich keine Gedanken. Ich habe Katharina ja die ganze Woche für mich.«

      Katharina griff nach ihrer Handtasche, und mit einem kurzen Gruß verließen sie das Haus.

      »Genießt den Tag!«, rief Irene ihnen hinterher.

      »Ihre Tante ist sehr nett«, sagte Fürst Philipp, als er den Wagenschlag des Cabrios für Katharina aufhielt.

      »Ich könnte mir keine bessere Tante wünschen«, stimmte Katharina zu und wechselte das Thema. »Wohin fahren wir?«

      »Ich dachte an Lübeck. Aber grundsätzlich: wohin Sie möchten«, sagte Philipp mit einem charmanten Lächeln.

      »Lübeck ist wunderbar. Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr dort.«

      Katharina genoss die Fahrt. Der warme Sommerwind strich ihr über die Haut, und der Duft frisch gemähten Heus lag in der Luft. Das Korn auf den Feldern leuchtete gelb in der Sonne. In den Seen, an denen sie vorbeikamen, funkelte das Wasser. Es war ein herrlicher Tag, nur im Westen zogen sich dunkle Wolken am Horizont zusammen.

      Als sie in Lübeck auf einen Parkplatz bogen, warf Philipp einen skeptischen Blick auf die Wolken und schloss das Verdeck, bevor sie den Wagen verließen.

      »Nur zur Sicherheit«, erklärte er.

      Hand in Hand schlenderten sie am Holstentor vorbei Richtung Rathaus. Katharina genoss Philipps Nähe und schmiegte sich unwillkürlich an ihn. Während sie durch die Gassen der Altstadt bummelten und die Bürgerhäuser vergangener Jahrhunderte bestaunten, zog sich der Himmel immer weiter zu. Wind kam auf und fegte durch die engen Gassen.

      »Sollen wir irgendwo einkehren?«, fragte Philipp besorgt.

      Katharina schüttelte den Kopf. Eine Bö trieb ihr eine Strähne ihres Haares in den Mund, und sie fischte sie wieder heraus. »Ich mag Wind und Wolken. Brütende Hitze hatten wir lange genug.«

      Sie gingen zum Fluss und spazierten an der Trave entlang. Plötzlich zuckten Blitze, und der Himmel öffnete seine Schleusen. Der Regen setzte überraschend und heftig ein. Katharina und Philipp waren durchnässt, bevor sie auch nur einen Baum erreicht hatten, unter den sie sich notdürftig stellen konnten.

      Der Regen drang durch Katharinas Sommerkleidung. Obwohl es noch immer warm war, bekam sie eine Gänsehaut und rieb ihre Arme. Philipp bemerkte es. Er zog sein Jackett aus und legte es Katharina um die Schultern.

      »Sie werden ganz nass«, protestierte sie.

      Philipps weißes Hemd klebte an seinem Körper. Er zuckte die Schultern und sah Katharina in die Augen. Sie standen so dicht voreinander, dass Katharina die Wärme seines Körpers spürte. Auf einmal zog Philipp sie an sich und küsste sie. Katharina erwiderte den Kuss und schlang die Arme um Philipps kraftvollen Körper. Es schien ihr das Natürlichste von der Welt, ihn zu küssen, während