die geschickt ihre Runden drehten.
Den Rufer konnte Roberta nirgendwo entdecken.
»Roberta!«
Die Hand, die sich plötzlich auf ihre Schulter legte, erschreckte Ro-berta so, daß sie einen schrillen Schrei ausstieß. Anni stellte sofort das Fell, aber als sie den »Angreifer« erkannte, begann sie erfreut zu wedeln.
»Stephan!« Mit allem hatte Robbi gerechnet, nur nicht mit einem Wiedersehen mit ihrer heimlichen Urlaubsliebe. »Um Gottes willen, was machst du denn hier?«
»Ich habe deinen Rat befolgt«, grinste Stephan und hielt einen großen bunten Karton hoch. »Hier, ein neuer Herr Schröder, für deine Kinder. Glaubst du, sie werden mir jetzt verzeihen?«
»Ich – ich weiß nicht.« Roberta war vollkommen durcheinander. Hilflos sah sie sich um. Was sollte sie jetzt tun? Wie reagieren? »Ich – ich muß unbedingt in den Laden«, stammelte sie schließlich überstürzt. »Schuhe! Ich brauche Schuhe. Komm, Anni.«
Bevor Stephan reagieren konnte, war Roberta in dem Schuhgeschäft verschwunden.
Aber er wollte sich nicht noch einmal abweisen lassen. Der Zufall hatte ihm Roberta ausgerechnet heute über den Weg geführt. Er war wild entschlossen, diesen Wink des Schicksals zu befolgen und »Nägel mit Köpfen« zu machen.
Also folgte er seiner Ange-
beteten und betrat gleich darauf das inzwischen gut besuchte Geschäft.
Roberta stand vor einem Regal voller bequemer Wander- und Halbschuhe. Anni saß, artig wie immer, neben ihr und schnupperte an einem Paar abgelaufener Schuhe, deren Besitzerin gerade ein paar kniehohe Stiefel anprobierte.
»Hübsch.« Stephan trat hinter Roberta und deutete auf ein paar halbhohe Laufschuhe. »Die kleiden dich bestimmt.«
»Ich weiß nicht.« Seine Nähe machte sie nervös. Unschlüssig griff Roberta nach den Schuhen, eigentlich nur, um ihre nervösen Hände zu beschäftigen. »Was hältst du von den anderen, den braunen?«
»Auch gut.« Stephan rückte noch ein Stück näher. »Verzeihst du mir?«
»Laß das!« Robertas Stimme klang flehend. Sie war vollkommen durcheinander.
Hastig fuhr sie herum, schnappte sich die Schuhe und ging zu einem der Sessel, um sie anzuprobieren. Stephan beobachtete sie, wie sie aus ihren Pumps schlüpfte, nach dem neuen Schuh griff, und überzog…
Er mußte etwas tun. Irgend etwas, das erstens Robertas Aufmerksamkeit weckte und zweitens eine Entscheidung brachte.
»Roberta?« Er erschrak selbst über die Lautstärke seiner Stimme. Himmel, sämtliche Kunden starrten ihn an! Man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören können, so still war es auf einmal in dem Geschäft. »Roberta!« versuchte es Stephan trotzdem noch einmal, obwohl er sich noch nie in seinem Leben derartig belämmert vorgekommen war. »Willst du mich heiraten?«
Roberta sah sich wie gehetzt um. War dieser Mann von allen guten Geistern verlassen? Wie konnte er nur – und das vor allen Leuten?!
»Roberta!« Bei dem Klang ihres Namens zuckte Robbi nervös zusammen. Wenn Stephan doch nur stumm wäre! »Roberta, bitte, ich möchte, daß du meine Frau wirst.«
Schweigen, Stille, und dann, als Roberta immer noch nicht antwortete, die dunkle, väterlich klingende Stimme eines Mannes, der das riet:
»Ja, Roberta, sagen Sie doch mal was!« Eine weibliche fügte hinzu: »Wo er doch so schön bittet.«
»Ist das romantisch«, hauchte eine sehr jugendliche, weibliche Stimme. »Ach, Tommy, auf solche Ideen kommst du nie.«
Was der Angesprochene darauf erwiderte, verstand Roberta nicht mehr. Sie war – einem plötzlichen Entschluß folgend – aufgesprungen und Stephan um den Hals gefallen.
Ihr Herz klopfte vor Glückseligkeit. Am liebsten hätte sie gelacht, geweint und Purzelbäume geschlagen, vor lauter Euphorie. Aber alles, was sie herausbrachte, war ein:
»Ja, ja, ich will!«
Stephan stutzte einen Moment, dann stieß er einen Jubelschrei aus und umfing sie. Übermütig vor Freude hob er Roberta hoch und drehte sich mit ihr im Kreis, bis ihr ganz schwindlig war.
Erst, als sie schon fürchtete, das Bewußtsein zu verlieren, stellte er seine frischgebackene Braut auf die Füße und küßte sie, daß Roberta buchstäblich sämtliche Englein im Himmel jubilieren hörte.
Die Kunden des Schuhgeschäfts, die die Szene mit gespannter Neugierde verfolgt hatten, klatschten begeistert Beifall. Aber das hörte das selig verliebte Paar gar nicht. Die beiden waren vollkommen in ihrem Glück versunken, das sie nun endlich gefunden hatten.
Anni betrachtete die beiden mit schiefgelegtem Kopf, dann streckte sie sich auf dem Fußboden aus und schloß die Augen.
Bis sich die beiden ihrer erinnerten, konnte es eine ganze Weile dauern…
»Ich bin mit Ihrer Arbeit sehr zufrieden, Frau Kamrath.« Dr. Gün-ther Kleiber, Rechtsanwalt und Nicole Kamraths Chef, lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und sah die hübsche junge Frau aufmerksam an. »Ich bewundere Ihren Fleiß und die Ausdauer – Sie haben als Rechtsanwaltsgehilfin angefangen, wenn ich mich nicht irre?«
Nicole konnte eine zate Röte in ihrem Gesicht nicht verhindern; das ungewohnte Lob ihres Arbeitgebers hatte sie tatsächlich verlegen gemacht! Schließlich nickte sie und sagte: »Ja, das war vor drei Jahren.«
Dr. Kleiber erhob sich. »Wenn Sie weiterhin so ehrgeizig sind, können Sie in ihrem Leben noch viel erreichen, Frau Kamrath, Ich werde Ihnen etwas verraten: Ich habe vor, demnächst meine Kanzlei zu vergrößern. Sie wissen ja selbst, daß wir mehr Mandate angeboten bekommen, als wir übernehmen können. Wenn ich einen Partner in die Kanzlei einbringe, dann bedeutet dies, daß dieser Partner auch eine eigene Sekretärin braucht. Wären Sie an diesem Job interessiert?«
Nicole war ebenfalls aufgestanden und starrte jetzt ungläubig zu Dr. Kleiber hinüber, der noch immer hinter seinem wuchtigen Eichenschreibtisch stand. Sie brachte kein Wort hervor, so überrascht war sie von diesem verlockendem Angebot.
Dr. Kleiber sagte schmunzelnd: »Ich sehe, Sie sind einverstanden. Die neue Arbeit ist natürlich auch mit einem wesentlich höherem Gehalt verbunden – aber sagen Sie bitte den Kolleginnen nichts davon.«
Mit diesen Worten war Nicole entlassen, und sie wankte mit weichen Knien zurück an ihren Schreibtisch. Sie teilte den Raum mit drei weiteren Kolleginnen, die genau wie Nicole Gutachten und Gerichtsprotokolle schrieben, und machte sich wieder an die Arbeit. Es fiel ihr schwer, sich ihre Freude nicht anmerken zu lassen. Dies war nun das Ziel, für das sie jahrelang Abendkurse besucht und Fernlehrgänge belegt hatte!
Auf dem Weg nach Hause in ihr schickes Apartment summte Nicole laut die Melodie mit, die im Autoradio gespielt wurde. Rainer würde Augen machen, wenn er erfuhr, welchen Karrieresprung sie bald machte! Seit fast zwei Jahren war Nicole nun mit dem Finanzberater Rainer Gauer zusammen; sie lebten zwar in getrennten Wohnungen, trafen sich aber, so oft es Rainer bei seinen vielen Geschäftsterminen einrichten konnte.
Das luxuriöse Leben hatte Ni-
cole, die aus bescheidenen Verhältnisse stammte, bei Rainer kennengelernt. Sie waren im Urlaub auf den Malediven und in Neuseeland gewesen, und bald würde Nicole auch so viel Geld wie Rainer verdienen!
Sofort, als Nicole ihre Wohnung erreicht hatte, wählte sie Rainers Nummer, stellte aber enttäuscht fest, daß der Anrufbeantworter lief. Ja, Rainer war ein vielbeschäftigter Mann. Sie war stolz auf ihn! Lange würde es nicht mehr dauern, dann konnte er auch auf sie stolz sein.
Nicole wußte, daß ihr Freund Karrierefrauen schätzte – und ein bißchen hatte sie es auch ihm zu verdanken, daß sie fleißig gelernt hatte. Nicole ließ sich in die Polster des Ledersofas plumpsen – ach, war das Leben nicht herrlich?
Als