und deren Graseinfassung.
»Ich habe mich schon genau umgesehen, Mr. Holmes,« sagte White Mason, »es ist nichts da; nicht das geringste deutet darauf hin, daß einer da herausgestiegen ist. Aber wie könnte er auf den Steinen eine Spur hinterlassen?«
»Sehr richtig, wie könnte er. Ist das Wasser immer trübe?«
»Gewöhnlich hat es diese Färbung. Der Zufluß macht es so lehmig.«
»Wie tief ist es?«
»Ungefähr zwei Fuß am Rand und drei in der Mitte.«
»Wir können demnach dem Gedanken, daß der Mann vielleicht darin ertrunken ist, außer acht lassen.«
»Sicherlich, nicht einmal ein Kind könnte darin ertrinken.«
Wir gingen dann über die Zugbrücke und wurden an der Eingangstür von einem wunderlichen, verschrumpften Männchen, dem Diener Ames, in Empfang genommen. Er war noch immer blaß und zitterte am ganzen Leibe in Erinnerung an den ausgestandenen Schrecken. Der Polizeibeamte des Dorfes, ein großer, ernst und gewissenhaft aussehender Mensch, hielt noch Wache in dem Totengemach. Der Arzt war schon fortgegangen.
»Etwas Neues, Sergeant Wilson?« fragte White Mason.
»Nein, Herr.«
»Dann können Sie nach Hause gehen, Sie haben schon genug getan. Wenn wir Sie brauchen, werden wir nach Ihnen schicken. Der Diener soll lieber draußen warten. Sagen Sie ihm, er soll Mr. Cecil Barker, Frau Douglas und die Haushälterin verständigen, sich bereitzuhalten, weil wir einiges mit ihnen zu besprechen haben. Nun, meine Herren, möchte ich mir gestatten, Ihnen die Ansicht, die ich mir gebildet habe, auseinanderzusetzen. Dann wird es an Ihnen sein, sich Ihre Meinungen zu bilden.«
Er gefiel mir, dieser provinzielle Spezialist. Er hatte ein klares Auge für Tatsachen und einen kühlen, praktischen Kopf, der ihn in seinem Berufe ein gutes Stück vorwärts bringen mußte. Holmes hörte ihm aufmerksam zu, ohne ein Zeichen jener Ungeduld, die beamtete Detektive so oft in ihm erregten.
»Ist es Selbstmord oder Mord – das ist unsere erste Frage, meine Herren. Wenn es Selbstmord wäre, müßten wir als erwiesen ansehen, daß der Mann damit begonnen hat, seinen Ehering abzulegen und ihn zu verbergen; daß er, der in einem Schlafrock herunterkam, mit schmutzigen Stiefeln in jener Ecke hinter dem Vorhang herumtrampelte, um vorzutäuschen, daß hier jemand auf ihn gelauert hat; daß er das Fenster öffnete, Blutspuren auf dem –«
»Diesen Gedanken wollen wir als erledigt betrachten«, sagte Holmes.
»Das ist auch meine Meinung. Selbstmord steht außer Frage. Dann war es also Mord. In diesem Falle müssen wir uns darüber klar werden, ob er von jemandem aus dem Hause oder von einem Außenstehenden verübt wurde.«
»Nun gut, lassen Sie uns weiterhören.«
»Es gibt eine Reihe von Umständen, die gegen beide Möglichkeiten sprechen, und trotzdem muß eine davon die richtige sein. Wir wollen zunächst annehmen, daß das Verbrechen von einem Hausbewohner begangen wurde. Es geschah in einer Zeit, als zwar alles schon in tiefster Ruhe lag, aber trotzdem noch niemand schlief. Dann benutzte der Mörder eine der eigenartigsten und geräuschvollsten Waffen, die es gibt, gerade so, als ob er es darauf angelegt hätte, das ganze Haus so rasch als möglich zusammenzutrommeln; und zwar eine Waffe, die noch niemand im Hause vorher gesehen hat. Das klingt nicht wahrscheinlich.«
»So ist es.«
»Wir dürfen es als feststehend annehmen, daß kaum eine Minute verging, nachdem der Schuß gefallen war, bis sich die gesamten Hausbewohner – keineswegs Mr. Cecil Barker allein, obgleich er angibt, der erste gewesen zu sein, sondern auch Ames und alle anderen – an der Mordstelle versammelten. Will irgend jemand behaupten, daß in dieser kurzen Zeit die schuldige Person Fußspuren in der Ecke machen, das Fenster öffnen, das Fensterbrett mit Blut beschmieren, den Ehering von dem Finger des Toten abziehen und alles übrige tun konnte? Das ist ganz unmöglich.«
»Was Sie da sagen, ist ganz klar«, sagte Holmes. »Ich bin geneigt, mich Ihrer Meinung anzuschließen.«
»Nun also, dann müssen wir wieder zu der ersten Annahme zurückkehren, nämlich, daß die Tat von einer Außenperson verübt wurde. Auch hier stehen wir schwerwiegenden Bedenken gegenüber, aber keinen Unmöglichkeiten mehr. Der Mann ist zwischen 1/2 5 und 6 Uhr, also während der Dämmerung und bevor die Zugbrücke aufgezogen wurde, ins Haus gelangt. Es waren Gäste da, die Eingangstür war offen. Es war also nicht schwierig, sich einzuschleichen. Der Mann war entweder ein ganz gewöhnlicher Einbrecher oder jemand, der eine persönliche Angelegenheit mit Mr. Douglas austragen wollte. Da Mr. Douglas einen großen Teil seines Lebens in Amerika zugebracht hat, und diese Flinte amerikanischer Herkunft ist, würde ich die letztere Annahme für die wahrscheinlichere halten. Er schlich sich in dieses Zimmer, weil es das nächstgelegene war, und verbarg sich hinter dem Vorhang. Dort verblieb er bis nach 11 Uhr abends. Zu jener Zeit betrat Mr. Douglas das Zimmer. Die Unterredung kann nur ganz kurz gewesen sein, wenn überhaupt eine stattgefunden hat, denn Mrs. Douglas erklärt, daß ihr Mann sie kaum ein paar Minuten verlassen hatte, als sie den Schuß hörte.«
»Auch die Kerze deutet darauf hin«, sagte Holmes.
»Sehr richtig, die Kerze, die ganz frisch war, ist kaum einen halben Zoll heruntergebrannt. Er muß sie auf den Tisch gestellt haben, bevor er angegriffen wurde, sonst würde sie natürlich zu Boden gefallen sein. Dies würde besagen, daß er nicht sofort nach seinem Eintritt überfallen wurde. Als Mr. Barker kam, zündete er die Lampe an und löschte die Kerze aus.«
»Das ist einleuchtend.«
»Nun also, dann wollen wir uns den Vorgang auf dieser Grundlage rekonstruieren. Mr. Douglas tritt in das Zimmer und stellt die Kerze auf den Tisch. Ein Mann kommt hinter dem Vorhang hervor, mit dieser Flinte bewaffnet. Er verlangt den Ehering, – der Himmel weiß allein, warum, aber er muß es getan haben. Mr. Douglas gibt ihn ab. Dann hat der Mann entweder kaltblütig, oder im Verlauf eines Kampfes – Douglas hat vielleicht den Hammer ergriffen, den wir auf dem Boden liegen sahen, – Douglas auf diese entsetzliche Weise getötet. Er ließ sein Gewehr fallen und anscheinend auch diese wunderliche Karte V V 341, – was das bedeutet, wissen wir nicht. Er sprang aus dem Fenster und durchquerte den Festungsgraben, gerade als Cecil Barker das Verbrechen entdeckte. Wie wäre das, Mr. Holmes?«
»Sehr interessant, aber nicht sonderlich überzeugend.«
»Mann, ich würde es unbedingt für Unsinn halten, wenn nicht alles andere noch unsinniger wäre«, rief McDonald. »Jemand hat diesen Mann getötet und derjenige, der es war, hätte nach allen Regeln der Vernunft ganz anders vorgehen müssen. Was konnte ihn z.B. veranlassen, sich seinen Rückzug zu gefährden, indem er eine Schußwaffe verwendet, wo doch in der Geräuschlosigkeit die einzige Möglichkeit seines Entweichens lag. Lieber Mr. Holmes, es ist nun an Ihnen, uns einen Weg zu zeigen, nachdem Sie behaupten, daß Mr. White Masons Theorie nicht überzeugend ist.«
Holmes hatte während dieser langen Unterredung den angestrengt aufmerksamen Beobachter gespielt. Nicht ein Wort von dem, was gesagt wurde, war ihm offenbar verloren gegangen. Seine scharfen Augen blitzten von links nach rechts, und seine Stirn trug die Falten angestrengtesten Nachdenkens.
»Bevor ich meine Ansicht äußere, Mr. Mac, möchte ich noch einiges Tatsächliche genauer untersuchen«, sagte er, indem er sich neben der Leiche niederkniete. »Großer Gott! Diese Verletzungen sind wirklich entsetzlich. Können wir den Diener ein paar Minuten hier haben? – – – Ames, ich höre, daß Sie verschiedene Male dieses ungewöhnliche Zeichen, ein Dreieck innerhalb eines Kreises, das auf Mr. Douglas’ Unterarm eingebrannt ist, gesehen haben.«
»Jawohl, sehr oft, Herr.«
»Sie haben niemals eine Vermutung darüber äußern gehört, was es bedeutet?«
»Nein, Herr. Das Einbrennen muß seinerzeit sehr schmerzhaft gewesen sein. Zweifellos ist es ein Brand.«
»Sodann, Ames, bemerke ich, daß Ihr Herr hier am Kinn ein kleines Pflaster kleben hat. Haben Sie dieses