Franz Treller

Die besten Wildwestromane & Seegeschichten


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zuwendet und die Hand hebt, mag er kommen. Wenn nicht, bleibe er hier, bis Ni-kun-tha zurückkommt. Zeigen sie sich feindlich, dann schießen.«

      John nickte, und der Häuptling schlug die Büsche auseinander und ging, die Büchse im Arm, ruhig auf die am Feuer Hockenden zu. Die Delawaren sahen ihn kommen, blickten ihm ruhig entgegen und rührten sich nicht. John sah, wie der Miami sie auf indianische Weise begrüßte und mit ihnen sprach. Nach einiger Zeit wandte Ni-kun-tha das Gesicht und hob die Hand. Auch John trat aus dem Gebüsch heraus und schritt auf das Feuer zu. Er fand neben seinem Freund zwei kräftige, etwas untersetzte braune Gestalten, Männer in den Vierzigern mit dunklen, hart geschnittenen Gesichtern. Einer der beiden reichte dem jungen Weißen nach europäischer Sitte die Hand und sagte in gut verständlichem Englisch: »Die Delawaren vom Totem Schildkröte sind Freunde des Inglis. Das Blaßgesicht ist an unserem Feuer willkommen.«

      John drückte die dargebotene Hand, begrüßte auch den zweiten Delawaren und ließ sich am Feuer nieder, an dem saftige Stücke eines Rehrückens einen lieblichen Duft verbreiteten.

      Der Delaware, der ihn zuerst begrüßt hatte, wandte sich jetzt an Ni-kun-tha: »Mein junger Bruder hat schon einen Namen?«

      »Ni-kun-tha, der Schnelle Falke, ist der Sohn Tana-ca-ris-sons, des großen Sagamoren der Miami-Völker«, antwortete der Angeredete nicht ohne Stolz.

      Die beiden Delawaren ließen einen leisen Überraschungsruf hören: »Oh, Ni-kun-tha ist der Sohn eines großen Häuptlings, dessen Name allen roten Männern bekannt ist.« Sein Blick streifte den Gürtel des jungen Indianers: »Mein Bruder hat Skalpe genommen?«

      »Ni-kun-tha und sein weißer Freund waren in die Hände der Seneca gefallen. Sie wollten uns zu ihren Dörfern bringen. Aber der Panther zerreißt seine Schlingen. Ni-kun-tha hat sie getötet und ihre Skalpe und Waffen genommen.«

      In den Augen der beiden Delawaren blitzte es auf. »Ni-kun-tha wird wie sein Vater ein großer Häuptling werden«, sagte der eine. »Die Seneca sind Hunde!«

      Sie aßen gemeinsam von dem duftenden Rehfleisch und entzündeten danach die Pfeife, die schweigend kreiste und auch den jungen Weißen nicht überging. Nach einem Weilchen sagte Ni-kun-tha: »Meine Brüder sind weit von ihren Dörfern entfernt. Gingen sie der Spur eines Bären nach?«

      »Nein«, antwortete einer der Delawaren, »die Häuptlinge sandten uns aus, den Wampun des Friedens zu den Pottawatomi zu bringen, um sie gleich den Lenni-Lenape vom Kampf zwischen Frenchers und Inglis zurückzuhalten. Pottawatomi und Lenni-Lenape sind Freunde.«

      »Werden die Pottawatomi die Streitaxt begraben halten?«

      »Die großen Väter in den Kanadas sind sehr mächtig und reich; sie schickten Boten mit vielen Geschenken; die Pottawatomi tanzten wie die Ottawa den Kriegstanz.«

      Der Miami sah düster vor sich hin.

      »Wohin wird der junge Häuptling seine Schritte jetzt lenken?«

      »Ni-kun-tha geht nach Süden zu den Shawano, wo seine Krieger weilen. Er hat den englischen Vätern Treue geschworen und will sie halten. Er will an der Seite der Yengeese kämpfen.«

      Der Delaware nickte: »Es ist gut. Der junge Häuptling wird Ruhm ernten. Ta-juga wollte, auch die Delawaren hätten die Streitaxt ausgegraben.« Wieder trat eine Weile Schweigen ein, dann fuhr der ältere Delaware fort: »Mein junger Bruder ist kühn und klug, aber er ist fremd hier in den Wäldern; weiß er, daß er, wenn er weiter südwärts geht, auf ein Dorf der Ottawa trifft?«

      »Was?« fuhr John auf, »sind wir schon so nahe am Erie?«

      »Erie nicht mehr sehr weit.«

      »Und wo liegt, von hier aus, der Genesee?«

      »Genesee im Norden. Wir kommen vom Ontario und haben ihn gekreuzt.«

      »Und – fandet ihr alles friedlich dort?«

      »Der Ottawa war dort«, entgegnete der Delaware kurz.

      John fühlte, wie er blaß wurde; unwillkürlich begann er zu zittern. »Sie waren oft dort«, flüsterte er, »meinst du, auf dem Kriegszug? Ist Blut geflossen?«

      »Viele Männer und Weiber erschlagen.«

      John unterdrückte mit Mühe einen Schrei und hatte alle Kraft nötig, um sich zu beherrschen. Er dachte des friedlichen Hauses da oben in den Wäldern, der Schwester – er konnte nicht weiter denken. »Mein Gott!« stammelte er.

      »Mein weißer Freund hat seinen Wigwam am Genesee«, schaltete Ni-kun-tha sich ein, »er denkt an seine Schwester.«

      »Ta-juga weiß, die Ottawa haben eine junge weiße Squaw mitgeführt, sie soll das Weib eines großen Häuptlings werden.«

      »Delaware, du warst am Genesee«, fuhr John in hoher Erregung fort, »warst du dort, wo der See im Tal die scharfe Biegung nach Osten macht?«

      Der Delaware nickte: »Eben dort. Wir kamen vorbei, als wir zu den Pottawatomi zogen. Die weißen Leute bewiesen uns Gastfreundschaft. Als wir nach Norden gingen, sahen wir die Weiße Rose; als wir zurückkamen, sahen wir sie nicht mehr; man sagte uns, der Ottawa habe sie gepflückt, um damit den Wigwam eines Häuptlings zu schmücken.«

      »Wie sah das Mädchen aus, das du Weiße Rose nennst? Wohnte sie am Wasserfall bei den Mühlen?«

      »Am Wasserfall. Sehr schöne Squaw, Haare wie Maisstroh, Augen wie Himmel.«

      »Es ist kein Zweifel!« murmelte John, aufs äußerste erschüttert. Er sah die ruhigen, ausdruckslosen Augen der Indianer und beherrschte sich. Ni-kun-tha sagte: »Vor uns liegt ein Ottawadorf?«

      »Mein Bruder erreicht es, bevor noch die Sonne sinkt«, antwortete der Delaware.

      »Gut. Die Krieger des Dorfes sind gewiß auf dem Weg nach Süden?«

      »Es wird so sein. Alle Ottawa sind auf dem Kriegszug.«

      »Waren die Männer jenes Dorfes vorher am Genesee?«

      »Sie waren es.«

      »So wäre es also möglich, daß die junge Squaw in einem Wigwam dieses Dorfes weilt?«

      »Es ist möglich.«

      Die letzten Fragen und Antworten waren in einem Algonkindialekt gewechselt worden, von dem John nur sehr wenig verstand. Er sah noch immer verstört vor sich hin, sein Gesicht war totenblaß, seine Augen flackerten unruhig. Die beiden Delawaren erhoben sich und erklärten, daß sie sich auf den Weg machen müßten; sie beabsichtigten, in südöstlicher Richtung weiterzugehen. Sie grüßten die beiden Freunde in indianischer Weise mit der Hand auf dem Herzen und gingen über die Lichtung davon.

      »Mein weißer Bruder ist traurig«, sagte Ni-kun-tha. »Weiße Squaw vielleicht seine Schwester. Mein Bruder mag Mut fassen. Ni-kun-tha wird in das Dorf der Ottawa gehen und sehen, ob die Weiße Rose dort weilt.«

      »Wie?« fuhr John auf, »du meinst, sie könnte so nahe sein?«

      »Die Delawaren sagten, es sei sehr gut möglich.«

      »Aber kannst du dich unter die Ottawa wagen?«

      »Sie werden Ni-kun-tha für einen Freund halten. Komm!«

      Fiebernd vor Aufregung folgte der junge Weiße dem voranschreitenden Indianer. Der Himmel begann sich eben im Westen zu röten, als sie die Wigwams des Ottawadorfes erblickten. Ni-kun-tha sah sich nach einem geeigneten Versteck für John um und fand es in der Höhlung eines umgestürzten Baumriesen. »Hier warten«, sagte er kurz und schritt unbekümmert aufrechten Schrittes auf das Dorf zu. Zwischen den ärmlichen Tipis zeigte sich nur wenig Leben. Ein paar Kinder spielten im Gras; hier und da hockte ein älterer Mann pfeiferauchend vor einem Wigwam, da und dort zeigten sich ein paar Frauen.

      Ni-kun-tha blickte sich um und erkannte die Ratshütte. Zwei alte Krieger saßen davor und sahen ihm forschend entgegen. Der junge Häuptling ging auf die Männer zu, legte die rechte Hand auf das Herz und verneigte sich tief. Dann sagte er im Miami-Dialekt: »Ma-ho-ri, der Miami vom Stamme