unserer Gedanken?
Ja. Mache es dir zur Gewohnheit, dich selbst zu fragen: Was geht im Moment in mir vor? Diese Frage wird dir die richtige Richtung zeigen. Aber analysiere nicht, beobachte einfach. Richte deine Aufmerksamkeit nach innen. Fühle die Energie der Emotion. Wenn keine Emotion da ist, dann richte deine Aufmerksamkeit noch tiefer in das innere Energiefeld deines Körpers. Es ist das Tor zum Sein.
Eine Emotion entspricht normalerweise einem verstärkten und energetisch aufgeladenen Gedankenmuster. Ihre oftmals überwältigende Ladung macht es uns anfangs nicht immer leicht, gegenwärtig genug zu bleiben, um sie zu beobachten. Sie will von dir Besitz ergreifen, und normalerweise gelingt ihr das auch – es sei denn, dass genügend Gegenwärtigkeit in dir ist. Wenn du aus Mangel an Gegenwärtigkeit in unbewusste Identifikation mit der Emotion gezogen wirst, was normal ist, dann erscheint sie dir für eine Weile als „du selbst“. Oftmals entsteht daraus ein Teufelskreis zwischen deinem Denken und der Emotion: Sie nähren sich gegenseitig. Das Gedankenmuster erschafft eine vergrößerte Widerspiegelung seiner selbst in Form einer Emotion, und die Schwingungsfrequenz der Emotion nährt wiederum das ursprüngliche Gedankenmuster. Durch gedankliches Verweilen bei der Situation, dem Ereignis oder der Person, die scheinbar die Ursache für die Emotion sind, verstärkt der Gedanke die Energie der Emotion und diese treibt wiederum das Gedankenmuster an und so weiter.
Grundsätzlich sind alle Emotionen Abwandlungen einer grundlegenden, undifferenzierten Emotion, welche ihren Ursprung im Verlust des Bewusstseins darüber hat, wer du bist, jenseits von Name und Form. Wegen ihrer undifferenzierten Natur ist es schwierig, einen Namen zu finden, der diese Emotion präzise beschreibt – „Angst“ kommt dem nahe. Doch diese Emotion enthält nicht nur das ständige Gefühl von Gefahr, sondern auch ein tiefes Empfinden von Verlassensein und Unvollkommenheit. Am besten ist es wohl, einen Begriff zu benutzen, der so undifferenziert ist wie dieses Grundgefühl und es einfach „Schmerz“ zu nennen. Eine der Hauptaufgaben des Verstandes ist es, diesen emotionalen Schmerz zu bekämpfen oder zu beseitigen. Das ist einer der Gründe für seine unablässige Aktivität, aber alles, was er jemals erreichen kann, ist, ihn zeitweise zu überdecken. Je stärker der Verstand tatsächlich darum kämpft, den Schmerz loszuwerden, umso größer wird dieser. Der Verstand wird die Lösung nie finden, aber er kann dir auch nicht erlauben, die Lösung zu finden, denn er ist selber ein maßgeblicher Teil des „Problems“. Stell dir einen Polizeichef auf der Suche nach einem Brandstifter vor, wenn der Brandstifter der Polizeichef selber ist. Du wirst nie frei von diesem Schmerz sein, bis du aufhörst, dein Selbstgefühl aus deiner Identifikation mit dem Verstand, dem Ego, zu beziehen. Der Verstand verliert dann seine Vormachtstellung und das Sein offenbart sich selbst als deine wahre Natur.
Ja, ich weiß, was du fragen wirst.
Ich wollte fragen: Was ist mit positiven Emotionen
wie Liebe und Freude?
Sie sind von deinem natürlichen Zustand innerer Verbundenheit mit dem Sein untrennbar. Ein flüchtiges Gefühl von Liebe und Freude oder kurze Momente tiefen Friedens sind möglich, wann immer eine Unterbrechung im Gedankenstrom entsteht. Für die meisten Menschen geschehen diese Unterbrechungen selten und nur zufällig in Momenten, wo der Verstand „sprachlos“ ist, manchmal hervorgerufen durch immense Schönheit, außerordentliche körperliche Anstrengung oder sogar durch große Gefahr. Plötzlich ist innere Stille da. Und inmitten dieser Stille ist eine subtile, doch intensive Freude, ist Liebe, ist Frieden. Normalerweise sind solche Momente kurzlebig, da der Verstand schnell seine lärmende Aktivität, die wir Denken nennen, wieder aufnimmt. Liebe, Freude und Frieden können nicht gedeihen, solange du dich nicht von der Herrschaft des Verstandes befreit hast. Aber sie sind nicht das, was ich Emotionen nennen würde. Sie liegen jenseits von Emotionen auf einer viel tieferen Ebene. Also musst du dir deiner Emotionen vollkommen bewusst werden und fähig sein, sie zu fühlen, bevor du das fühlen kannst, was jenseits von ihnen ist. Emotion bedeutet wortgetreu „Störung“. Das Wort stammt vom lateinischen „emovere“, das heißt „stören“.
Liebe, Freude und Frieden sind tiefe Zustände des Seins oder vielmehr drei Aspekte des Zustands innerer Verbundenheit mit dem Sein. Es gibt für sie deshalb kein Gegenteil. Das ist so, weil sie jenseits des Verstandes entstehen. Emotionen dagegen sind als Teil des dualistischen Verstandes dem Gesetz der Dualität unterworfen. Das bedeutet einfach, dass du das Gute nicht ohne das Schlechte bekommen kannst. Was also im unerleuchteten, mit dem Verstand identifizierten Zustand manchmal fälschlicherweise als Freude bezeichnet wird, ist gewöhnlich nichts anderes als der kurze Moment von Lust innerhalb des ununterbrochen wechselnden Kreislaufs aus Schmerz und Lust. Lust hat ihren Ursprung immer außerhalb von dir, wohingegen Freude aus dir selber kommt. Das, was dir heute ein Lustgefühl bereitet, wird dir schon morgen Schmerzen bereiten, oder es wird dich verlassen und seine Abwesenheit wird dir Schmerzen bereiten. Und das, was so oft als Liebe bezeichnet wird, mag für eine Weile erfreulich und aufregend sein, aber es hat mit Sucht zu tun, mit Festhalten. Es ist ein extrem bedürftiger Zustand, der sich von einem Moment zum anderen in sein Gegenteil verwandeln kann. Viele „Liebes“-Beziehungen bewegen sich nach der anfänglichen Euphorie tatsächlich zwischen „Liebe“ und Hass, Anziehung und Kampf hin und her.
Wahre Liebe bringt kein Leid mit sich. Wie könnte sie auch? Sie wandelt sich nicht plötzlich in Hass, genauso wenig wie wahre Freude zu Schmerz wird. Wie ich schon sagte, sogar bevor du erleuchtet bist – bevor du dich von deinem Verstand befreit hast –, magst du kleine Lichtblicke wahrer Freude oder wahrer Liebe erleben, oder einen tiefen inneren Frieden, still und zugleich pulsierend mit Lebendigkeit. Dies sind Aspekte deiner wahren Natur, die normalerweise vom Verstand überdeckt ist. Sogar in einer „normalen“ Suchtbeziehung kann es Momente geben, wo die Präsenz von etwas Unverfälschtem, etwas Unzerstörbarem fühlbar ist. Aber es werden nur Lichtblicke sein, die bald wieder von den Einmischungen des Verstandes überdeckt werden. Es mag dann scheinen, als hättest du etwas sehr Wertvolles gehabt und wieder verloren, oder dein Verstand wird dich überzeugen, dass es ohnehin nur eine Illusion war. Die Wahrheit ist, dass es keine Illusion war und du es nicht verlieren kannst. Es ist Teil deines natürlichen Zustandes, der zwar vom Verstand getrübt, nie aber zerstört werden kann. Auch wenn der Himmel stark bewölkt ist, ist die Sonne nicht verschwunden. Sie ist immer noch da, über den Wolken.
Buddha sagt, dass Schmerz oder Leiden aus dem Begehren oder Verlangen entstehen und dass wir, um frei von Schmerz zu sein, die Fesseln des Begehrens durchtrennen müssen.
Alles Verlangen ist nichts anderes als der Verstand, der in äußeren Dingen und in der Zukunft Rettung oder Erfüllung sucht, als Ersatz für die Freude des Seins. Solange ich mein Verstand bin, solange bin ich auch identisch mit dem Verlangen, mit den Bedürfnissen, Wünschen, Anhaftungen und Abneigungen, und außer ihnen gibt es dann kein „Ich“. Das Ich existiert dann nur als eine Möglichkeit, als ein unerfülltes Potenzial, ein Same, der noch nicht gekeimt ist. In diesem Stadium ist sogar mein Wunsch nach Freiheit oder Erleuchtung nur ein weiteres Verlangen nach Erfüllung oder Vollendung in der Zukunft. Bemühe dich also nicht, dich von allem Begehren zu befreien oder Erleuchtung zu „erreichen“. Werde gegenwärtig. Sei anwesend als Beobachter des Verstandes. Anstatt Buddha zu zitieren, sei Buddha, sei der „Erwachte“, das ist es, was das Wort Buddha bedeutet.
Menschen sind seit Äonen dem Schmerz ausgeliefert, seitdem sie aus dem Zustand der Gnade gefallen sind, den Bereich von Zeit und Raum betraten und das Bewusstsein des Seins verloren haben. An diesem Punkt begannen sie, sich selbst als bedeutungslose Fragmente in einer fremdem Welt wahrzunehmen, weder mit der Quelle noch miteinander verbunden.
Schmerz ist unvermeidlich, solange du mit deinem Verstand identifiziert bist, was aus spiritueller Sicht gleichbedeutend mit „unbewusst“ ist. Ich spreche hier hauptsächlich von emotionalem Schmerz, der auch die Hauptursache für körperlichen Schmerz und körperliche Krankheit ist. Groll, Hass, Selbstmitleid, Schuldbewusstsein, Wut, Depression, Eifersucht und so weiter, auch die geringste Verärgerung sind alle Ausdruck von Schmerz. Und jede Befriedigung oder jedes emotionale Hoch trägt in sich bereits den Samen des Schmerzes: sein untrennbares Gegenteil,