Джек Лондон

Gesammelte Werke


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Wan­gen wa­ren ganz heiß vor Be­geis­te­rung ge­wor­den, als Frau Mor­ti­mer jetzt aber Bil­ly an­sah, be­merk­te sie, dass er nicht recht zu­frie­den aus­sah, und dass ein düs­te­rer Aus­druck in sei­ne blau­en Au­gen ge­tre­ten war.

      »Nun, her­aus mit der Spra­che!« sag­te sie er­mun­ternd. »Woran den­ken Sie?«

      Zu Sa­x­ons großem Er­stau­nen ant­wor­te­te er gleich, und zu ih­rem noch grö­ße­ren Er­stau­nen galt sei­ne Kri­tik ei­nem Punkt, an den sie gar nicht dach­te.

      »Es ist ja nur ein Trick«, er­klär­te Bil­ly. »Das mein­te ich –«

      »Aber ein Trick, der sich lohnt«, un­ter­brach Frau Mor­ti­mer ihn, und ihre Au­gen fun­kel­ten leb­haft hin­ter der Bril­le.

      »Ja und nein!« sag­te Bil­ly ei­gen­sin­nig auf sei­ne ge­wöhn­li­che, lang­sa­me Art. »Wenn je­der Bau­er Blu­men und Ge­mü­se misch­te, wür­de kein dop­pel­ter Markt­preis da­für be­zahlt wer­den. Al­les wür­de sein, wie es zu­vor war.«

      »Sie füh­ren eine Theo­rie ins Feld ge­gen Tat­sa­chen«, er­klär­te Frau Mor­ti­mer. »Es ist Tat­sa­che, dass nicht alle Bau­ern das tun. Es ist Tat­sa­che, dass ich den dop­pel­ten Preis er­hal­te. Das kön­nen Sie nicht be­strei­ten.«

      Bil­ly war nicht über­zeugt, wenn er auch kei­ne Ant­wort wuss­te.

      »Ja«, mur­mel­te er und schüt­tel­te be­son­nen den Kopf. »Ich ver­ste­he es nun doch nicht. Et­was stimmt nicht da­bei, wenn wir es von un­serm Stand­punkt aus be­trach­ten, ich mei­ne von mei­nem und dem mei­ner Frau. Aber viel­leicht wer­de ich noch da­hin­ter­kom­men.«

      »Und un­ter­des­sen wol­len wir uns um­se­hen«, schlug Frau Mor­ti­mer vor. »Ich will Ih­nen gern al­les zei­gen und Ih­nen er­zäh­len, wie ich es ma­che. Spä­ter wol­len wir uns set­zen und über die Sa­che re­den, und dann wer­de ich Ih­nen von der ers­ten Zeit er­zäh­len. Se­hen Sie« – sie wand­te sich zu Sa­xon – »Sie sol­len wis­sen, dass man auf dem Lan­de vor­wärts kom­men kann, wenn man die Sa­che nur rich­tig an­packt. Auch ich ver­stand nicht das ge­rings­te von der Sa­che, und ich hat­te kei­nen großen hüb­schen Mann, der mir half, wie Sie. Ich war ganz al­lein. Aber das wer­de ich Ih­nen spä­ter er­zäh­len.«

      *

      Die nächs­te Stun­de ver­brach­ten sie zwi­schen Ge­mü­se, Obst, Obst­sträu­chern und Bäu­men, und Sa­xon füll­te ihr Ge­hirn mit ei­ner un­ge­heu­ren Men­ge von Wis­sen, das sie ge­le­gent­lich ver­dau­en konn­te. Auch Bil­ly hat­te In­ter­es­se, über­ließ es aber Sa­xon, zu sa­gen, was zu sa­gen war, und frag­te nur hin und wie­der ein­mal. Hin­ter dem Hau­se, wo al­les eben­so hübsch und or­dent­lich wie im Vor­der­gar­ten war, lag der Hüh­ner­hof. Hier wa­ren in ver­schie­de­nen Ab­tei­lun­gen meh­re­re hun­dert klei­ne schnee­wei­ße Hüh­ner.

      »Das sind wei­ße Ita­lie­ner«, sag­te Frau Mor­ti­mer. »Sie ma­chen sich kei­ne Vor­stel­lung, was die mir ein­ge­bracht ha­ben. Ich be­hal­te kein Huhn auch nur einen ein­zi­gen Tag über die bes­te Zeit hin­aus –«

      »Genau das, Sa­xon, was ich von Pfer­den sage«, un­ter­brach Bil­ly sie.

      »Und weil ich ganz ein­fach da­für sor­ge, dass sie zur rech­ten Zeit aus­ge­brü­tet wer­den – und dar­an denkt nicht ein Bau­er von tau­send – so be­kom­me ich sie dazu, dass sie im Win­ter le­gen, wenn die meis­ten Hüh­ner es nicht mehr tun und die Eier am teu­ers­ten sind. Und noch ei­nes: Ich habe mei­ne spe­zi­el­len Kun­den. Die be­zah­len mir zehn Cents das Dut­zend über die höchs­te No­tie­rung, weil mei­ne Spe­zia­li­tät Eier sind, die nur einen Tag alt sind.« Hier sah sie zu­fäl­lig Bil­ly an und er­riet, dass er sich mit dem­sel­ben Pro­blem be­schäf­tig­te.

      »Im­mer noch der­sel­be Ein­wand?« frag­te sie.

      Er nick­te. »Im­mer noch der­sel­be Ein­wand. Wenn alle Bau­ern Eier lie­fer­ten, die einen Tag alt wä­ren, so wür­de es kei­ne zehn Cents über den Höchst­preis ge­ben. Sie wür­den nicht bes­ser da­ste­hen als zu An­fang.«

      »Aber die Eier wür­den nur einen Tag alt sein, alle Eier wür­den nur einen Tag alt sein; das dür­fen Sie nicht ver­ges­sen«, sag­te Frau Mor­ti­mer.

      »Ja, aber das bringt mei­ner Frau und mir kein Geld«, wand­te er ein. »Das ist es, wor­über ich mir klar wer­den woll­te, und jetzt bin ich es. Sie spre­chen von Theo­rie und von Tat­sa­chen. Zehn Cents über den Höchst­preis, das ist für Sa­xon und mich nur Theo­rie. Die Sa­che ist näm­lich, dass wir kei­ne Eier, kei­ne Kücken und kei­nen Bo­den ha­ben, wo die Hüh­ner lau­fen und le­gen kön­nen.«

      »Und da ist noch et­was, wor­aus ich nicht klug wer­den kann«, fuhr er fort. »Ich kann nicht sa­gen, was ich mei­ne, aber et­was ist da, so­viel ist si­cher.«

      Dann zeig­te Frau Mor­ti­mer ih­nen ihre Kat­zen, ihre Schwei­ne, ihre Mol­ke­rei und ihre Hun­de. Es war nir­gends viel, aber sie ver­si­cher­te ih­nen, dass sie gut an al­lem ver­dien­te, und er­zähl­te mit großer Zun­gen­fer­tig­keit, was je­des ein­brach­te. Sie ver­blüff­te sie ganz, als sie ih­nen die Prei­se nann­te, die für per­si­sche Kat­zen mit Stamm­bäu­men, für Che­s­ter-Schwei­ne von der ver­bes­ser­te Ohio­ras­se, für schot­ti­sche Col­lies mit Stamm­bäu­men und für Jer­sey-Kühe ver­langt und be­zahlt wur­den. Für die Milch ih­rer Jer­sey-Kühe hat­te sie auch einen be­son­de­ren Pri­vat­markt, und sie er­hielt fünf Cents den Li­ter mehr, als für die bes­te Milch aus den Meie­rei­en be­zahlt wur­de. Bil­ly be­merk­te bald, dass ein großer Un­ter­schied zwi­schen ih­rem Obst­gar­ten und dem, wel­chen sie am vo­ri­gen Nach­mit­tag be­sich­tigt hat­ten, be­stand, und Frau Mor­ti­mer zeig­te ih­nen Dut­zen­de an­de­rer Un­ter­schie­de, die er als Tat­sa­che hin­neh­men muss­te.

      Dann er­zähl­te sie ih­nen von ei­ner an­de­ren In­dus­trie, von selbst ein­ge­mach­tem Kom­pott und Gelée, das im vor­aus zu Prei­sen ver­kauft wur­de, die schwin­delnd hoch über den üb­li­chen Markt­prei­sen stan­den. Sie sa­ßen in be­que­men Korb­stüh­len auf der Ve­ran­da, wäh­rend sie er­zähl­te, wie sie auf ihre Spe­zia­li­tät mit Ein­ge­mach­tem ge­kom­men war, und wie sie mit dem ein­zi­gen Re­stau­rant ers­ten Ran­ges und dem ein­zi­gen Klub ers­ten Ran­ges in San José han­del­te. Sie war mit den Pro­ben zum Ho­tel­be­sit­zer und zum Öko­nom ge­gan­gen, hat­te nach lan­ger Dis­kus­si­on alle Ein­wän­de be­siegt, hat­te ihre Gleich­gül­tig­keit über­wun­den und den Wirt über­re­det, aus ih­ren Wa­ren eine »Spe­zia­li­tät« zu ma­chen, sie im stil­len sei­nen Kun­den an­zu­prei­sen und vor al­lem für die Ge­rich­te, zu de­nen sie ver­wandt wur­den, einen ho­hen Preis zu neh­men.

      Bil­ly hör­te al­les mit ei­nem ver­dros­se­nen, un­zu­frie­de­nen Aus­druck in den Au­gen an. Frau Mor­ti­mer sah es und war­te­te.

      »Und jetzt müs­sen Sie uns den An­fang er­zäh­len«, bat Sa­xon.

      Aber Frau Mor­ti­mer wei­ger­te sich, wenn sie nicht we­nigs­tens ver­sprä­chen, über Abend zu blei­ben. Bil­ly hat­te nicht viel Lust, aber Sa­xon warf ihm einen stren­gen Blick zu und sag­te für bei­de zu.

      »Nun ja denn«, fuhr Frau Mor­ti­mer in ih­rem Be­richt fort, »an­fangs wuss­te ich eben­so we­nig wie alle, die in ei­ner Stadt ge­bo­ren und er­zo­gen sind. Al­les, was ich vom Land wuss­te, war, dass man in den Fe­ri­en hin­ging, und ich reis­te stets in Bä­der und Bergs­a­na­to­ri­en.