Wohnung der Frau zu sagen, – und so alle zusammen hingehn. Es ist etwas zu lachen auf Monate.
DORNBERG. Wenn es Ihnen Vergnügen macht, von Herzen gern.
ROTHMANN. Schon in der bloßen Aktion des Kartenlegens liegt so etwas Abentheuerliches. –
AHLFELD. Kinder, Kinder, – ich weiß durch einen Zufall die Wohnung des Weibes, – aber bedenkt, ich bitte Euch, – o pfui. Ihr alle wolltet so abergläubisch sein?
JULIE. Kein Aberglaube, lieber Onkel, es ist nur des Spaßes wegen.
AHLFELD. Wir müssen dem Himmel dafür danken, daß die Aufklärung, ein vernünftiges Eclaircissement, endlich mit vieler Mühe zu Stande gebracht ist, und nicht nun muthwillig wieder einreißen, was so langweilig aufgebaut ist.
ROTHMANN. Aber das Poetische darin –
AHLFELD. Mit Erlaubniß, wo steckt denn das Poetische? – Phantastisch ist es, – barock und grotesk! – Ja, zu Hamlets und Makbeths Zeiten, das weiß ich selber gut genug, da wurden solche Hexen und Wahrsager aufs Theater gebracht, – das war das Zeitalter des dunkeln Mittelalters. Damals waren diese Phantome gleichsam noch amüsant, weil man noch daran glaubte; und wie ich sage, sie existirten blos deswegen, weil man daran glaubte. Das war also zu Hamlets Zeiten.
ROTHMANN. Zu Shakspeare's –
AHLFELD. Nun ja freilich, das behaupte ich eben. Aber jetzt ist die Menschheit zu vernünftig; denn die Fackeln und die Lichter, alle die Gelehrten, das Wesen, die Recensionen, – da ist ja alles, was man sonst vom Aberglauben dachte und schrieb, über den Haufen gefallen.
DORNBERG. Aber zur Ergötzung, –
AHLFELD. Nein, nein! ich kanns nicht zugeben. Ihr seid ja alle wie Werner geworden, über den wir eben erst gespottet haben.
JULIE. Wo wohnt die Frau?
AHLFELD. Nichts, nichts! ich erlaube es nicht, es kann nicht sein. – Man sollte das ganze Weib nur in die Denkwürdigkeiten der Churmark setzen, so wie einmal der Monddoktor in der Berlinischen Monatsschrift widerlegt wurde. Er war doch gestürzt, und wir haben seit der Zeit, Gottlob, einen Aberglauben weniger.
BERGER. Sie nehmen die Sache vielleicht zu ernsthaft.
AHLFELD. Ei, man kann da nicht zu ernsthaft sein. Ich bin hier der älteste und der vernünftigste, – ich kann's nicht zugeben. – Aber noch eins, ich muß vor dem Abendessen noch ausgehn, denn zum Essen komme ich gewiß zurück. – Zu EHLERT. Sie bleiben doch bei uns?
EHLERT. Wenn Sie erlauben.
AHLFELD. Ich gehe, denn es ist ein unumgängliches, gleichsam ein wichtiges Geschäft. – Adieu indessen! Ab.
Dreizehnter Auftritt
VORIGE, ohne AHLFELD.
JULIE. Wollen wir nun, wenn es Ihnen gefällig ist, in den Saal gehn? – Mich wundert, daß der Onkel noch so spät ausgeht.
DORNBERG. Es ist sonst seine Gewohnheit nicht.
WAGEMANN. Es muß ihm etwas eingefallen sein.
JULIE. Er kömmt erst zum Essen wieder, – wenn wir nur wüßten, wo die Frau wohnte, so könnten wir ja doch –
ROTHMANN. Ja wirklich, und noch vor dem Essen zurück sein.
BERGER. Es wäre eine sehr angenehme Abwechselung; – der Mond scheint so schön.
ROTHMANN. So äußerst romantisch.
DORNBERG. Herr Rothmann, Sie könnten uns wohl den Gefallen thun, und von Herrn Werner zu erforschen suchen, ohne daß er merkt, zu welchem Endzweck, in welcher Gegend diese Frau wohnt.
ROTHMANN. Mit Vergnügen; er soll nichts merken.
EHLERT. Da kömmt er wieder.
Vierzehnter Auftritt
VORIGE. WERNER.
WERNER. Ich empfehle mich Ihnen gehorsamst.
JULIE. Sie bleiben nicht bei uns?
WERNER. Sie verzeihen – Geschäfte; – darf ich morgen die Ehre haben –?
JULIE. Sie werden uns willkommen sein.
WERNER, zu EHLERT. Ich sehe Dich doch bei mir? – Gehorsamer Diener.
JULIE. Ihre Dienerin –
Sie geht mit der Gesellschaft in ein anderes Zimmer.
Funfzehnter Auftritt
WERNER. ROTHMANN, der zurückgeblieben ist.
ROTHMANN. Und wann kann ich Euch sehn?
WERNER. Sobald Sie wollen, ich bin immer zu sprechen.
ROTHMANN. Warum bleibt Ihr aber nicht?
WERNER. Aufrichtig, weil mir die Zeit zu lang wird.
ROTHMANN. So! – Ihr geht wohl noch spazieren?
WERNER. Vielleicht.
ROTHMANN. Fast möcht' ich Euch begleiten.
WERNER. Sie müssen ja bei der Gesellschaft bleiben –
ROTHMANN. Apropos! ich habe mir einen Spaß ausgedacht – wenn ich doch jemand wüßte, der Karten legte! – Wißt Ihr niemand, Freundchen?
WERNER. O ja.
ROTHMANN. Ihr thut mir einen großen Gefallen – sagt mir die Wohnung der Frau; – Ihr habt mir schon sonst einmal davon erzählt.
WERNER. Hat denn das so große Eil?
ROTHMANN. O nein, aber ich möcht's gerne wissen.
WERNER. Ich hab' es selbst vergessen.
ROTHMANN. Je Närrchen – Ihr thut mir einen großen Gefallen; – ich will Euch morgen sagen, warum.
WERNER. Warum denn nicht heut?
ROTHMANN. Heut – o Ihr eigensinniger Mensch – heut ist's ja schon so spät, und ich muß zur Gesellschaft zurück.
WERNER. Nun so gehn Sie.
ROTHMANN. Aber ich bitte.
WERNER, lachend. Sie sind ein wunderlicher Mensch! – Ich errathe schon das Ganze. – Nun also, in der Kirchgasse, der Sophienkirche gegenüber. – Adieu. Ab.
ROTHMANN. Adieu! ich danke recht sehr.
Sechzehnter Auftritt
ROTHMANN. Die VORIGE GESELLSCHAFT kommt wieder herein.
JULIE. Sie wissen's?
ROTHMANN. O ja, der Sophienkirche gegenüber: – Sophia heißt im Griechischen die Weisheit, folglich gehn wir gewiß nicht fehl.
WAGEMANN. Sophie heißt die Weisheit?
ROTHMANN. Ja.
WAGEMANN. Je, so heißt ja meine kleine Tochter.
JULIE. Nun so kommen Sie – schnell, schnell! – jeder hängt sich einen Mantel um, um nicht erkannt zu werden – es ist schon finster – o schnell! Sie gehn doch mit, Geheime Rath?
WAGEMANN.