Леопольд фон Захер-Мазох

Gesammelte Werke von Sacher-Masoch


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Sie doch dem armen Weib die Gnade.«

      Ich nehme die Flinte und gehe mit ihm bis an den letzten Zaun des Dorfes.

      Dort faßt mich eine namenlose Angst, ich lasse meinen Heger und laufe beinahe nach Hause.

      Ich schäme mich fast – gehe leise auf den Fußspitzen – da hör’ ich –

      Er strich mehrmals die Haare aus der Stirne.

      Es ist nicht zu erzählen. – Ich reiße die Thüre auf, und meine Frau liegt – – »Ich störe vielleicht,« sage ich, und schließe wieder die Thüre.

      Was thu ich?

      Es ist einmal so bei uns. Der Deutsche freilich behandelt die Frau wie einen Unterthan, wir aber unterhandeln mit ihr auf gleichem Fuße, wie ein Monarch mit dem andern.

      Wir denken nicht: »Du kannst thun, was du willst. Die Frau muß zufrieden sein.« Bei uns hat der Gatte kein Privilegium, wir haben für Mann und Weib nur ein Recht.

      Nimmst du jede Schenkdirne unter das Kinn, so mußt du dulden, daß deine Frau sich von Jedem Artigkeiten sagen läßt. Liegst du in den Armen einer Fremden, dann schweige nur, wenn dein Weib einen Anderen umarmt.

      Hatt’ ich also ein Recht?

      Nein, ich hatte es nicht.

      Ich trat also zurück und ging vor der Thüre meiner Frau auf und ab.

      Ich fühlte eigentlich gar nichts, es war alles starr, still, ganz still!

      Ich sagte mir nur immer: »Hast du nicht dasselbe gethan? Du hast kein Recht, du hast kein Recht.«

      Jetzt kommt er heraus.

      Ich sage: »Mein Freund, ich habe Euch nicht stören wollen, aber weißt du nicht, daß das mein Haus ist?« – Er zitterte, auch seine Stimme zitterte.

      »Thu’ mit mir, was du willst!« sagte er.

      »Was soll ich mit dir thun? – Aber hast du so eine Idee von Ehre? – Wir müssen also ein paar Kugeln wechseln.«

      Ich leuchtete ihm noch die Treppe hinab. Dann ritt ich zu Leon Bodoschkan, er sollte mein Zeuge sein.

      Er lächelte trüb. »Es ist eigentlich eine Dummheit,« sagte er, »aber bis morgen früh soll alles in Ordnung sein. Thu’ mir nur die Liebe und lies mir heute Nacht diese Blätter da.« Damit gab er mir diese Papiere, sehen Sie, und ich trage sie seitdem immer bei mir. Merkwürdiger Mensch das!

      Ich las sie also.

      Eigentlich wozu?

      Ich forderte den Liebhaber meiner Frau, aber eigentlich hatte das nichts zu bedeuten.

      Ich war im Unrecht, ich wußte es also, aber die Ehre – nun Sie wissen. Aber es hatte alles nichts zu bedeuten.

      Ich wußte, daß er mich nicht treffen würde. Er konnte auf fünfzehn Schritt einen Heuschober nicht von einem Spatzen unterscheiden – und ich – nun, ich schieße gut.

      Ich konnte Rache nehmen. Ich konnte ihn tödten. – Niemand hätte ein Wort gesagt – aber ich hatte kein Recht und schoß vorbei. Denn ich war, wie gesagt, eben so schuldig als er oder mein Weib.

      Damals dachte ich daran, mich von meiner Frau zu trennen. Aber die Kinder! Das ist es. Das schmiedet paarweise uns zusammen für die Ewigkeit, und treibt uns fort im Sturmwind, wie in der Hölle Dante’s die Verdammten.

      Ueberhaupt, haben Sie wohl schon bedacht, wie uns die Natur anführt mit der Liebe? Gestatten Sie mir vielleicht – ach! was wollte ich sagen? – Ja – von Haus aus sind Mann und Weib eigentlich zur Feindschaft erschaffen. Ich hoffe, Sie mißverstehen mich nicht.

      Die Natur will unser Geschlecht fortpflanzen. Ja, was will sie denn sonst? wir aber bilden uns ein in unserer Eitelkeit und Leichtgläubigkeit, daß sie unser Glück im Auge hat.

      Ja – Fisch mit Mohn! – sobald das Kind da ist, ist es meist auch schon vorbei mit dem Glück und auch mit der Liebe, und Mann und Weib sehen sich an, wie zwei, die einen schlimmen Handel gemacht haben, beide sind getäuscht, und doch hat keines das andere betrogen. Sie aber glauben noch immer, daß es hier nur auf ihr Glück abgesehen ist und befehden sich, statt die Natur anzuklagen, welche uns zu der Liebe, welche so vergänglich ist, ein anderes Gefühl gegeben hat, das nie endet: die Liebe zu den Kindern.

      Nun so blieben wir denn zusammen.

      Er betrat mein Haus nicht mehr, aber sie sahen sich bei einer Freundin; es gibt so gute Seelen in der Welt; und ich schoß wieder meine Schnepfen.

      Ich begann die Frauen jetzt so anzusehen, wie eine Art Wild, dessen Jagd beschwerlicher, aber auch lohnender ist.

      Wissen Sie, wie man die Schnepfen schießt? – Nicht? – Man muß also wissen, wie fliegt der Schnepf?

      Er fliegt auf, macht drei Stöße, wie ein Irrlicht, zick! zack! dann vorne aus.

      Das ist der Augenblick. Da halte ich gerade hin und der Schnepf ist mein.

      So etwa auch die Frauen.

      Wenn man gleich losdrückt – aus ist es. Hat man aber einmal das Tempo, bekommt man jede –

      Zu Hause war Friede.

      Die Kinder liefen schon herum und denken Sie – jetzt hatte ich sie lieb. Ich liebte sie, weil meine Frau sie liebte.

      Oft dachte ich so, unsere Liebe ist da lebendig geworden und läuft so herum und spielt und lacht; und es wurde mir seltsam zu Muthe.

      Dann kam es wieder über mich wie Bosheit. Ich verlangte, daß die Kinder mich lieber haben sollten als die Mutter, daß sie mich allein lieben sollten.

      Da nahm ich sie zum Kamin, ließ sie auf meinem Knie reiten, erzählte ihnen Märchen, sang ihnen Lieder, die so das Volk singt, erzählte ihnen Anekdoten, wie etwa ein Jäger erzählt. Und das war wirklich merkwürdig. Ich hatte nämlich – allerdings – Sie wissen ja ich hatte noch ein Kind bekommen, es war das Kind eines fremden Mannes. Ein Mädchen; Sie glauben nicht, wie ähnlich meiner Frau; ganz sie.

      Man sagt gewöhnlich, die Mädchen sehen dem Vater gleich, die Söhne der Mutter. Ich habe es nicht erlebt. Der eine ist der Großvater, den andern weiß ich gar nicht, wo ich ihn hinthun soll; den hat meine Frau aus einem Roman. Keiner meiner Söhne hat was von der Mutter, aber das – fremde Kind, das Mädchen.

      War es, daß sie damals nur an sich und ihre Rache dachte.

      Also. Das Kind hängt sich an mich mit einer Liebe, und wußte doch, daß es mir verhaßt war.

      Wenn ich erzählte, bat es leise und setzte sich auf ein Schemelchen in die dunkle Ecke, hörte zu und nur seine Augen leuchteten.

      Ich schrie es oft an, daß es zitterte. Wenn ich fortging, stand es in der Ferne und sah mir nach. Wenn ich kam, lief es mir entgegen und erschrak dann über sich selbst.

      Einmal sagte der Bub: »Der Bär wird den Vater noch umbringen.« – Da sprang es auf und hatte die Augen voll dicker Thränen.

      Es war mir, als wäre das meine Frau, die sich angstvoll an mich drängte, die mich um Verzeihung flehte und um mich weinte.

      Einmal sagte ich zu dem Kinde: »Komm doch zu mir.« Da ward es purpurroth und lief davon. Langsam wurden wir die besten Freunde.

      Keiner meiner Buben war so wie ich.

      »Möchtest du Füchse schießen?« – »Ja,« sagte der Bub, »wenn es nicht so knallen möchte.«

      Wenn ich so erzählte von einem Bären. »Nun, er kam auf mich zu. Was glaubst du, was ich that?« Sagt der Bub: »Du bist fortgelaufen.« Das Mädchen aber lacht nur.

      Oft nahm sie ein Wolfsfell und schreckte die beiden, die sich unter dem Rock der Mutter versteckten.

      »Kennt ihr denn die Schwester nicht?« – »Mutter,« sagten sie, »sie ist dann ein wirklicher Wolf, ihre Augen funkeln so und sie heult, das es ein Vergnügen ist.«

      War