Nikolai Gogol

Gesammelte Werke von Nikolai Gogol


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werde, einen Pinsel in die Hand zu nehmen und verletzende Karikaturen zu malen.

      Und in der Tat, kaum hatte sich das Schneegestöber erhoben und der Wind angefangen, ihn in die Augen zu stechen, äußerte Tschub schon Reue; er zog sich die Kapuze tiefer über die Ohren und fluchte auf sich selbst, den Gevatter und den Teufel. Sein Ärger war übrigens geheuchelt. Tschub war über den Schneesturm sehr froh. Bis zum Hause des Küsters hatten sie etwa achtmal so weit zu gehen, als sie schon zurückgelegt hatten. Die Wanderer kehrten um. Der Wind blies ihnen jetzt in den Nacken, aber durch das Schneegestöber war nichts zu sehen.

      »Halt, Gevatter! Ich glaube, wir sind auf einem falschen Wege«, sagte Tschub, nachdem sie eine kurze Strecke gegangen waren. »Ich sehe kein einziges Haus. Ach, dieser Schneesturm! Bieg doch etwas seitwärts ab, Gevatter, vielleicht findest du einen Weg; ich will indessen hier suchen. Was für ein Teufel treibt uns auch bei solchem Unwetter aus dem Hause! Vergiß nicht, zu schreien, wenn du den Weg gefunden hast. Ach, was für einen Haufen von Schnee hat mir der Satan in die Augen gejagt!«

      Vom Wege war aber nichts zu sehen. Der Gevatter, der seitwärts abgebogen war, irrte in seinen langen Stiefeln hin und her und stieß schließlich auf die Schenke. Dieser Fund hatte ihn dermaßen erfreut, daß er alles vergaß, den Schnee von sich abschüttelte und in den Flur trat, ohne sich im geringsten um den auf der Straße zurückgebliebenen Gevatter zu kümmern. Tschub kam es indessen vor, daß er den Weg gefunden habe. Er blieb stehen und schrie aus vollem Halse; als er aber sah, daß der Gevatter nicht kam, entschloß er sich, allein weiterzugehen. Als er eine kurze Strecke gegangen war, erblickte er sein eigenes Haus. Ganze Berge von Schnee lagen vor dem Hause und auf dem Dache. Er schlug die von Kälte erstarrten Hände gegeneinander und fing dann an, an die Tür zu klopfen und seiner Tochter gebieterisch zuzurufen, daß sie aufmachen solle.

      »Was suchst du hier?« schrie ihn streng der Schmied an, der aus dem Hause trat.

      Als Tschub die Stimme des Schmiedes erkannte, trat er einige Schritte zurück. – Nein, das ist nicht mein Haus –, sagte er sich, – in mein Haus wird sich der Schmied nicht verirren. Und wenn ich es genau anschaue, so ist es auch nicht das Haus des Schmiedes. Wessen Haus mag es wohl sein? Jetzt weiß ich es, wie hab’ ich es nur nicht gleich erkannt?! Das ist das Haus des lahmen Ljewtschenko, der sich neulich ein junges Weib genommen hat. Nur sein Haus sieht dem meinigen ähnlich. Darum kam es mir eben so merkwürdig vor, daß ich so schnell heimgekommen war. Aber Ljewtschenko sitzt beim Küster, das weiß ich bestimmt. Was hat dann hier der Schmied zu suchen? … He, he, he! Er besucht seine junge Frau. So ist es! Schön! Jetzt weiß ich alles. –

      »Wer bist du und was treibst du dich an den Türen herum?« sagte der Schmied noch strenger und kam noch näher.

      – Nein, ich will ihm nicht sagen, wer ich bin –, dachte sich Tschub. – Der Verdammte könnte mich noch prügeln! – Er verstellte seine Stimme und antwortete: »Das bin ich, guter Mann! Ich bin gekommen, um euch zum Vergnügen einige Koljadalieder vor den Fenstern zu singen.«

      »Scher dich zum Teufel mit deinen Koljadaliedern!« schrie Wakula wütend. »Was stehst du noch da? Hörst du! Scher dich auf der Stelle!«

      Tschub hatte auch selbst diese vernünftige Absicht gefaßt, aber es ärgerte ihn, daß er dem Befehle des Schmiedes gehorchen mußte. Es war, als ob ihn ein böser Geist reize und nötige, dem Schmied zu widersprechen. »Warum schreist du so!« sagte er mit der gleichen Stimme. »Ich will Koljadalieder singen und basta!«

      »Aha, ich sehe, mit Worten kann ich dich nicht zur Vernunft bringen!« Gleich nach diesen Worten fühlte Tschub einen recht schmerzvollen Schlag auf der Schulter.

      »Ich glaube gar, du fängst zu hauen an!« sagte er, ein wenig zurückweichend.

      »Geh, geh!« schrie der Schmied und versetzte Tschub einen zweiten Schlag.

      »Was hast du nur!« rief Tschub mit einer Stimme, welche Schmerz, Ärger und Furcht ausdrückte. »Wie ich sehe, haust du wirklich, und zwar so, daß es weh tut!«

      »Geh, geh!« schrie der Schmied und schlug die Tür zu.

      »Seh’ ihn nur einer an, wie tapfer er ist!« sagte Tschub, als er allein auf der Straße geblieben war. »Versuch’s nur, komm mal näher! Was bist du für einer! Vielleicht ein großes Tier? Du glaubst wohl, daß ich keinen Richter finde? Nein, mein Lieber, ich gehe, ich gehe direkt zum Kommissär. Du sollst was erleben! Ich gebe nichts drauf, daß du Schmied und Maler bist. Aber ich möchte mir mal meinen Rücken und meine Schultern ansehen: ich glaube, es werden blaue Flecke da sein. Wahrscheinlich hat er mich ordentlich verprügelt, der Teufelssohn. Schade, daß es so kalt ist und ich den Pelz nicht gern ausziehen möchte. Warte nur, du Satansschmied, der Teufel wird schon dich und deine Schmiede kaputt schlagen, du wirst mir schon tanzen! So ein verfluchter Galgenstrick! Doch halt, er ist jetzt nicht zu Hause. Ssolocha sitzt wohl allein da. Hm! … Das ist ja gar nicht so weit – warum soll ich nicht einkehren? … Es ist jetzt so eine Zeit, daß uns wohl niemand erwischen wird. Vielleicht gelingt es mir auch, mit ihr … Wie tüchtig er mich verprügelt hat, der verdammte Schmied!«

      Tschub kratzte sich den Rücken und ging in die entgegengesetzte Richtung. Das Vergnügen, das ihn bei Ssolocha erwartete, linderte ein wenig seinen Schmerz und machte ihn sogar gegen den Frost unempfindlich, der auf allen Straßen knirschte und nicht mal vom Heulen des Schneesturms übertönt wurde. Auf seinem Gesicht, dessen Bart und Schnurrbart vom Schneesturme schneller eingeseift worden waren, als es jeder Barbier fertigbringt, der sein Opfer tyrannisch an der Nase packt, zeigte sich ab und zu eine sauersüße Miene. Wenn der Schnee nicht so vor den Augen herumwirbelte, hätte man noch lange sehen können, wie Tschub immer wieder stehenblieb, sich den Rücken kratzte, dabei sagte: »Er hat mich ordentlich verprügelt, der verdammte Schmied!« und seinen Weg fortsetzte.

      Als der flinke Stutzer mit dem Schwanz und dem Ziegenbart aus dem Schornstein flog und wieder in den Schornstein fuhr, blieb seine Tasche, die an seiner Seite hing und in die er den gestohlenen Mond gesteckt hatte, zufällig im Ofen hängen und ging auf, und der Mond benutzte die Gelegenheit und flog aus dem Schornsteine Ssolochas in den Himmel hinauf. Alles wurde sofort hell. Der Schneesturm war sofort vergessen. Der Schnee funkelte als ein großes silbernes Feld, von Kristallsternen übersät. Der Frost schien nachgelassen zu haben. Scharen von Burschen und Mädchen mit Säcken in der Hand zeigten sich auf den Straßen. Die Lieder erklangen, und es gab fast kein Haus, vor dem sich nicht die Sänger drängten.

      Wunderbar leuchtet der Mond! Es ist schwer zu beschreiben, wie schön es ist, sich in einer solchen Nacht unter den Scharen der lachenden und singenden Mädchen und Burschen zu tummeln, die zu allen Spaßen und Streichen zu haben sind, die eine so lustig lachende Nacht nur eingeben kann. Unter dem dicken Pelz ist es warm; vor Frost glühen die Wangen noch lebhafter, und der Teufel selbst scheint die Jugend zu tollen Streichen anzustiften.

      Scharen von Mädchen mit Säcken brachen in Tschubs Haus ein und umringten Oksana. Das Schreien, Lachen und Schwatzen betäubte den Schmied. Alle beeilten sich, der Schönen etwas Neues zu erzählen, luden ihre Säcke aus und prahlten mit den Kuchen, Würsten und Krapfen, die sie für ihren Gesang schon bekommen hatten. Oksana schien sehr vergnügt und froh, schwatzte bald mit der einen, bald mit der anderen und lachte ohne Ende.

      Mit Neid und Ärger sah der Schmied diese Heiterkeit und verfluchte diesmal die Koljadalieder, obwohl er auf sie sonst ganz versessen war.

      »Ach, Odarka!« sagte die lustige Schöne, sich zu einem der Mädchen wendend, »du hast ja neue Schuhe. Ach, wie schön die sind! Mit Gold verziert! Du hast es gut, Odarka, du hast einen Menschen, der dir alles kauft, aber ich habe niemand, der mir so hübsche Schuhe schenkt.«

      »Gräm dich nicht, meine herrliche Oksana!« fiel ihr der Schmied ins Wort. »Ich will dir solche Schuhe verschaffen, wie sie nicht jedes Edelfräulein trägt.«

      »Du?« sagte Oksana und streifte ihn mit einem schnellen und hochmütigen Blick. »Ich will mal schauen, wo du mir solche Schuhe verschaffst, die ich anziehen könnte. Höchstens bringst du mir die Schuhe, die die Zarin trägt.«

      »Seht einmal, was sie für Schuhe möchte!« schrie lachend die ganze Mädchenschar.