Maria Czigler Bianca

Fürstenkrone Staffel 8 – Adelsroman


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ihn, auch wenn es bei geschäftlichen Besprechungen häufig Differenzen gab – wenn sie allein mit ihm war, gab es nur noch Liebe zwischen ihnen.

      Marco führte sie zu einer Bank in einer Rosenlaube. Sie setzten sich, und er fragte leise: »Glaubst du, dass du diesen Grafen für eine gewisse Zeit ertragen kannst?«

      »Habe ich eine andere Wahl?« Es klang bitter, und Silvia seufzte, als sie den Kopf an seine Schulter lehnte. Zwei Seelen wohnten in Silvias Brust.

      Einerseits war sie skrupellos genug, um einem Mann Liebe vorzuheucheln, wenn sie sich dadurch Profit erhoffte. Andererseits jedoch hätte sie gern auf diese Lügen verzichtet, wenn sie über genügend Geld verfügt hätte, das ihr das gewünschte Leben erlaubte.

      »Wenn du genug Geld abgestaubt hast, werde ich wieder im Spielkasino mein Glück versuchen. Hab Vertrauen, mein Liebes, denn eines Tages werde ich den ganz großen Coup landen, und dann werden wir nur noch für uns leben.«

      Leidenschaftlich presste er sie an sich, bedeckte ihr Gesicht mit glühenden Küssen und flüsterte ihr verliebte Worte zu.

      »Und Maria?«, fragte sie, als Marco ihr endlich eine Atempause gestattete.

      »Tja, das ist ein Problem …«

      »Das ist es nicht«, antwortete Silvia heftig. »Maria bleibt dabei und – basta. Sie war es, die mich aus der Gosse geholt und mir Umgangsformen beigebracht hat. Ihr habe ich es zu verdanken, dass ich mich benehmen kann. Sie wird bei mir bleiben, und davon lasse ich mich nicht abbringen.«

      »Oh, eine der wenigen anständigen Regungen?«, spottete er gutmütig. »Na schön, wenn du auf deine Busenfreundin nicht verzichten willst, nehmen wir sie zu uns. Wir brauchen irgendwann auch mal ’ne Kinderfrau, meinst du nicht auch?«

      Ungläubiges Staunen malte sich auf Silvias Gesicht aus, dann fiel sie Marco um den Hals und sagte überglücklich: »Oh, Marco, ich wusste, dass du mich verstehst. Ich wusste es, und ich liebe dich dafür noch viel mehr.«

      *

      Ein freudiger Schimmer erhellte Gräfin Ludovicas Augen, als sie sah, dass Ulrikes roter Sportwagen in den Innenhof des Schlosses einbog.

      »Amanda, rasch, holen Sie meine Stola, ich möchte der Baroness entgegengehen!«, rief die Gräfin.

      Die Zofe war froh, dass durch Ulrike ein bisschen Abwechslung ins Schloss kam, denn die Gräfin war an diesem Tag unausstehlich. Nichts war ihr recht zu machen, an allem hatte sie etwas auszusetzen.

      Ulrike von Menden wusste nicht, dass ihr Kommen bereits bemerkt worden war. Sie parkte ihren Sportwagen, der auch nicht mehr der neueste war, neben dem rechten steinernen Löwen, der seitlich der Freitreppe wachte.

      Ulrike war heute recht salopp gekleidet. Sie trug Jeans und ein Sweatshirt und bequeme Freizeitschuhe. Ihre Lederjacke hatte sie lässig über die Schulter geworfen.

      Noch bevor die Baroness den breiten Treppenabsatz vor dem Portal erreichte, wurde die Tür geöffnet, und Tante Ludovica erwartete Ulrike mit ausgebreiteten Armen.

      »Kind, ich kann dir nicht sagen, wie ich mich freue!«, rief die alte Dame und lachte die junge Frau an.

      »Ich mich auch.« Die Baroness umarmte die Gräfin. »Ich habe es in der Stadt ganz einfach nicht mehr ausgehalten. Allerdings hegte ich die leise Befürchtung, dass ich ungelegen kommen könnte.«

      »Du doch nicht«, antwortete die Gräfin und hakte sich bei ihr unter. »Im Gegenteil, du kannst mir helfen. In knapp einer Stunde kommt ein Herr Philip Kant. Er will sich als neuer Diener bewerben.«

      Ein tiefer Seufzer kam über Tante Ludovicas Lippen, anklagend schaute sie Ulrike an. »Stell dir vor, Kind, es ist schon der elfte.«

      »Diener?«, hakte Ulrike von Menden nach, denn sie konnte es nicht glauben.

      »Was denn sonst?«, Tante Ludovica schüttelte den Kopf. »Früher war es wesentlich leichter, einen guten Diener zu bekommen.«

      »Ach, das meinst du nur, Tante.« Sie hatten inzwischen das blaue Zimmer erreicht, in dem die Schlossherrin sich besonders gern aufhielt.

      »Die Erinnerung gaukelt uns Dinge vor, die in Wirklichkeit ganz anders waren.«

      »Man könnte meinen, wir hätten die Rollen vertauscht«, polterte Tante Ludovica laut los. »Gehe ich auf die siebzig zu oder du? Wer kann eigentlich von alten Zeiten sprechen? Ts, ts, die Jugend von heute wird immer besitzergreifender. Jetzt will sie uns auch schon die alten Zeiten nehmen.«

      »Du bist wohl mit dem linken Fuß aufgestanden?« Die Baroness nahm Tante Ludovica in gewissen Situationen einfach nicht ernst, denn sie wusste, dass die alte Dame sich nicht wohlfühlte, wenn sie nicht aufbegehren konnte.

      Tante Ludovica antwortete nicht. Wie konnte sie der Baroness auch sagen, dass es weder der linke Fuß noch das schlechte Wetter war, das ihre schlechte Laune provoziert hatte.

      Es war das Telefongespräch, das sie heute Morgen mit ihrem Neffen Gerhard geführt hatte. Offen hatte Gerhard ihr mitgeteilt, dass er sich bis über beide Ohren in die wundervollste Frau verliebt habe, die er je gesehen habe.

      Dieses Gespräch war Tante Ludovica auf den Magen geschlagen, doch es gab niemanden, mit dem sie darüber reden konnte. Sicher, mit Amanda vielleicht … Die Zofe war seit mehr als zwanzig Jahren die Vertraute der alten Dame.

      »Setz dich«, sagte die Gräfin und deutete auf einen Sessel. »Möchtest du eine Erfrischung? Vielleicht einen Tee? Oder etwas Kaltes?«

      »Danke, im Augenblick nicht«, antwortete Baroness Ulrike und senkte den Kopf. Jetzt, da sie mit Tante Ludovica allein war, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten.

      »Aber Kind, Tränen? Na, na …, es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird.« Die alte Dame räusperte sich kräftig. »Hast du …, äh …, hast du vielleicht mit Gerhard telefoniert?«

      »Wie kommst du denn darauf?«, Ruckartig hob Ulrike den Kopf. Sie sah die Gräfin nur verschwommen durch den Tränenschleier. »Meinst du, dass ich dann einen Grund zum Weinen hätte?«

      »Wie?« Tante Ludovica legte die Hand hinter die Ohrmuschel. Bei verschiedenen Gegebenheiten war es ganz günstig, ein schlechtes Gehör vortäuschen zu können. Das verschaffte Zeit zum Nachdenken.

      »Warum bringst du meine Tränen mit einem Anruf bei Gerhard in Verbindung?« Ulrike hob die Stimme leicht an und beobachtete die alte Dame scharf. Es geschah nicht zum ersten Male, dass die Baroness den Verdacht hegte, dass Tante Ludovicas Gehörschwäche nur gespielt war.

      »Zufall, purer Zufall«, murmelte die Gräfin, legte beide Hände über den Elfenbeinknauf ihres Gehstockes und schaute sinnend zum Fenster hinaus. »Ist das nicht ein scheußliches Wetter, Kind? Man könnte gemütskrank werden …«

      »Weißt du, warum Gerhard nicht nach Hause kommt?« Die Baroness ging auf das Ablenkungsmanöver der alten Frau gar nicht ein. »Ich habe gestern mit ihm telefoniert. Er …, er klang sehr seltsam. So ungeduldig und ablehnend.«

      »Nun …, mir sagte er, er habe noch geschäftlich einiges zu erledigen«, schwindelte Tante Ludovica, die insgeheim hoffte, diese plötzliche Verliebtheit ihres Neffen würde ebenso schnell wieder vorbeigehen, wie sie entstanden war. »Ich glaube, ihm ist so einiges schiefgegangen, und deswegen ist er unleidlich. Zu mir war er heute Morgen auch nicht gerade freundlich.«

      »Meinst du wirklich …?«, fragte Ulrike von Menden zögernd. Nur zu gern war sie bereit, der alten Dame zu glauben, denn die eigenen Überlegungen und Mutmaßungen machten die Baroness nur unglücklich.

      »Aber sicher«, bekräftigte Tante Ludovica und klopfte mit dem Stock auf den Boden. »Du musst nicht gleich Gespenster sehen, bloß weil der gute Gerhard mal kein Süßholz raspelt.«

      »Ach, jetzt, wo ich mit dir rede, erscheint mir alles nicht mehr so schlimm. Wahrscheinlich hast du recht, Tante Ludovica. Ich habe mich in irgendetwas hineingesteigert.« Die Baroness atmete hörbar auf, wischte sich die Tränen ab und lächelte die Gräfin