i bij), entgegnete Suwarow kalt, »und was Ihre Besorgnis betrifft, so verlassen Sie sich darauf, daß ich siege oder falle.«
»Gut denn, dann lassen Sie mich die Gefahr mit Ihnen teilen, General.«
»Ein Schlachtfeld ist kein Boudoir.«
»Wenn Sie mit Ihrem schwächlichen, leidenden Körper ein Held geworden sind, Suwarow,« entgegnete die schöne mutige Frau, »weshalb soll ich mit meinem kräftigen und gesunden nicht mindestens ein guter Soldat sein?«
»Ich bin ein Mann, Gräfin.«
»Und ich ein Weib, das ist noch mehr.«
»Wie Sie glauben.«
Suwarow setzte sich hierauf zu Pferde und ritt, unbekümmert um die türkischen Vorposten, welche wiederholt Feuer auf ihn gaben, ganz nahe an die feindliche Stellung, er überzeugte sich, daß dieselbe stark verschanzt sei und daß die Türken auf seinen beiden Flanken vorrücken.
»Sie wollen uns umgehen,« murmelte er, »gut, sehr gut, ich möchte nur wissen, welcher Dummkopf sie kommandiert.«
Der Morgen brach an, die Sonne schien kräftig und teilte rasch die Nebel, welche gleich Rauchsäulen gegen Himmel stiegen. Die Russen standen in Schlachtordnung. Suwarow ritt in seiner schmucklosen Uniform durch ihre Reihen und befahl der Infanterie, die Patrontaschen abzulegen. »Der Feind ist stark verschanzt«, sagte er, »wir müssen ihn mit dem Bajonett angreifen. Wer einen Schuß abfeuert, wird füsiliert.«
Das Regiment Simbirsk bildete die Reserve. »Was auch geschehen mag,« sagte Suwarow zur Gräfin, »Sie rühren sich nicht von der Stelle, nur im äußersten Falle, wenn alles flieht und die Gefahr groß ist, führen Sie Ihr Regiment gegen den Feind!«
Vor der Front des Regimentes lag ein kleiner Hügel, auf dem Suwarow mit seinem Stabe Posto faßte, neben ihn hielt die Gräfin auf einem feurigen schwarzen Pferde. So unempfindlich der berühmte Held sonst war, dieses Weib gefiel ihm, und die Gräfin war auch in der That in ihren hohen schwarzen Reitstiefeln, den weißen Beinkleidern, der grünen mit Gold verzierten Uniform, dem dreieckigen, mit Eichenlaub bekränzten Hut auf dem mit einer grünen Schleife gebundenen blonden Haar, der schönste Soldat, den man sich denken konnte. Suwarow zeigte sich auch um vieles gesprächiger als sonst.
»Sie fangen an, sich zu entwickeln,« sagte er, auf die Türken deutend, deren Fahnen und Flinten hinter den Schanzen sichtbar wurden. »Es sind Janitscharen, vortreffliche Truppen, sehen Sie ihre weißen Mützen, die umgestülpten Aermeln gleichen?«
»Wie kommen sie zu dieser seltsamen Kopfbedeckung?« fragte die Gräfin.
»Als sie errichtet wurden, segnete sie der Scheich der Derwische und indem er den Aermel seines weißen Oberkleides abschnitt und einem Soldaten auf den Kopf setzte, sprach er: »So sollen sie die Feinde schrecken und Janitschari, das ist neue Truppe, heißen.« Sie sind nicht wenig stolz darauf. Der Sultan selbst ist Janitschar des ersten Regimentes. An dem Tage seiner Krönung, wenn ihm nämlich der Ejab, der Säbel, umgeschnallt wird, zieht er an der Kaserne des 61. Regimentes vorbei, nimmt dort Kaffee und Sorbet und sagt zu den Janitscharen: »Will’s Gott, zu Rom oder Regensburg sehen wir uns wieder.« Ein unschuldiges Vergnügen, das man ihnen gönnen kann.«
»Und was bedeutet die rote Fahne, die dort sichtbar wird?« fragte die Gräfin.
»Das sind die Spahis, ihre beste Reiterei,« erwiderte Suwarow, »aber es ist Zeit!« Er machte das Kreuz und gab dann das Zeichen zum Angriff.
Mit einem male wirbelten auf der ganzen russischen Linie die Trommeln, und sämtliche Regimenter gingen vor. Die Geschütze begannen das Feuer, und als die Russen sich den türkischen Schanzen näherten, wurden sie auch von der feindlichen Infanterie mit einer verheerender Decharge empfangen, zugleich wurde Sturmstreich geschlagen, und alles lief mit gefälltem Bajonett Hurrah rufend, auf den Feind.
Der Pulverdampf und der Staub, welcher aufstieg, entzogen für kurze Zeit das eigentliche Schlachtfeld den Blicken des Generals. Als sich die grauen Wolken teilten, sah er seine Truppen auf allen Punkten weichen. Er gab seinem Pferde die Sporen und ritt unter sie, ihnen Mut zuzusprechen.
Schnell ordneten sich die Glieder und die ganze Linie ging noch einmal zum Angriff vor, doch ebenso fruchtlos wie das erste mal.
Die Türken erhoben ein wildes Allahrufen und ihre Musikbanden fielen mit dem betäubenden Lärm ihrer großen Trommeln, Pauken und Halbmonde ein.
Angriff auf Angriff wurde abgeschlagen. Da stellte sich Suwarow selbst an die Spitze seiner Leute und führte sie im heftigsten Kugelregen bis zu der Schanze, schon war dieselbe an einigen Stellen von den Russen erstiegen, als Suwarow einen Schuß in den Leib erhielt und von seinem Adjutanten zurückgebracht wurde; jetzt wich alles in Unordnung zurück.
Noch einmal sammelten sich die Regimenter Dank der erbärmlichen türkischen Taktik, welche sie unverfolgt ließ, und noch einmal liefen sie Sturm. Diesmal artete aber ihr Rückzug in Flucht aus und zugleich fiel die türkische Reiterei den Russen in die Flanke.
Vergebens sendete Suwarow seine Kosaken den Spahis entgegen, sie wurden geworfen, die Verwirrung war unbeschreiblich, jeder dachte nur noch daran, sich zu retten.
Da stieg Suwarow, obwohl schwer verwundet, in den Sattel, sprengte den Kosaken entgegen und warf sich mitten unter sie vom Pferde herab. »Lauft nur, lauft,« rief er, »und gebt Euren General den Türken preis!«
Diese Worte wirkten wie ein Zauberspruch.
Im Augenblick stand die ganze fliehende Armee wie eine Mauer und wendete sich im nächsten gegen den Feind. Zugleich brach die Gräfin mit ihrem Regimente vor und führte es, den Degen hoch erhoben, gegen die Verschanzungen, welche die Janitscharen verlassen hatten, um die fliehenden Russen zu verfolgen. Sie kümmerte sich wenig um die Kettenkugeln, welche ihr die türkischen Geschütze entgegensendeten und welche ganze Reihen ihres Regimentes niederrissen, schon stand sie auf der Schanze, um sie starrten die Bajonette ihrer Soldaten, die türkischen Artilleristen wurden niedergestoßen, die Geschütze waren genommen, die russische Fahne wehte hoch über ihnen, die Regimenter, die in der Ebene kämpften, ermutigend.
»Vorwärts und schlag!« das den Soldaten wohlbekannte Wort ihres Generals scholl von tausenden von Stimmen. Ein furchtbares Handgemenge begann, die Türken wichen, von ihren eigenen Schanzen aus im Rücken beschossen. Die Schlacht bei Kirnburn war gewonnen.
Suwarow setzte sich, während seine Kosaken den Feind verfolgten, auf eine Trommel und schrieb auf dem Rücken eines Soldaten folgenden denkwürdigen Bericht:
»Heute den Feind bei Kinburn getroffen und auf das Haupt geschlagen. Wie stark er war, weiß ich nicht, weil ich nicht darnach gefragt habe. Suwarow.«
Die Nacht war hereingebrochen, Suwarow lag in einem kleinen Zelte, das man schnell für ihn aufgeschlagen, auf Stroh, über das sein historischer Schafpelz ausgebreitet war. Der Feldscher hatte ihm eben die Kugel herausgezogen und den Verband angelegt, als die Gräfin eintrat, mit Blut bespritzt, mit Staub bedeckt, die gelbrote Gabelfahne des 37. Janitscharenregimentes in der Hand. Soldaten ihres Regimentes folgten mit den Kesseln, welche weit mehr als die Fahne, als Palladium der Janitscharen galten.
»Ich bringe Ihnen diese Trophäen, General,« sagte sie stolz, »als Beweis, daß eine Frau zu Zeiten auch mit etwas anderem umzugehen weiß als mit dem Kochlöffel.«
Suwarow lächelte und gab ihr die Hand. »Ich hoffe, daß Sie unverletzt sind,« sagte er.
»Aber Sie, Sie sind verwundet!« rief die schöne Frau mit lebhaftem Anteil.
»Die Wunde ist nicht gefährlich,« sagte der Feldscher, »aber der General braucht Ruhe und Pflege; ich werde die Nacht bei ihm wachen.«
»Nein, das ist meine Sache,« fiel die Gräfin rasch ein, »die Frau, welche Blut vergossen hat, hat um so mehr die Pflicht, Wunden zu heilen, aber Sie erlauben, General, daß ich es mir vorher bequem mache.«
Sie verließ das Zelt, um in kurzem in türkischen Pantoffeln und einem leichten Schlafrock zurückzukehren; dann schickte sie alle anderen fort und saß die ganze Nacht