sie, Enklich, verstehst du? Wie soll ich ohne Variable jemals fertig werden?«
»Ich bringe dir, was ich kann.« Fain verwünschte seine belegte Stimme. »Und ich halte mich an die Vereinbarung. Wenn du uns hilfst und der Plan Erfolg hat, gehört dir das Floß. Dann kannst du die Steuerzentrale ausschlachten. Ich wette, dort findest du Hunderte dieser Variablen. Mehr jedenfalls, als du nötig hast.«
»Ich muss sie schnell bekommen, Enklich! Mit einer Hyperchipvariablen kann ich den Reproduktor vollenden.«
Fain umrundete ein hantelförmiges Gebilde aus verschiedenfarbigen Metallteilen, passierte eine Gitterkonstruktion und sah endlich den Bastler vor sich. Er war pechschwarz und verschmolz fast mit dem Hintergrund.
Der rundliche Rumpf durchmaß in der Horizontale drei Meter. Oben und unten wurde er von eineinhalb Meter hohen Spitzkegeln abgedeckt, an denen vergleichsweise winzige Goon-Blöcke klebten. Gesäumt wurde der Körper von zwei Dutzend Extremitäten in unterschiedlichster Form. Wie Stacheln standen außerdem Antennen, Sensoren und Rezeptoren ab.
Der Bastler hatte vier plumpe Gliedmaßen nach unten gedreht und stakte auf ihnen durch einen See kleiner und mittelgroßer Maschinenteile. Seine Goon-Blöcke funktionierten nicht. Einige der Extremitäten waren verbogen oder abgebrochen. Die schwarze Hülle wies Risse, Brandmale und Löcher auf.
Der Armadamonteur war ein Wrack – Schrott wie all der Ausschuss, der sich auf dem hinteren Floßteil auftürmte. Er hatte Fain berichtet, dass er vor etwa sechs Erdjahren, kurz nach dem Aufbruch der STOWMEXE, von einem Armadaschiff auf dem Floß abgesetzt worden war. Ein Unfall hatte sein Positronengehirn stark beschädigt; erst auf dem Armadafloß war der Monteur mit verändertem Bewusstsein wieder »erwacht«.
In dem Begriff »verändert« sah Fain nur eine pietätvolle Umschreibung für »verrückt«. Der Bastler war weltfremd und gefährlich, ein irregulär funktionierender Roboter.
Neugierig musterte Fain das Maschinenungetüm, an dem der Monteur bis vor wenigen Sekunden gearbeitet hatte. Die Maschine ähnelte einem Ei mit abgeschnittener Spitze. Um das Unterteil lief ein daumendicker Ring aus rubinrotem Material. Der Ring leuchtete schwach.
»Ist das der Reproduktor?«
»So ist es«, bestätigte der Bastler. »Aber ohne die Variable ist er wertlos. Wann besorgst du mir das benötigte Teil?«
Der Kaufsohn ignorierte Frage. »Wozu dient die Maschine?«, erkundigte er sich.
Der Roboter musterte ihn mit zwei muschelförmigen visuellen Sensoren. »Ein Reproduktor dient der Reproduktion. Hast du doch eine Hyperchipvariable mitgebracht, Enklich?«
»Das nicht.« Fain löste den Beutel von der Hüfte. »Aber etwas anderes. Vielleicht hilft dir das.«
Gierig streckte der Roboter einen Greifarm aus. Fain wich einen Schritt zurück. »Hast du meinen Auftrag erfüllt?«
»Ich erfülle alle Aufträge. Ich bin zuverlässig.« Der Bastler verschwand hinter einem mannshohen Stapel aus Metallspulen, tauchte jedoch nach wenigen Sekunden wieder auf. Mit zwei klauenförmigen Extremitäten trug er eine große Kiste. Sanft stellte er sie vor Fain ab. »Alles da«, sagte er. »Flugfähige Fernsteuerkameras mit leistungsfähigem Energiespeicher. Vier Photonenblitzer und ein Dutzend Sprengbomben, wahlweise auslösbar durch Funk- oder Zeitzünder.«
Fain atmete auf. Er hatte schon befürchtet, dass der Bastler die Anforderungen nicht erfüllen konnte oder wollte. Endlich hatte er eine Erfolg versprechende Chance, Crduun zu überwältigen, sobald der Flößer kam, um seine Kaufsöhne zu bestrafen. Das Verlangen des Roboters nach den technischen Schätzen der Floßzentrale und die unfallbedingten Gehirnschäden hatten sein Sicherheitsprogramm außer Kraft gesetzt.
»Ich danke dir, Bastler.« Fein reichte dem Roboter den Beutel. Mit zwei fingerdünnen Tentakeln durchwühlte der Armadamonteur sofort den Inhalt. »Eindimensionale Leiter; 3-4-C-Silizoide; Hyperprozessoren der Klassen Delta-20; Epsilon-9-Speicherkristalle ...« Die Stimme wurde zum unverständlichen Murmeln, weil der Bastler sich schon entfernte.
Enklich Fain hob die Kiste an. Dank der geringen Schwerkraft war ihr Gewicht minimal, aber sie hatte ihre Masseträgheit nicht verloren. Er musste sie vorsichtig bugsieren, um zu verhindern, dass ein hastiger Bewegungsimpuls sie abtreiben ließ.
»Fain!«, erklang es im Helmfunk. Er zuckte zusammen. »Ich brauche die Variable, Fain. Wann bekomme ich sie?«
»Es wird kaum mehr lang dauern«, antwortete Fain. »Crduun ist vermutlich bereits auf dem Weg zum Floßschwanz. Sobald wir ihn überwältigt haben, gehört die Steuerzentrale uns.«
»Wird Crduun die Floßfähre nehmen?«
»Das kann er nicht. Wir haben ihm die Fähre abgenommen; sie steht auf einer der hinteren Stangen. Und der Flößer wird nicht so unvorsichtig sein, sein Flugaggregat einzusetzen.« Fain lächelte humorlos. »Er weiß, dass wir bewaffnet sind und auf ihn warten. Also wird er zu Fuß gehen und versuchen, sich unentdeckt anzuschleichen.«
»Zu Fuß ...«, wiederholte der Bastler. »Das wäre schlecht für ihn.«
»Warum?«, fragte Fain verwirrt.
»Wegen des Floßparasiten.«
11.
»Du darfst nicht allein gehen, Crduun«, keifte der Herold empört. »Oh ja, das ist es, Flößer, du bist verrückt! Die Untreue deiner Kaufsöhne hat dir den Verstand geraubt. Ich werde ...«
»Du wirst in der Zentrale bleiben!« Barsch schnitt Crduun dem Herold das Wort ab. »Das ist ein Befehl. Vielleicht meldet sich der Armadaschmied wieder, dann muss jemand den Anruf entgegennehmen.«
»Pah.« Der Hyrkt sprang wie ein Gummiball über die Schaltpulte, die die Steuerzentrale in schmale Reihen unterteilten. »Ausreden. Du kannst den Rechner anweisen, dass er jedes Gespräch weiterleitet. Du willst mich nur zurücklassen, weil du dich für schlau und mich für dumm hältst.«
Crduuns Sehfühler zitterten. Die fehlenden Beißzangen, die Glätte des Kopfes, seine rostrote Haut – all das machte den Herold zur grausigen Karikatur eines Hyrkts.
»Der Herold ist aber klug«, fuhr dieses Geschöpf krächzend fort. »Hat er nicht die wahren Pläne der Rabensöhne durchschaut? Hat er dich damals nicht davor gewarnt, den übelsten aller Bälger, den boshaften Enklich Fain, an Bord zu nehmen? Aber Crduun hört natürlich nicht darauf, denn er ist der Armadaflößer und war einst die schönste aller Warteköniginnen – so lieblich, dass heiße Liebe den armen Herold entflammte ...« Das hässliche Wesen schrie entsetzt auf und katapultierte sich davon.
Verblüfft sah Crduun ihm nach. Das war also der Grund, warum der Herold sich nicht von ihm getrennt hatte, als das Armadaherz ihn zum Flößer ernannte. Dieses bedauernswerte Geschöpf hatte sich in ihn verliebt ... Es war keineswegs das erste Mal, dass so etwas in der Geschichte der Hyrkt-Stämme geschehen war. Trotz seiner Dummheit und Missgestalt besaß der Herold also Gefühle, Crduun musste ihn künftig nachsichtiger behandeln. Im Gegensatz zu den Kaufsöhnen ... Der Gedanke an die ungehorsamen Bälger ließ seine Wut neu aufflackern. Crduun richtete seine Sehfühler auf die Anzeigen der Essenzenhaken-Kontrolle.
Die Kaufsöhne hatten ihr ruchloses Treiben in keiner Weise eingestellt. Weitere acht Haken waren zerstört oder gelockert, und die Alarmsignale verrieten, dass die statische Instabilität am Floßschwanz beständig wuchs. Falls sie die Stangenrahmen angriffen, war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Aber woher hatten sie die Waffen? Und wie konnte es Fain gelungen sein, die Monteure umzuprogrammieren? Verwirrt mahlte Crduun mit den Beißzangen.
Beunruhigt dachte er an den Armadaschmied und seine mysteriösen Anrufe. Warum hatte Warckewn die STOWMEXE zu einem weiteren Abbauplaneten bestellt, doch kurz darauf seine Anordnung widerrufen? Und wieso war der Silberne so wütend gewesen? Nun, das war nicht sein Problem. Er war nur ein Flößer, der seine Pflicht zu erfüllen hatte. Außerdem war die STOWMEXE bereits überladen, jede zusätzliche Last würde zu Problemen führen.
Es