Anrep-Elmpt Reinhold

Die Sandwich-Inseln, oder das Inselreich von Hawaii


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mein Zimmer, welches mir im Nebenhause angewiesen war, zur wohlverdienten Ruhe zurück. Der Flecken Makawáo mit circa 400 Einwohnern liegt unweit der Plantage. Der Ort besteht nur aus kleinen, unansehnlichen, entfernt von einander liegenden Gebäuden, die von schattigen Bäumen umgeben und von lieblichem Eindrucke sind.

      Den folgenden Morgen um 8 Uhr war ich wieder im Sattel, nachdem die gastfreundschaftliche Familie mich herzlichst aufgefordert hatte, sie wieder zu besuchen.

      Ein guter Weg, bald durch bewaldete Schluchten, bald in Sicht natürlicher oder künstlicher Bewässerungen, führte mich nach Paliúle oder zur „Sanisch-Set“-Plantage des Mr. Boldwin, die im üppigsten Grün theilweise natürlicher, theilweise bepflanzter Waldungen liegt.

      Das Haus derselben, circa 875′ über dem Meeresspiegel, ist idyllisch gelegen, umringt von schattigen Gartenanlagen und Blumen. Das Ganze spricht für Verständniss und Kunstsinn und trägt den Charakter des Wohlstandes, der Ordnung und einer vernünftigen Sparsamkeit. In den Anlagen spürt man jedoch bedeutende Kapitalauslagen, denn der Besitzer hat es verstanden, mit Willenskraft, Ausdauer und Geschmack der künstlichen Production den Charakter einer Naturproduction zu geben, über die der Beschauer erstaunt, da die geschaffene Vegetation, die obendrein theilweise eine dem Lande fremdartige, eine auffallend üppige ist.

      Da im richtigen Sinne des Wortes keine menschliche Seele zu Hause war, so trabte ich weiter bis zu der im Umbau begriffenen Mühle und den umfangreichen Gebäuden der Plantage, die auf einer 656′ über dem Meeresspiegel liegenden Fläche in Mitte der üppigen Zuckerrohrfelder schattenlos liegen.

      Viele Menschen der Plantage waren unweit der Mühle bei der Arbeit eines im Bau begriffenen Dammes beschäftigt, als ich durch die üppigen Zuckerrohrfelder ritt. Ich kam an zahlreichen „Coralls“ vorbei, in deren Umzäunung gutes Vieh und kräftige Pferde weideten. Einige dieser umzäunten Viehweiden musste ich durchreiten und daher die praktische Einrichtung ihrer Pforten benutzen, die nämlich der Reiter ohne vom Sattel zu steigen oder sich zu bücken, öffnen und schliessen kann. Das System derselben besteht in einer losen Rollenvorrichtung, die entweder in der Lage der Haspel oder Winde und verbunden mit Riemen-, Schnur- oder galvanisirten Drahtscheiben ist, oder aber hin und wieder auf dem System einer horizontalen, selbstspannenden Hebelzieh- und Schliessvorrichtung beruht. — Die Umzäunungen der Coralls bilden circa 4′ über den Boden ragende, solide Pfosten, die stark in den Grund gerammt sind, und durch die in 3 oder 4 Reihen galvanisirter Draht stramm gespannt ist. —

      Gegen 12 Uhr erreichte ich Hawakopúku oder auch Haikú I. genannt, eine auf einem recht hügeligen Terrain 328′ über dem Meeresspiegel liegende Plantage.

      Von hier aus circa 100′ bergab, dann wieder circa 100′ bergauf, einem höchst steilen Pfade folgend, erreichte ich die grössere, ebenfalls 328′ hoch gelegene Plantage Haikú II., die umgeben von lichtem Walde und deren Verwalter und Mitbesitzer Mr. C. H. Alexander ist.

      Da ich wiederum Niemanden zu Hause traf, musste ich den beschwerlichen Weg nach Hawakopúku zurücklegen und schlug von dort aus meine Richtung über den winzigen Hafenort der kleinen „Makuaó“-Bai ein und folgte dem Strande entlang, soweit die Lagunen und sumpfigen Stellen es mir gestatteten, um die Landenge von Kóla zu erreichen, über die ich denn auch bei glänzendem Sonnenuntergang und herrlicher Beleuchtung des Haleakála und, bei verhältnissmässig schwachem Zugwinde um ½5 nach vollbrachtem Tagesritt von mindestens 49 englischen Meilen Wailúku erreichte.

      Da ich die Absicht hatte, die folgende Nacht um 2 Uhr Wailúku zu verlassen und mit dem Dampfer, der am andern Tage Kahúlui verlässt, nach Hawaii zu gehen, so forderte ich meine Rechnung, um mich bis zum Abgange des Wagens zur „Malaéa“-Bai zur Ruhe zu strecken.

      Meine Ausgaben laut Rechnung betrugen:

Das Zimmer für 7 Tage Dollar 3.—
Speisen bei dem Chinesen 3.75
Der Wagen zur Bai hin und zurück. 1.—
Mein Ritt von 32 Stunden 5.—
Benutzung eines Wagens 10.—
für sieben Tage Auslagen Summa 22.75

      Um 2 Uhr bei vollständig finsterer Nacht war der Rüttelkasten, der sog. Wagen vor der Thüre, und fort ging es im gestreckten Galopp über Steine, Geröll und Gräben, bald hügelab, bald hügelauf, und nach einer halsbrecherischen Fahrt erreichten wir um ½3 Kahúlui, wo eine warme Tasse Kaffee nach dem unbeschreiblichen Gerüttel des Wagens wohlthuend wirkte. Bis 7 Uhr streckte ich mich — in den Plaid eingehüllt — in der Wartehütte auf einer harten Bank bis zur Ankunft des Dampfers verharrend.

       Inhaltsverzeichnis

      Von Maui nach Hawaii.

      Den 31. Juli um 7 Uhr traf der Dampfer „Kilauéa“ ein; um 8 waren wir auf Deck und gleich darauf ging er ab.

      Bald zeigte sich rechts die Sicht der wüsten Felseninsel Kahóoláwe, links die hier steileren Ufer des bis in den Ocean sich hineinziehenden Haleakála, dessen Höhe durch seinen breiten Auslauf namentlich von hier aus viel geringer erscheint.

      Die Insel Kahóoláwe hat einen Umfang von 84 engl. Quadratmeilen, liegt lang gestreckt, mit einer Maximal-Höhe von 400′. Die Insel soll vor Zeiten fruchtbar und bevölkert gewesen sein. Noch 1876 hatte der Oberrichter E. H. Allen auf der Insel 16000 Schafe. Augenblicklich soll dortselbst kein Schaf mehr vorhanden sein oder nur wenige derselben und zwar verwilderte an der Westküste der Insel, die noch stellenweise nahrhafte Gräser bietet. Mit Ausnahme dieser Westküste charakterisiren die Insel augenblicklich eine unbeschreibliche öde, dürre Sicht und beständig sich erhebende Staubwolken, die wirbelnd den Rest des Humus der Insel allmählich in den Ocean bringen. Die Insel spricht für die Mahnung, dass, wer im übertrieben grossen Massstabe Schafzucht treiben will, zugleich an die Cultivirung des Landes und an die erforderliche Bewässerung desselben denken muss.

      Um 9 Uhr Halt vor dem Hafen Hónaáúla, der der kleinen wilden Felseninsel Molokíni gegenüber gelegen ist. Den kleinen Ort charakterisirt eine dürre, öde Gegend. Er ist von der „Hoúlapalákuá“-Plantage des Kapitain J. Makee umgeben. Die sichtbaren Felder der Plantage zeigen keine Ueppigkeit, obgleich der Ruf derselben sie als ertragreich schildert.

      Um 10 Uhr dampften wir weiter, und kaum, dass wir die spitzen Ausläufer der kleinen Bai umfahren hatten, so zeichnete sich vor uns in der Ferne die gewaltige dunkle Masse der erloschnen Schlammhügel des 14,140′ hohen Mauna-Kéa der Insel Hawaii, dessen Gipfel in dichte Wolken gehüllt war. Zur gleichen Zeit, gleichwie durch Zauberspruch, fasste plötzlich unser Schiff die heftige Strömung des Maui-Hawaii-Kanales mit gewaltiger Hast. Die gewaltige Unruhe des Oceans währte bis 3 Uhr, als wir in Sicht der nördlichsten Spitze der Insel Hawaii und zugleich aus der wirksamen Strömung des Kanales traten und bald darauf in der Bai von Kawaihae vor dem Hafenort gleichen Namens um 4 Uhr hielten. —

      Vor uns lag scheinbar öd und dürre der Distrikt Kohála, dessen wilder, starrer Küstenstrich den Ruf eines fischreichen hat, was die zahlreichen, gleich einem perpetuum mobile hin und her schwankenden Reihen der Fischerboote und -Barken klar beweisen. Die Boote bestehen meist aus ausgehöhlten Baumstämmen, an deren einen Seite, da sie sehr schmal, eine Flügeleinrichtung zur Erhaltung der Balance angebracht ist, die ähnlich der der Boote der Malaien und Singalesen ist. Der Mast oder die Maste dieser schmalen Boote (Kanos) sind mit verhältnissmässig sehr grossen dreieckigen Segeln versehen, deren Handhabung gleichwie die der Boote