wurde, der mir nicht gerade der liebste auf Erden ist – hat mir nur bewiesen, daß nichts unangenehmer ist, als so einen Umbau mitzumachen. Vor drei Jahren hat der Admiral, mein hochverehrter Onkel, ein kleines Landhaus in Twickenham zum Sommeraufenthalt gekauft, und meine Tante und ich waren ganz entzückt davon. Aber gerade weil es so überaus hübsch und reizend war, fand man es unbedingt notwendig, alles umzuändern. Drei Monate lang war das Ganze nichts als ein wüstes Durcheinander, ohne einen trockenen Weg, den man betreten, oder eine Bank, auf der man sich niederlassen konnte. Nein, wenn ich auf dem Land lebe, möchte ich alles so hübsch und komplett wie möglich haben, Boskette und Blumenrabatten und lauschige Sitzplätze ohne Zahl, aber unter der Bedingung, daß ich mich um nichts zu kümmern brauche. Henry ist anders, der liebt es, sich zu betätigen.»
Es tat Edmund leid, Miss Crawford, die zu bewundern er sehr geneigt war, in so leichtfertigem Ton von ihrem Onkel sprechen zu hören. Es verletzte sein Taktgefühl, und er schwieg, bis ihr Lächeln und ihre Lebhaftigkeit ihn wieder so gefangen nahmen, daß er den unangenehmen Eindruck überwand.
«Mr. Bertram», sagte sie, «ich habe endlich Nachricht von meiner Harfe. Es wurde mir versichert, daß sie sich heil und unversehrt in Northampton befindet, und zwar seit zehn Tagen, ungeachtet der gegenteiligen Erklärungen, die wir wiederholt empfangen haben.» Edmund gab seiner Freude und seiner Überraschung Ausdruck. «Die Sache ist die, daß unsere Erkundigungen viel zu direkt waren; wir haben einen Diener hingeschickt, wir sind selbst hingefahren – siebzig Meilen von London entfernt, ist das nicht das richtige Vorgehen. Heute früh haben wir es endlich auf dem korrekten Weg erfahren. Ein Bauer hat sie gesehen und es dem Müller erzählt, der Müller hat es dem Metzger berichtet, und der Schwiegersohn des Metzgers hat Nachricht im Laden hinterlassen.»
«Ich freue mich sehr, daß Sie von ihr gehört haben, ganz gleich auf welche Weise. Hoffentlich gibt es jetzt keine weiteren Verzögerungen.»
«Sie soll morgen hier eintreffen. Aber wie, glauben Sie, wird sie zu mir gelangen? Nicht auf einem Wagen oder Karren – o nein, so etwas ist im ganzen Dorf nicht zu bekommen. Ich hätte ebensogut nach einer Tragbahre und Trägern herumfragen können.»
«Es dürfte schwer sein, jetzt mitten in der ohnehin sehr verspäteten Heuernte, Pferd und Wagen aufzutreiben. Das kann ich mir vorstellen.»
«Ich hätte nie gedacht, wie schwer! Daß hier auf dem Land Mangel an Fuhrwerken herrschen könnte, ist mir nicht in den Sinn gekommen, und so habe ich einfach mein Mädchen geschickt, um irgendeines zu bestellen. Da ich nicht aus dem Fenster schauen kann, ohne einen Bauernhof zu erblicken, und nicht im Garten spazieren, ohne an einem anderen vorbeizukommen, dachte ich, ich brauchte bloß ein Wort zu sagen, und war noch ganz bekümmert, daß ich nicht allen den Vorzug geben konnte. Stellen Sie sich meine Verblüffung vor, als ich erfahren mußte, daß ich das unvernünftigste, unsinnigste, unmöglichste Begehren der Welt gestellt und sämtliche Bauern, Knechte und Heuschober im Dorf tief beleidigt hatte! Was Dr. Grants Verwalter anbelangt, gehe ich ihm lieber aus dem Wege, und mein Schwager selbst, der sonst eitel Zuvorkommenheit ist, hat mich mit den düstersten Blicken gemessen, als er von meiner Untat hörte.»
«Sie hatten natürlich nie Anlaß, darüber nachzudenken, aber wenn Sie es bedenken, sehen Sie sicher ein, wie wichtig es ist, das Heu hereinzubringen. Es mag auch sonst nicht so leicht sein, wie Sie meinen, sich ein Fuhrwerk zu beschaffen; unsere Bauern sind nicht darauf eingerichtet, sie zu vermieten; aber mitten in der Heuernte ist wirklich keiner in der Lage, einen Tag lang ein Pferd zu entbehren.»
«Mit der Zeit werde ich das alles lernen. Aber da ich mit der echten Londoner Überzeugung hergekommen bin, daß für Geld alles zu haben ist, hat mich die imponierende Unerschütterlichkeit Ihrer ländlichen Sitten etwas in Verlegenheit gebracht. Trotzdem bekomme ich morgen meine Harfe. Henry, der die Gutmütigkeit selber ist, hat sich erbötig gemacht, sie in seinem Wagen abzuholen. Wird sie nicht höchst ehrenvoll befördert werden?»
Edmund sagte, die Harfe sei sein Lieblingsinstrument, und drückte die Hoffnung aus, sie bald zu hören. Fanny hatte noch niemals Harfenspiel vernommen und war darauf sehr begierig.
«Ich werde mich glücklich schätzen, Ihnen beiden vorzuspielen», sagte Miss Crawford.
«Mindestens solange Sie Lust haben, zuzuhören, und vermutlich viel länger. Ich liebe selbst Musik über alles, und der Ausübende hat immer mehr Vergnügen an der Sache, weil nicht nur sein Gehör befriedigt wird. Mr. Bertram, wenn Sie Ihrem Bruder schreiben, teilen Sie ihm bitte mit, daß meine Harfe endlich eingelangt ist – er hat mich soviel darüber jammern gehört! Wenn Sie wollen, können Sie ihm auch verraten, daß ich für seine Rückkehr meine traurigste Melodie einübe, um ihm mein Mitgefühl zu beweisen, denn ich bin sicher, daß sein Pferd verlieren wird.»
«Falls ich schreibe, werde ich ihm alles ausrichten, was Sie wünschen, aber augenblicklich sehe ich nicht, daß sich ein Anlaß ergeben könnte.»
«Ha, das glaube ich Ihnen! Und wenn er ein Jahr lang fortbliebe, würden Sie ihm so wenig schreiben wie er Ihnen, falls es nicht unbedingt sein müßte. Der ‹Anlaß› würde sich nie ergeben. Was für merkwürdige Geschöpfe Brüder doch sind! Sie würden einander um nichts in der Welt schreiben, solange es nicht unbedingt notwendig ist, und wenn sie schon zur Feder greifen, um mitzuteilen, daß ein Pferd gestorben oder ein Familienmitglied erkrankt ist, werden sie es mit möglichst wenig Worten abtun. Ihr habt alle den gleichen Stil, ich kenne ihn auswendig. Henry, der sonst in jeder Beziehung das Ideal eines Bruders ist, der mich liebt, sich mit mir berät, mir alles anvertraut und endlos mit mir plaudern kann, ist in seinen Briefen an mich noch niemals über die erste Seite hinausgekommen. Meistens heißt es nur: ‹Liebe Mary, ich bin soeben angekommen. Bath scheint sehr voll zu sein, ansonsten gibt es nichts Neues. Dein Dich liebender Bruder.› Das ist der wahrhaft männliche Stil, das ist das Muster eines brüderlichen Briefes.»
«Wenn sie von allen ihren Lieben getrennt sind, können sie auch ausführlicher schreiben», sagte Fanny, um Williams willen errötend.
«Meine Cousine hat einen Bruder zur See, der ein vorzüglicher Korrespondent ist», erklärte Edmund. «Darum findet sie wohl, daß Sie mit uns gar zu streng ins Gericht gehen.»
«Zur See? Natürlich in königlichen Diensten?» Fanny wäre es lieber gewesen, wenn Edmund gesprochen hätte, doch sein entschiedenes Stillschweigen zwang sie, selbst von ihrem Bruder zu erzählen. Ihre Stimme belebte sich, als sie von seinem Beruf und den fremden Häfen sprach, die er besucht hatte, doch die Zahl der Jahre, die er nun schon in der Ferne verbracht hatte, vermochte sie nicht zu nennen, ohne daß ihr die Tränen in die Augen traten. Miss Crawford drückte mit ein paar höflichen Worten ihre Hoffnung auf Williams baldige Beförderung aus.
«Wissen Sie etwas Näheres von dem Kapitän meines Vetters?» fragte Edmund. «Kapitän Marshall? Ich nehme an, daß Sie in der Flotte viele Bekannte haben.»
«Ja, unter den Admiralen. Aber …», mit hochmütiger Miene, «von den unteren Rängen wissen wir sehr wenig. Kapitäne sind zweifellos sehr brave Leute, aber sie gehören nicht zu uns. Von den verschiedenen Admiralen könnte ich Ihnen eine Menge erzählen – von ihren Flaggen und Beförderungen und Eifersüchteleien und Intrigen. Ganz allgemein kann ich Ihnen versichern, daß jeder einzelne verkannt und ungerechterweise übergangen wird. Ach ja, bei meinem Onkel habe ich eine ganze Schar von Admiralen kennengelernt. Von Konter- und Vizeadmiralen habe ich mehr gesehen, als mir lieb ist.»
Edmund wurde wieder ernst und antwortete nur: «Es ist ein edler Beruf.»
«Der Beruf wäre ganz recht, unter zwei Voraussetzungen: daß man dabei ein Vermögen macht und es vernünftig auszugeben versteht. Aber kurz gesagt, er zählt nicht zu meinen bevorzugten Berufen. Mir ist er nie in liebenswerter Gestalt erschienen.»
Edmund brachte das Gespräch wieder auf die Harfe und drückte noch einmal seine Freude über die Aussicht aus, sie bald zu hören.
Inzwischen unterhielten sich die anderen noch immer eifrig über die Verschönerung von Sotherton, und Mrs. Grant konnte sich nicht enthalten, ihren Bruder anzurufen, obwohl sie damit seine Aufmerksamkeit von Julia Bertram ablenkte: «Henry, hast du gar nichts dazu zu sagen? Du hast dich doch selbst auf diesem Gebiet