Eckhart Tolle

Jetzt! Die Kraft der Gegenwart


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einem Selbst und zu einem persönlichen Problem zu machen, denn genau so erhält das Falsche sich aufrecht.

      Auf einer anderen Ebene spreche ich von einer grundlegenden Umwandlung des menschlichen Bewusstseins – nicht als einer Möglichkeit in ferner Zukunft, sondern als jetzt erreichbar – egal, wer oder wo du bist. Dir wird gezeigt, wie du dich von der Sklaverei des Verstandes befreien, in den erleuchteten Zustand des Bewusstseins eintreten und ihn im täglichen Leben aufrechterhalten kannst. Auf dieser Ebene des Buches sind die Worte nicht immer als Information gedacht, sondern oft dazu vorgesehen, dich beim Lesen in dieses neue Bewusstsein hineinzuziehen. Wieder und wieder bemühe ich mich, dich mit mir in den zeitlosen Zustand von intensiver, bewusster Gegenwärtigkeit im Jetzt mitzunehmen, um dir einen Geschmack von Erleuchtung zu geben. Bis du in der Lage bist zu erleben, wovon ich spreche, werden dir diese Passagen wie ständige Wiederholungen vorkommen. Wenn du aber so weit bist, glaube ich, dass du erkennen wirst, welch große spirituelle Kraft sie enthalten, und sie werden für dich vielleicht zu den lohnendsten Teilen des Buches werden. Da außerdem jeder Mensch den Samen der Erleuchtung in sich trägt, wende ich mich oft an den Wissenden in dir, der hinter dem Denker wohnt, an das tiefere Selbst, welches spirituelle Wahrheit sofort erkennt, in Resonanz damit geht und Stärke daraus gewinnt.

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nach bestimmten Abschnitten ist eine Anregung, für einen Moment mit dem Lesen aufzuhören, innezuhalten und die Wahrheit von dem, was gerade gesagt wurde, zu fühlen und zu erfahren. Es mag andere Stellen im Text geben, an denen du das ganz natürlich und spontan tust.

      Anfänglich mag dir die Bedeutung bestimmter Worte wie zum Beispiel „Sein“ oder „Gegenwärtigkeit“ nicht völlig klar sein. Lies einfach weiter. Fragen oder Einwände können gelegentlich in deinem Verstand auftauchen, während du liest. Sie werden wahrscheinlich später im Buch beantwortet oder sie mögen sich als nebensächlich erweisen, wenn du tiefer in die Lehre hineingehst und in dich selbst. Lies nicht mit dem Verstand allein. Achte auf jede „Gefühlsantwort” während des Lesens und jede Art von Erkennen tief im Inneren. Ich kann dich keine spirituelle Wahrheit lehren, die du nicht tief innen bereits kennst. Ich kann dich nur an das erinnern, was du vergessen hast. Lebendiges Wissen, uralt und doch immer neu, wird dann in jeder Zelle deines Körpers aktiviert und wieder befreit.

      Der Verstand will immer einordnen und vergleichen, aber dieses Buch wird dir mehr geben, wenn du dich nicht bemühst, seine Terminologie mit der anderer Lehren zu vergleichen; es könnte dich verwirren. Ich benutze Worte wie „Verstand“, „Glück“ und „Bewusstsein“ auf eine Art, die nicht unbedingt mit anderen Lehren übereinstimmt. Halte dich nicht an irgendwelche Worte. Sie sind nur Stationen, die man so schnell wie möglich hinter sich lässt.

      Wenn ich gelegentlich die Worte von Jesus oder Buddha aus „Ein Kurs im Wundern“ oder aus anderen Lehren zitiere, dann tue ich das nicht, um zu vergleichen, sondern um deine Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, dass es in Essenz immer nur eine Lehre gibt und gegeben hat, obwohl sie in mehreren Formen erscheint. Einige dieser Formen, wie z. B. die alten Religionen, sind so überlagert mit fremden Inhalten, dass ihre spirituelle Essenz fast vollkommen verdeckt ist. Ihre tiefere Bedeutung ist dadurch fast nicht mehr zu erkennen und sie haben ihre transformative Kraft verloren. Wenn ich aus den alten Religionen oder anderen Lehren zitiere, dann will ich damit deren tiefere Bedeutung enthüllen und dadurch ihre transformative Kraft wiederherstellen – besonders für jene Leser, welche diesen Religionen oder Lehren folgen. Ich sage ihnen: Es ist nicht nötig, die Wahrheit irgendwo anders zu suchen. Lass mich dir zeigen, wie du das, was du bereits hast, tiefer erfahren kannst.

      Meistens habe ich mich jedoch bemüht, eine Terminologie zu benutzen, die so neutral wie möglich ist, um einen möglichst großen Kreis von Menschen zu erreichen. Dieses Buch kann als aktuelle Neuformulierung für die eine zeitlose spirituelle Lehre, die Essenz aller Religionen gesehen werden. Es ist nicht von äußeren Quellen abgeleitet, sondern entspringt der einen wahren inneren Quelle, enthält also keine Theorien oder Spekulationen. Ich spreche aus innerer Erfahrung, und wenn ich manchmal eindringlich spreche, dann deshalb, um durch die dichten Schichten mentalen Widerstandes zu dringen und den Ort in dir zu erreichen, wo du schon weißt, genau wie ich weiß, und wo die Wahrheit erkannt wird, wenn sie gehört wird. Ein Gefühl von Begeisterung und erhöhter Lebendigkeit entsteht, wenn etwas in dir sagt: „Ja, ich weiß, dies ist die Wahrheit.“

       KAPITEL EINS

      DU BIST NICHT DEIN VERSTAND

       DAS GRÖSSTE HINDERNIS AUF DEM WEG ZUR ERLEUCHTUNG

       Erleuchtung – was ist das?

      Ein Bettler hatte mehr als dreißig Jahre am Straßenrand gesessen. Eines Tages kam ein Fremder vorbei. „Hast du mal ‘ne Mark?“, murmelte der Bettler und hielt mechanisch seine alte Baseballmütze hin. „Ich habe dir nichts zu geben“, sagte der Fremde und fragte dann: „Worauf sitzt du da eigentlich?“ „Ach“, antwortete der Bettler, „das ist nur eine alte Kiste. Da sitze ich schon drauf, solange ich zurückdenken kann.“ „Hast du da mal reingeschaut?“, fragte der Fremde. „Nein,“ sagte der Bettler, „warum auch? Es ist ja doch nichts drin.“ „Schau hinein“, drängte der Fremde. Es gelang dem Bettler, die Kiste aufzubrechen. Voller Erstaunen, Unglauben und Begeisterung entdeckte er, dass die Kiste mit Gold gefüllt war.

      Ich bin dieser Fremde, der dir nichts zu geben hat und der dir rät, nach innen zu schauen. Nicht in irgendeine Kiste wie in dem Gleichnis, sondern viel näher: in dich selbst.

      „Aber ich bin doch kein Bettler“, höre ich dich sagen.

      Alle, die ihren wahren Reichtum noch nicht gefunden haben, die strahlende Freude des Seins und den tiefen, unerschütterlichen Frieden, der damit einhergeht, alle die sind Bettler, mögen sie materiell auch noch so reich sein. Sie suchen im Außen nach Vergnügen und Erfüllung, nach Wertschätzung, Sicherheit und Liebe, während sie einen Schatz in sich tragen, der all diese Dinge beinhaltet und zugleich unendlich viel größer ist als alles, was die Welt anzubieten hat.

      Das Wort Erleuchtung lässt an eine Art übermenschlicher Fähigkeit denken und das Ego möchte daran festhalten. Doch Erleuchtung ist ganz einfach dein natürlicher Zustand von empfundener Einheit mit dem Sein. In diesem Zustand bist du mit etwas Unermesslichem und Unzerstörbarem verbunden, mit etwas, das paradoxerweise du selbst bist und das zugleich etwas viel Größeres ist als du. Es geht um das Entdecken deiner wahren Natur jenseits von Name und Form. Die Unfähigkeit zu fühlen, dass du derart verbunden bist, führt zu der Illusion von Trennung. Trennung von dir selber und von deiner Umwelt. Dann nimmst du dich selbst, bewusst oder unbewusst, als ein isoliertes Fragment wahr. Angst entsteht, innere und äußere Konflikte werden die Norm.

      Ich liebe die schlichte Definition des Buddha für Erleuchtung: „Das Ende allen Leidens.” Daran ist nichts übermenschlich, oder? Diese Definition ist allerdings nicht vollständig. Sie erklärt nur, was Erleuchtung nicht ist: Leiden. Aber was bleibt übrig, wenn es kein Leiden mehr gibt? Buddha schweigt dazu, und sein Schweigen deutet an, dass du es selbst herausfinden musst. Er benutzt eine negative Definition, so dass der Verstand keinen neuen Glauben daraus machen, es nicht zu einer übermenschlichen Fähigkeit hochstilisieren kann, zu einem Ziel, welches du niemals erreichen kannst. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme glaubt die Mehrheit der Buddhisten weiterhin, dass Erleuchtung nur etwas für einen Buddha ist, nicht für sie selbst, zumindest nicht in diesem Leben.

      Du hast den Begriff Sein benutzt.

       Kannst du erklären, was du damit meinst?

      Das Sein ist das ewige, immer gegenwärtige Eine Leben jenseits der unzähligen Erscheinungen, die Geburt und Tod unterworfen sind. Doch das Sein befindet sich nicht nur jenseits von Formen, sondern auch tief im Innern der Formen als ihre innerste unsichtbare und unzerstörbare Essenz. Das bedeutet, das Sein ist jetzt zugänglich für dich, ist dein eigenes tiefstes Selbst, deine wahre Natur. Aber versuche