dieser Fleck nur zeigte, dort verschwand ein Stern nach dem anderen. Die Hexe hatte bald ihrer einen ganzen Ärmel voll. Drei oder vier funkelten noch am Himmel. Plötzlich zeigte sich an der entgegengesetzten Seite ein anderes Fleckchen; es wurde größer, nahm an Breite zu und war bald kein bloßer Fleck mehr. Ein Kurzsichtiger hätte sogar die Räder vom Kommissärswagen statt einer Brille auf die Nase setzen können, aber auch dann würde er nicht erkennen, was das war. Von vorn besehen, sah es ganz wie ein Deutsche aus: eine schmale Schnauze, die sich fortwährend bewegte und alles beschnüffelte, worauf sie stieß, lief wie bei unseren Schweinen in ein rundes Fünfkopekenstück aus; die Beine waren so dünn, daß der Amtmann von Jareskow sie schon beim ersten Sprunge im Kosakentanz gebrochen haben würde, wenn er sie hätte. Von rückwärts sah es dafür ganz wie der Gouvernementsanwalt in Uniform aus, denn es hatte hinten einen spitzen und langen Schwanz hängen, wie ihn ein moderner Uniformfrack hat; nur an dem Bocksbart unter der Schnauze, an den kleinen Hörnchen auf dem Kopfe und daran, daß es nicht weißer war als ein Schornsteinfeger, könnte man erkennen, daß es weder ein Deutscher noch der Gouvernementsanwalt, sondern einfach der Teufel war, dem nur diese letzte Nacht blieb, in der er sich auf der Welt herumtreiben und die guten Menschen zur Sünde verführen durfte. Morgen schon mußte er beim ersten Glockenschlage der Frühmesse mit eingezogenem Schwanz schleunigst in sein Loch fahren.
Der Teufel schlich sich indessen leise an den Mond heran und streckte schon die Hand aus, um ihn zu packen, zog sie aber gleich wieder zurück, als ob er sich verbrannt hätte, sog an den Fingern und zappelte mit einem Bein. Dann lief er an den Mond von einer anderen Seite heran, sprang aber wieder weg und zog die Hand zurück. Trotz dieser Mißerfolge ließ der schlaue Teufel von seinen Streichen nicht ab. Er lief wieder an den Mond heran, packte ihn mit beiden Händen zugleich und warf ihn, wie ein Bauer, der Feuer für seine Pfeife mit bloßen Händen holt, Grimassen schneidend und fortwährend blasend, aus der einen Hand in die andere; schließlich steckte er ihn schnell in die Tasche und rannte weiter, als wäre nichts geschehen.
In Dikanjka merkte niemand, daß der Teufel den Mond gestohlen hatte. Allerdings hatte der Gemeindeschreiber, als er auf allen vieren aus der Schenke kam, gesehen, daß der Mond am Himmel plötzlich tanzte, was er auch unter Schwüren dem ganzen Dorfe versicherte; aber die Bürger schüttelten die Köpfe und lachten ihn sogar aus. Was mochte aber den Teufel zu so einer gesetzwidrigen Tat bewogen haben? Das hatte folgenden Grund: er wußte, daß der reiche Kosak Tschub vom Küster zu Kutja eingeladen war, welchem Schmause außerdem der Amtmann, ein mit dem Küster verwandter bischöflicher Chorsänger, der einen blauen Rock trug und eine tiefere Stimme hatte als der tiefste Baß, der Kosak Swerbygus und noch manche andere Gäste beiwohnen sollten; außer der Kutja würde es auch noch einen süßen Fruchtschnaps, einen Safranschnaps und viele andere Speisen geben. Indessen sollte die Tochter Tschubs, das schönste Mädel im ganzen Dorfe, zu Hause bleiben, und zu dieser Tochter würde sicher der Schmied kommen, ein kräftiger Bursche, der dem Teufel noch unangenehmer war als die Predigten des P. Kondrat. Der Schmied befaßte sich in seiner freien Zeit mit Malen und galt als der beste Maler in der ganzen Gegend. Selbst der Hauptmann L-ko, der damals noch lebte, ließ ihn einmal eigens nach Poltawa kommen, um einen Bretterzaun an seinem Hause anzustreichen. Alle Schüsseln, aus denen die Kosaken von Dikanjka ihre Rübensuppe aßen, waren von diesem Schmied bemalt. Der Schmied war ein gottesfürchtiger Mann und malte oft Heiligenbilder; auch jetzt noch kann man in der Kirche von T. seinen Evangelisten Lucas sehen. Doch der Triumph seiner Kunst war das von ihm an der Wand der rechten Vorhalle der Kirche gemalte Bild, auf dem er den heiligen Petrus dargestellt hatte, wie er am Tage des Jüngsten Gerichts, mit den Schlüsseln in der Hand, den bösen Geist aus der Hölle vertreibt; der erschrockene Teufel wirft sich, sein Ende ahnend, hin und her, während ihn die bis dahin eingekerkerten Sünder mit Peitschen, Holzscheiten und allem, was ihnen in die Hände fällt, schlagen und hinausjagen. Als der Maler an diesem Bilde arbeitete und es auf einem großen Brette malte, hatte sich der Teufel alle Mühe gegeben, ihn zu stören: er stieß ihn unsichtbar an der Hand und holte aus der höllischen Esse Asche und streute sie aufs Bild; das Bild wurde aber trotz alledem vollendet, das Brett in die Kirche gebracht und an der Wand der Vorhalle befestigt, und der Teufel hatte seitdem geschworen, sich am Schmied zu rächen.
Nur eine Nacht noch durfte er sich auf Gottes Welt herumtreiben; aber auch in dieser Nacht suchte er ein Mittel, um seinen Zorn an dem Schmied auszulassen. Zu diesem Zweck entschloß er sich, den Mond zu stehlen, wobei er seine Hoffnung darauf setzte, daß der alte Tschub faul und schwerfällig war und daß er gar nicht nahe vom Küster wohnte; der Weg führte hinter dem Dorfe an den Mühlen und am Friedhof vorbei und machte einen Bogen um einen Graben. In einer Mondnacht hätte sich Tschub vielleicht noch vom Fruchtschnaps und vom Safranschnaps verlocken lassen können, aber bei dieser Finsternis würde es wohl kaum jemand gelingen, ihn von seinem Ofen herunterzuschleppen und aus dem Hause zu bringen. Der Schmied, der mit ihm seit längerer Zeit verfeindet war, würde es trotz seiner Kraft nicht wagen, in Tschubs Anwesenheit das Töchterchen aufzusuchen.
Als der Teufel also den Mond in die Tasche gesteckt hatte, wurde es in der ganzen Welt plötzlich so finster, daß nicht jeder den Weg zur Schenke, geschweige denn zum Küster gefunden hätte. Die Hexe, die sich plötzlich im Dunkeln sah, schrie auf. Der Teufel tänzelte auf sie zu, faßte sie unterm Arm und begann ihr dasselbe ins Ohr zu flüstern, was man den Weibern gewöhnlich zuzuflüstern pflegt. Wunderlich ist es in unserer Welt eingerichtet! Alles, was da lebt, ist bemüht, einander alles abzugucken und sich gegenseitig nachzuäffen. Einst pflegten in Mirgorod nur der Richter und der Stadthauptmann im Winter mit Tuch überzogene Pelze zu tragen, während die niedere Beamtenschaft ungedeckte Nacktpelze trug; jetzt haben sich sogar der Assessor und der Unterrendant neue Pelze aus bestem Lammfell mit Tuchüberzug geleistet. Der Kanzlist und der Gemeindeschreiber hatten sich vor zwei Jahren blauen Baumwollstoff zu sechzig Kopeken den Arschin gekauft. Der Kirchendiener hat sich für den Sommer eine Pluderhose aus Nanking und eine Weste aus gestreiftem Kammgarn machen lassen. Mit einem Worte, alles will nach was aussehen! Wann werden die Menschen einmal aufhören, den Nichtigkeiten dieser Welt nachzugehen! Ich wette, es wird vielen merkwürdig vorkommen, daß der Teufel die gleichen Wege geht. Das Ärgerlichste aber ist, daß er sich wohl für einen schönen Mann hält, während man sich schämen muß, seine Fratze auch nur anzusehen. Er hat eine hundsgemeine Fratze; wie Foma Grigorjewitsch zu sagen pflegt, und doch versucht auch er, einer Hexe den Hof zu machen! Aber am Himmel und unter dem Himmel war es so finster geworden, daß man gar nichts sehen konnte, was zwischen den beiden sich weiter abspielte.
»Du bist also noch nicht beim Küster in seinem neuen Hause gewesen, Gevatter?« fragte der Kosak Tschub, aus seinem Hause tretend, einen langen Bauern in kurzem Schafspelz und mit einem dichten Bart, der davon zeugte, daß ihn das gebrochene Sensenstück, mit dem sich die Bauern in Ermangelung eines Rasiermessers zu rasieren pflegen, seit mehr als zwei Wochen nicht berührt hatte. »Dort wird es einen schönen Schmaus geben!« fuhr Tschub schmunzelnd fort. »Daß wir nur nicht zu spät kommen!«
Bei diesen Worten rückte Tschub den Gürtel zurecht, der seinen Pelz fest umspannte, drückte sich die Mütze tiefer ins Gesicht, nahm die Peitsche, den Schrecken und die Furcht aller zudringlichen Hunde, blickte aber nach oben und hielt inne … »Zum Teufel! Schau! … Schau, Panas! …«
»Was?« fragte der Gevatter und hob ebenfalls seinen Kopf.
»Du fragst noch? Der Mond ist weg!«
»Verdammt! Der Mond ist wirklich weg.«
»Das ist es eben, daß er weg ist!« sagte Tschub etwas ärgerlich über die unerschütterliche Gleichgültigkeit des Gevatters. »Du kümmerst dich wohl nicht darum.«
»Was soll ich denn machen?«
»Mußte sich da ein Teufel einmischen der Hund soll nicht erleben, am Morgen ein Glas Schnaps zu trinken! … Es ist wie ein Spott! … Als ich noch in der Stube saß, sah ich eigens zum Fenster hinaus: eine wunderbare Nacht! Ganz hell war es, der Schnee glänzte im Mondlichte, und alles war so klar zu sehen wie bei Tage. Kaum bin ich aber aus der Stube getreten, so ist es so finster geworden, daß man die Hand vor den Augen nicht sieht!« – Mag er sich alle Zähne an einem harten Buchweizenkuchen ausbrechen! –
Tschub brummte und fluchte noch lange, überlegte sich aber zugleich, wozu er sich entschließen solle. Gar zu gern