Anrep-Elmpt Reinhold

Die Sandwich-Inseln, oder das Inselreich von Hawaii


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Abend besuchte ich den 3 Meilen von der Plantage auf dem Plateau wohnhaften Mr. Hackfield. Es war dasselbe Haus, dessen ich auf meinem Herritte erwähnte und mir vom Plateau aus nahe erschien; dasselbe war jedoch durch eine tiefe Schlucht von mir getrennt und es erforderte einen bedeutenden Umweg, um das Haus zu erreichen.

      Die Behausung liegt, wie gesagt, auf einem Berge mit prachtvoller Sicht auf den Ocean und das üppige Thal. Sie ist umgeben von alten, höchst schattigen Bäumen. Das Wohnhaus ist gross, einstöckig, aus Holz erbaut, mit Schindeln gedeckt, sehr geräumig, aber niedrig. Die Räume des Hauses sind ohne Möbel, nur ein grosser Schaukelstuhl war zu sehen. Der Boden der Räume ist reichhaltig mit doppelten, auch dreifachen Matten belegt. Die Matten sind zierlich in bunten Mustern aus den Fasern der Pandane geflochten. Auf diesen Matten wird geschlafen, gespeist, geliebt, geschnattert, geklatscht, gelacht und auf dem Bauche liegend die höchst saftige Pfeife geraucht. Die meisten Frauen und Männer rauchen hier im Lande. Gewöhnlich geht die Pfeife im Kreise von Mund zu Mund. Diese Pfeife ist gewöhnlich kurz und klein und oft auffallend saftig glänzend und schmierig. Der gerauchte Tabak ist meist einheimischer, der aromatisch, kräftig und wohlschmeckend ist.

      Bei meinem Erscheinen wurde mir erst der Schaukelstuhl als Ehrensitz angeboten, den ich aber bald mit dem auf der Matte tauschte, da die stark im Hause vertretenen Frauen auf derselben sich niedergelassen und mir das Niederreden von der Höhe ungemüthlich und unpassend vorkam. Die Kleidung dieser Frauen wie allgemein im Lande bestand aus einer in langer Schleppe ausartenden Kapotte aus farbigem Zeuge und ohne Taille, d. h. von den Schultern breit niederfallend und hoch bis an den Hals ragend. Der Hals war zierlich geschmückt mit aus duftigen natürlichen Blumen kunstvoll und farbenreich verfertigten Ketten, die auffallend kunstvoll, stark und dabei zierlich gearbeitet sind. Die Verfertigung dieser Ketten bildet den Erwerb zahlreicher Frauen dieses Landes. Auf dem an Haaren reichen Haupte, die meist lose hängend getragen werden, haben sie im Freien stets, oft auch im Zimmer, unter dem Kinn befestigt, einen flachen, sehr breiten, einheimisch verfertigten Rohrhut, der ebenfalls mit natürlichen oder auch in Folge des zunehmenden Importes mit künstlichen Blumen in grellsten Farben, oft überladen geschmückt ist. Trotz dieser Ueberfüllung steht aber die grelle Farbenpracht derselben vortrefflich dem etwas dunklen Teint der Gesichter mit ihren grossen so glanzvollen und so treuen, lieblich-weiblichen Augen der Kanakinnen. Das Auge ist unwiderstreitlich die höchste Zierde ihres meist prachtvollen Körperbaues, solange ihn nicht die hier herrschende Fettsucht verunstaltet hat, und bildet den schönsten Theil ihrer mongolenartigen Kopfbildung. — Der so offenherzige Ausdruck ihres fast sprechenden Auges, glaube ich, ist die Ursache der so auffallend vielfältigen Ehen mit Europäern!

      Meine Rückkehr nahm ich bergab durch das von der untergehenden Sonne glänzend beleuchtete Thal, einem im Baue begriffenen neuen Wege folgend und traf erst mit Beginn der Dunkelheit in der Plantage ein, wo man mich mit dem Abendessen erwartete.

      Die Lebensweise ist hier, wie auf allen Plantagen des Reiches, eine höchst unruhige, d. h. Keiner hat Zeit. Von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang herrscht rastloses Treiben zu Pferde und zwar oft grundlos übertrieben, da eigentlich nicht viel zu thun ist.

      Circa 200 Chinesen sind hier zur Arbeit angestellt und werden von den Europäern fast sklavenartig behandelt. Auch regt sich besonders hier eine merkliche Unzufriedenheit unter jenen gegen die Europäer, die gegen die arbeitsame, in das Land durch Versprechungen gelockte Nation oft grenzenlos ungerecht, gehässig und brutal sich benehmen.

      Bemerkenswerth ist die aus Kalifornien hierher gebrachte grundlose Gehässigkeit, deren Ursache nur in der Eifersucht liegt. Sie sehen, dass der Chinese thätig, gewandt, ausdauernd und vernünftig, — wenngleich mehr Zeit gebrauchend — jede Arbeit gleich gut und für den halben Preis zu liefern im Stande ist, dass derselbe treu in seinen nationalen Gewohnheiten, nüchtern und einfach im Aberglauben seiner Tradition unter ihnen weiterlebt und trotz der auf ihn ausgeübten Unterdrückung und gesellschaftlichen Verachtung, reich wird: und das ist es, was sie ihm nicht verzeihen können.

      Es ist nicht zu leugnen, dass alle Elemente dieser Plantage einer pflichttreuen, rastlosen Thätigkeit sich rühmen können, zugleich aber auch die ausgeartetste Rohheit und Bildungslosigkeit beweisen. Ein jedes Glied derselben, d. h. vom Europäer gesprochen, ist hier im richtigsten Sinne des Wortes ein kleiner Despot, der aber zugleich als Mann der Freiheit des Sozialismus sich rühmt. Die meisten derselben sind an einheimische Frauen verheirathet, daher ist ihre Häuslichkeit höchst gemischten Charakters, d. h. so zu sagen Bier oder Porter zum einheimischen „poi“ gepaart. Die Sprösslinge dieser Paarung werden meist unter dem wirksamen Einflusse der Mutter und den mystischen Legenden und Ueberlieferungen des Landes einheimisch-national erzogen. Die etwas thierisch sinnliche Tendenz der Nation, ihre eigenthümlichen traditionellen Gewohnheiten und Gebräuche als z. B. in der Kleidung, der Art des Speisens, der des Wohnens, ihren Liebesbezeugungen u. s. w. üben einen derartigen Reiz auf die Jugend und auf die Ausbildung ihres Charakters, dass man oft gerade unter diesen die schroffsten Nationalen trifft.

      Um 8 Uhr ist gewöhnlich die Zeit, wo alles sich hier zur Ruhe begiebt; somit zog auch ich mich — da ich andern Tages früh wieder aufbrechen wollte — von meinem liebenswürdigen Wirthe auf das herzlichste mich verabschiedend auf mein Zimmer zurück.

      Was die Rentabilität der Zuckerplantagen des Inselreiches anbelangt, so meinte der in dieser Branche höchst unterrichtete Herr Konrad, dass eine bedeutende zu erzielen wäre, wenn man im Stande ist, mit eigenem und zwar genügendem Kapital zu beginnen. Auf Schuld, meinte er jedoch, so glanzvoll sich auch die Berechnungen herausstellen würden, sei jedes solches Unternehmen zu widerrathen, da, abgesehen davon, dass hier 40–50 Procent für aufzunehmendes Kapital gefordert werden, Kapitalien überhaupt schwer im Lande zu beschaffen sind. Wenn man aber mit eigenem und genügendem Kapital, ohne Schulden zu machen, beginnt, so würde folgendes Resultat sich herausstellen:



A. Vorausgesetzt, dass eine Arena von 500 amer. Acker pro Acker 100 Dollar gekauft und baar bezahlt worden = 50,000 Dollar
Das Inventar, Maschinen, Baulichkeiten etc. = 50,000
Das Inventar, Maschinen, Baulichkeiten etc. = 100,000 Dollar.
B. Vorausgesetzt, a) Kapitalwerth 100,000 Doll. à 12% jährlich, beträgt eine jährliche Auslage von 12,000 Dollar
b) jährliche Amortisations-Summe 10,000
c) Arbeiterlohn, Transporte, Reparaturen etc. 50,000
incl. der Amortisation pro anno 72,000 Dollar Ausgabe.
C. Vorausgesetzt, 1) Vom Acker die Minimal-Ernte von 1½ Tonnen Zucker à 5 cent pro amer. Pfund, macht für 500 Acker (die Tonne à 3200 amer. Pfund) jährlich eine Brutto-Einnahme von 82,500 Dollar
Die sub B genannte Ausgabe ab 72,000
pro anno Netto-Gewinn 10,500 Dollar.