der Mittelhandknochen gebrochen. Dann kann ich in den nächsten Wochen nicht arbeiten.«
»Es tut mir wirklich leid. Das wollte ich nicht«, versicherte Olivia weinerlich und wollte nach seiner Hand greifen, um das Malheur aus der Nähe zu betrachten.
Ärgerlich machte Danny einen Schritt zurück.
»Finger weg. Du hast schon genug Ärger gemacht«, wütete er weiter. Vor Schmerz standen ihm Tränen in den Augen, und er starrte noch auf die verletzte Hand, als der Wagen seines Vaters um die Ecke bog.
Daniel hielt neben den beiden jungen Leuten und begrüßte sie zu Olivias Erleichterung freundlich.
»Nanu, was ist denn hier los?«, fragte er dann.
»Dieses ungeschickte Frauenzimmer hat mir die Motorhaube auf die Hand geknallt«, machte Danny seiner Ärger ungeniert Luft. Mit jedem Wort wurde Olivia noch kleiner, fühlte sie sich noch schuldiger.
»Das wollte ich nicht! Ehrlich«, versicherte sie noch einmal in Daniels Richtung. »Ich hab’s mit meinem Wagen gerade noch bis zu Ihrem Parkplatz geschafft. Und jetzt macht er keinen Mucks mehr. Das tut mir wirklich leid. Alles«, versicherte sie hilflos. Mit ihrem geblümten kurzen Kleid und den bloßen Füßen in den Turnschuhen wirkte sie wie ein Mädchen, sodass Daniel kurz Zweifel hatte, ob sie überhaupt schon Auto fahren durfte.
»Das mit dem Parkplatz ist halb so schlimm«, erklärte er schnell, um sie wenigstens ein bisschen zu beruhigen. Er sah Danny an, der sich immer noch die Hand hielt und leise vor sich hin fluchte. Eine Entscheidung musste her. Die traf Daniel wie immer schnell und unbürokratisch. »Ich denke, ich bringe meinen Sohn schnell in die Klinik. Die Hand muss geröntgt werden, um einen Bruch auszuschließen«, erklärte er so besonnen, dass sich auch Olivia langsam wieder beruhigte. »Sie können inzwischen in der Praxis warten. Wenn ich mich nicht irre, gibt es gerade Mittagessen. Meine beiden Assistentinnen teilen sicher gern mit Ihnen. Die beiden sind erstklassige Köchinnen und bringen immer allerlei Köstlichkeiten mit.« Während er sprach, winkte er Danny zu sich in den Wagen.
Mit einem verächtlichen Blick ging er an Olivia vorbei und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
»Das ist wirklich freundlich von Ihnen. Aber ich will keine Umstände machen«, gab die junge Frau völlig eingeschüchtert zurück.
»Mach kein Theater und geh schon rein!«, fuhr Danny sie böse an. »Du kannst ja schlecht auf der Straße warten, bis wir wieder da sind«, erklärte Danny so unfreundlich, dass Daniel einschreiten musste.
»Ich glaube kaum, dass die junge Frau das mit Absicht getan hat«, erklärte er seinem erwachsenen Sohn streng. »Deshalb kannst du ruhig ein bisschen freundlicher sein. Schließlich passieren dir auch Sachen, die du nicht wolltest«, spielte er auf den Sturz vom vergangenen Tag an.
Unwillig presste Danny die Lippen aufeinander.
»Schon gut«, murmelte er dann und zwang sich ein schmales Lächeln auf die Lippen. »Tut mir leid.«
Olivia seufzte erleichtert auf und reichte Dr. Norden durch das geöffnete Fenster die Hand.
»Mein Name ist übrigens Olivia Schamel. Ich warte dann drinnen auf Sie.«
Ehe Dr. Norden noch etwas sagen konnte, drehte sie sich schnell um und lief leichtfüßig den Gartenweg hinauf in Richtung Praxis. Ihr leichtes geblümtes Kleid umwehte ihre Beine und tanzte mit ihren Schritten auf und ab.
»So ein Zufall aber auch«, murmelte Daniel und schüttelte ungläubig den Kopf. Ohne sich weiter zu erklären, ließ er den Motor an und fuhr los. Und Danny fragte auch nicht. Er war zu sehr mit seiner Hand und den Schmerzen beschäftigt.
*
»Und mit dieser Hand hast du heute schon Patienten behandelt?« Dr. Jenny Behnisch höchstpersönlich nahm sich des Sohnes ihres Freundes an, während Daniel Norden die günstige Gelegenheit nutzte, um ein paar Patienten zu besuchen. Ungläubig starrte sie auf die Wunde in der Handfläche, die gefährlich rot und angeschwollen war.
»Die ist erst in den letzten zwanzig Minuten so dick geworden«, bemerkte Danny missmutig. »Das kommt bestimmt davon, dass mir dieses Gör die Motorhaube auf die Hand geknallt hat.« Er drehte die Hand um und zeigte Jenny die blutunterlaufene Quetschung. »Hoffentlich gibt das keine Infektion.« Wenn er an den Rost und Schmutz dachte, der mit Sicherheit in die Schürfwunden geraten war, wurde ihm ganz anders.
Behutsam hielt Jenny Behnisch seine Hand und betrachtete sie von allen Seiten.
»Beweg doch mal bitte die Finger.«
Danny versuchte es, doch der Versuch scheiterte kläglich. Jenny lachte.
»So könnte ich auch keinen Finger krumm machen. Lass doch mal locker.« Sie fasste nach seinem Handgelenk und drehte es hin und her.
Danny stöhnte auf vor Schmerz, und Jenny wurde ernst. Sie griff nach einem Kugelschreiber und fuhr damit an der Innenseite von Dannys Fingern entlang.
»Spürst du das?«
»Klar«, gab er zurück, als sich die Tür öffnete und Daniel schwungvoll hereinkam.
»Na, seid ihr schon fertig?«
Mit sorgenvoller Miene drehte sich Jenny auf ihrem Hocker zu ihm um.
»Sieht alles nicht so gut aus.«
»Ist was gebrochen?«, fragte Daniel erschrocken. Damit hatte er ganz offensichtlich nicht gerechnet.
»Das wissen wir noch nicht. Dazu brauchen wir noch ein Röntgenbild. Und ein Blutbild wegen der Entzündungsparameter.«
»Ich bringe ihn in die Radiologie.«
Auf Dr. Nordens Stirn stand eine tiefe Falte, während er seinen Sohn in die Radiologie begleitete.
»Ich hätte gestern doch lieber einen Blick auf deine Verletzung werfen sollen«, konnte er sich nicht länger zurückhalten, verhaltene Kritik an der Unbesonnenheit seines Sohnes zu üben.
Doch Danny schnaubte nur unwillig.
»Das war diese blöde Motorhaube«, schob er die ganze Schuld auf Olivias Missgeschick.
Diese Bemerkung erinnerte Daniel an etwas.
»Das Leben geht wirklich manchmal seltsame Wege.«
»Hä?« Danny schickte seinem Vater einen verwunderten Seitenblick. »Wie meinst du das denn wieder?«
Ein trauriges Lächeln huschte über Daniels Gesicht.
»Ich war doch heute auf dieser Beerdigung. Ich bin mir nicht sicher. Aber ich fürchte, dass es Olivias Mutter war, die wir zu Grabe getragen haben.« Er drückte auf einen Knopf an der Wand, und wie von Zauberhand öffnete sich die Tür zur Radiologie.
»Moment mal, diese Schriftstellerin hieß doch Javier«, warf Danny ein, während er seinem Vater durch die Tür folgte. Sie begrüßten eine Schwester, die sie schon erwartete, und gingen zu dritt weiter den Flur hinab. »Olivia heißt doch Schemel mit Nachnamen. Oder so ähnlich.«
»Schamel!«, korrigierte Daniel Norden seinen Sohn. Er hatte den Namen der jungen Frau noch sehr wohl im Kopf. »Javier ist auch nur ein Künstlername. Christines echter Name war ebenfalls Schamel. Und der ist ja nun nicht so häufig.«
»Wenn es wirklich ihre Mutter war, wäre Olivia doch auf ihre Beerdigung gegangen«, wollte Danny jedoch nicht an diesen Zufall glauben.
Inzwischen waren sie an ihrem Ziel angelangt. Er dankte der Schwester mit einem freundlichen Nicken und betrat das Büro der Radiologin. An dieser Stelle fand das Gespräch zwischen Vater und Sohn ein vorläufiges Ende.
Doch auch Daniel Norden hatte sich vorgenommen, Olivia auf den Zahn zu fühlen. Er ahnte nicht, dass die Dinge noch eine dramatische Wende nehmen würden, bevor er endlich in die Praxis zurückkehren konnte.
»Da seid ihr ja wieder«, begrüßte Jenny Behnisch ihren Patienten eine halbe Stunde später sichtlich ungeduldig. »Ich hab auf euch gewartet. Das Labor