Lisa Simon

Mami Staffel 7 – Familienroman


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      »Ist fast wie im richtigen Meer«, schwärmte Willy, während die Brandung ihn tüchtig auf und ab hüpfen ließ. »Bloß nich’ so viel Wasser und Himmel.«

      »Und keine Möwen!« kreischte Julchen, ehe sie von einer künstlichen Welle hochgehoben und tüchtig durchgeschaukelt wurde.

      Am nächsten Tag schien dann endlich wieder die Sonne. Jetzt waren die Kleinen damit beschäftigt, all die vielen Muscheln zu sammeln, die der Sturm an Land gespült hatte. Als sie abends ihre Ausbeute in den Bollerwagen legten, konnten die Zwillinge wirklich stolz sein. Sie hatten drei große Sandeimer mit den schönsten Muscheln und Steinen eingesammelt, die am Strand zu finden gewesen waren.

      *

      »Morgen möchte ich vielleicht doch mal wieder an den Strand gehen«, verkündete Melinda, als Stephan und sie am Abend auf der Terrasse saßen. »Aber diesmal mietest du bitte einen Strandkorb. Ich möchte nicht schon wieder gebraten werden.«

      Stephan zog die Stirn kraus. Kurzfristiges Mieten eines Strandkorbs in der Hauptsaison, das war so etwas Ähnliches wie ein Sechser im Lotto. Aber er wollte Melinda nicht schon wieder die Laune verderben.

      »Ist in Ordnung«, erwiderte er deshalb und mühte sich ein Lächeln ab. »Ich werde sehen, was ich erreichen kann.«

      »Du mußt eben rechtzeitig losgehen«, lautete Melindas lässige Antwort. »Die Kassen schließen, wenn keine Körbe mehr frei sind.«

      »Ich weiß.« Stephan hatte den Informationsprospekt gelesen, der überall auslag.

      Madam wollte einen Strandkorb und bitte, einen schönen, geräumigen Liegekorb, in dem ihr Luxuskörper vor der bösen Sonne geschützt wurde. Also würde der Prinz morgen, in aller Frühe, losreiten und ein Exemplar für das Prinzeßchen erkämpfen. Der Prinz tat ja alles, um die Prinzessin zufriedenzustellen, bloß, damit dieser Urlaub nicht eine einzige Katastrophe wurde!

      Er stellte sich sogar den Wecker, um rechtzeitig an der Kasse des Nordstrandes zu erscheinen und einen Korb zu ergattern. Auf dem Rückweg kam ihm Roberta mit den Zwillingen entgegen. Ihr fröhlicher Gesang schallte weithin über die Dünen und übertönte sogar das Schreien der Möwen, die am Himmel ihre Kreise zogen.

      »Immer noch besser, als’n Kolbenfresser…!« war alles, was Ste-phan verstand, der Rest ging in Gekichere und Gejuchze unter, das jedoch verstummte, als die Kinder ihn erkannten.

      »Der Hohlroller ist ja schon auf«, murmelte Willy, zum Glück so leise, daß es Stephan nicht hören konnte.

      »Guten Morgen«, grüßte Roberta freundlich. »Na, so früh schon auf den Beinen? Sagen Sie bloß, Sie waren schon im Wasser.«

      »Nein, nein, ich habe nur einen Korb gemietet«, erklärte Stephan schnell. »Melinda möchte nachher an den Strand, aber sie hat Angst, daß sie sich wieder einen Sonnenbrand holt.«

      »Aha.« Täuschte er sich, oder funkelte da eine tüchtige Portion Spott in Robertas Augen? »Nun, es ist gewiß gesünder, sich vor der Sonne zu schützen«, erwiderte Roberta harmlos. »Ich achte auch sehr darauf, daß die Kinder immer gut eingecremt sind und ihre Sonnenhüte aufhaben.«

      »Gehen wir jetzt endlich?« quengelte Julchen.

      Roberta nickte.

      »Also dann, bis später, Herr Nachbar«, meinte sie eilig, dann setzte sie ihren Weg fort, während Stephan eher unlustig in das Fe-

      rienhaus zurückkehrte.

      Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, das es besser gewesen wäre, mit Roberta und den Kindern an den Strand zu gehen. Das wurde bestimmt lustiger als ein Nachmittag mit Melinda.

      Als er bei diesem Punkt seiner Gedanken angekommen war, durchfuhr Stephan ein heilloser Schreck. –

      Natürlich hatten andere Leute den Korb bezogen, als Melinda und Stephan endlich am Strand erschienen. Melinda hatte bis ein Uhr geschlafen, dann eine gute Dreiviertelstunde im Bad verbracht und war erst dann, nach einem »Pressefrühstück«, Zigaretten, Zeitung und schwarzer Kaffee, bereit gewesen, sich in ihren sexy Bikini und das dazu passende schicke Strandkleid zu werfen.

      Stolz aufgerichtet spazierte sie durch den Sand, während Stephan, beladen mit allem, was Madame so für ein gemütliches Sonnenbad benötigte, hinter ihr her stolper-

      te.

      »Und wo ist nun unser Korb?« fragte Melina.

      »Nummer zweihundertzehn«, keuchte Stephan und stolperte weiter. Er hatte den Korb entdeckt und auch das Pärchen, das sich darin breitmachte.

      Erleichtert ließ er erst einmal die schwere Tasche in den Sand fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Melinda stolzierte indessen auf den Strandkorb zu und forderte die alte Dame, die entspannt in einem Buch las, auf, diesen zu verlassen.

      »Wie kommen Sie dazu, sich hier einfach niederzulassen?« fuhr Mel die Dame an. »Das ist mein Korb, verstanden! Machen Sie, daß Sie hier herauskommen.«

      Die alte Dame ließ ihr Buch sinken und starrte Melinda verständnislos an.

      »Aber…«, versuchte sie zu protestieren, doch Melinda war nicht der Typ, der diskutierte.

      Sie riß der Frau das Buch aus den Händen und warf es in den Sand. Anschließend wollte sie sich über die mitgebrachten Badeutensilien der Dame hermachen, um diese ebenfalls in der Gegend zu verteilen, aber Stephan kam ihr zuvor und gebot ihrem Toben Einhalt.

      »Hör doch auf!« fuhr er seine Verlobte an. »Das ist nicht unser Korb. Der steht da drüben!« Er wies auf einen der nagelneuen bunten Körbe, die die Kurverwaltung erst in diesem Jahr angeschafft hatte. »Entschuldigen Sie«, wandte sich Stephan dann an die alte Dame, die sich inzwischen erhoben hatte. »Das war ein Mißverständnis.«

      Hastig riß er Melinda die Tasche der Dame aus den Händen und hob das Buch auf.

      »Aber du hast doch gesagt, das wäre unser Korb!« protestierte Melinda irritiert.

      »Ich sagte, Nummer zweihundertzehn«, klärte Stephan sie auf. »Das ist Nummer sechshundertzwanzig!«

      »Aber du bist neben diesem stehengeblieben.« Melinda mußte einfach immer recht behalten, egal wie!

      »Meine Güte!« Stephan wäre vor Wut über Mels Benehmen beinahe geplatzt, aber er beherrschte sich im letzten Moment. Mit einem mühsam zusammengekratzten Lä-cheln, das seine Freundlichkeit und gleichzeitig sein Bedauern ausdrücken sollte, wandte er sich erneut an die alte Dame, um ihr nochmals zu versichern, wie leid ihm das alles tue.

      Zum Glück war die Dame nicht nachtragend.

      »Schon gut, junger Mann«, erwiderte sie in tröstendem Tonfall. Wahrscheinlich dachte sie, daß Stephan mit seiner Verlobten schon genug gestraft war. »Es ist ja nichts passiert.«

      Sie machte es sich erneut in ihrem Korb bequem, während sich Stephan die Riemen der schweren Tasche über die Schulter warf, Melindas Arm ergriff und sie hinter sich her zum Strandkorb Nummer zweihundertzehn zog.

      Das Pärchen, das sich hier niedergelassen hatte, war nicht so duldsam wie die alte Dame.

      »Nö«, erklärte der junge Mann, ein Schlägertyp mit breiter Nase und Glatze. »Wir gehen hier nicht weg. Sucht euch einen anderen Platz.«

      »Aber der Korb gehört uns!« beharrte Melinda störrisch. Sie war jetzt wirklich ärgerlich. »Wir haben ihn gemietet und können das auch beweisen. Also, verschwinden Sie, nehmen Sie Ihren Krempel und machen Sie, daß Sie mir aus den Augen kommen.«

      »Wohl’n Sonnenstich, Baby?« spottete der Schlägertyp und ließ sich wieder im Korb nieder. Seine Braut kicherte albern und kuschelte sich demonstrativ an die breite Brust ihres Galans.

      »Stephan!« Melinda schnellte herum. »Würdest du bitte etwas unternehmen?«

      Stephan stieß einen langen, genervt klingenden Seufzer aus. Dieser ganze Urlaub war die reine Katastrophe!

      Roberta