Wangen waren ganz heiß vor Begeisterung geworden, als Frau Mortimer jetzt aber Billy ansah, bemerkte sie, dass er nicht recht zufrieden aussah, und dass ein düsterer Ausdruck in seine blauen Augen getreten war.
»Nun, heraus mit der Sprache!« sagte sie ermunternd. »Woran denken Sie?«
Zu Saxons großem Erstaunen antwortete er gleich, und zu ihrem noch größeren Erstaunen galt seine Kritik einem Punkt, an den sie gar nicht dachte.
»Es ist ja nur ein Trick«, erklärte Billy. »Das meinte ich –«
»Aber ein Trick, der sich lohnt«, unterbrach Frau Mortimer ihn, und ihre Augen funkelten lebhaft hinter der Brille.
»Ja und nein!« sagte Billy eigensinnig auf seine gewöhnliche, langsame Art. »Wenn jeder Bauer Blumen und Gemüse mischte, würde kein doppelter Marktpreis dafür bezahlt werden. Alles würde sein, wie es zuvor war.«
»Sie führen eine Theorie ins Feld gegen Tatsachen«, erklärte Frau Mortimer. »Es ist Tatsache, dass nicht alle Bauern das tun. Es ist Tatsache, dass ich den doppelten Preis erhalte. Das können Sie nicht bestreiten.«
Billy war nicht überzeugt, wenn er auch keine Antwort wusste.
»Ja«, murmelte er und schüttelte besonnen den Kopf. »Ich verstehe es nun doch nicht. Etwas stimmt nicht dabei, wenn wir es von unserm Standpunkt aus betrachten, ich meine von meinem und dem meiner Frau. Aber vielleicht werde ich noch dahinterkommen.«
»Und unterdessen wollen wir uns umsehen«, schlug Frau Mortimer vor. »Ich will Ihnen gern alles zeigen und Ihnen erzählen, wie ich es mache. Später wollen wir uns setzen und über die Sache reden, und dann werde ich Ihnen von der ersten Zeit erzählen. Sehen Sie« – sie wandte sich zu Saxon – »Sie sollen wissen, dass man auf dem Lande vorwärts kommen kann, wenn man die Sache nur richtig anpackt. Auch ich verstand nicht das geringste von der Sache, und ich hatte keinen großen hübschen Mann, der mir half, wie Sie. Ich war ganz allein. Aber das werde ich Ihnen später erzählen.«
*
Die nächste Stunde verbrachten sie zwischen Gemüse, Obst, Obststräuchern und Bäumen, und Saxon füllte ihr Gehirn mit einer ungeheuren Menge von Wissen, das sie gelegentlich verdauen konnte. Auch Billy hatte Interesse, überließ es aber Saxon, zu sagen, was zu sagen war, und fragte nur hin und wieder einmal. Hinter dem Hause, wo alles ebenso hübsch und ordentlich wie im Vordergarten war, lag der Hühnerhof. Hier waren in verschiedenen Abteilungen mehrere hundert kleine schneeweiße Hühner.
»Das sind weiße Italiener«, sagte Frau Mortimer. »Sie machen sich keine Vorstellung, was die mir eingebracht haben. Ich behalte kein Huhn auch nur einen einzigen Tag über die beste Zeit hinaus –«
»Genau das, Saxon, was ich von Pferden sage«, unterbrach Billy sie.
»Und weil ich ganz einfach dafür sorge, dass sie zur rechten Zeit ausgebrütet werden – und daran denkt nicht ein Bauer von tausend – so bekomme ich sie dazu, dass sie im Winter legen, wenn die meisten Hühner es nicht mehr tun und die Eier am teuersten sind. Und noch eines: Ich habe meine speziellen Kunden. Die bezahlen mir zehn Cents das Dutzend über die höchste Notierung, weil meine Spezialität Eier sind, die nur einen Tag alt sind.« Hier sah sie zufällig Billy an und erriet, dass er sich mit demselben Problem beschäftigte.
»Immer noch derselbe Einwand?« fragte sie.
Er nickte. »Immer noch derselbe Einwand. Wenn alle Bauern Eier lieferten, die einen Tag alt wären, so würde es keine zehn Cents über den Höchstpreis geben. Sie würden nicht besser dastehen als zu Anfang.«
»Aber die Eier würden nur einen Tag alt sein, alle Eier würden nur einen Tag alt sein; das dürfen Sie nicht vergessen«, sagte Frau Mortimer.
»Ja, aber das bringt meiner Frau und mir kein Geld«, wandte er ein. »Das ist es, worüber ich mir klar werden wollte, und jetzt bin ich es. Sie sprechen von Theorie und von Tatsachen. Zehn Cents über den Höchstpreis, das ist für Saxon und mich nur Theorie. Die Sache ist nämlich, dass wir keine Eier, keine Kücken und keinen Boden haben, wo die Hühner laufen und legen können.«
»Und da ist noch etwas, woraus ich nicht klug werden kann«, fuhr er fort. »Ich kann nicht sagen, was ich meine, aber etwas ist da, soviel ist sicher.«
Dann zeigte Frau Mortimer ihnen ihre Katzen, ihre Schweine, ihre Molkerei und ihre Hunde. Es war nirgends viel, aber sie versicherte ihnen, dass sie gut an allem verdiente, und erzählte mit großer Zungenfertigkeit, was jedes einbrachte. Sie verblüffte sie ganz, als sie ihnen die Preise nannte, die für persische Katzen mit Stammbäumen, für Chester-Schweine von der verbesserte Ohiorasse, für schottische Collies mit Stammbäumen und für Jersey-Kühe verlangt und bezahlt wurden. Für die Milch ihrer Jersey-Kühe hatte sie auch einen besonderen Privatmarkt, und sie erhielt fünf Cents den Liter mehr, als für die beste Milch aus den Meiereien bezahlt wurde. Billy bemerkte bald, dass ein großer Unterschied zwischen ihrem Obstgarten und dem, welchen sie am vorigen Nachmittag besichtigt hatten, bestand, und Frau Mortimer zeigte ihnen Dutzende anderer Unterschiede, die er als Tatsache hinnehmen musste.
Dann erzählte sie ihnen von einer anderen Industrie, von selbst eingemachtem Kompott und Gelée, das im voraus zu Preisen verkauft wurde, die schwindelnd hoch über den üblichen Marktpreisen standen. Sie saßen in bequemen Korbstühlen auf der Veranda, während sie erzählte, wie sie auf ihre Spezialität mit Eingemachtem gekommen war, und wie sie mit dem einzigen Restaurant ersten Ranges und dem einzigen Klub ersten Ranges in San José handelte. Sie war mit den Proben zum Hotelbesitzer und zum Ökonom gegangen, hatte nach langer Diskussion alle Einwände besiegt, hatte ihre Gleichgültigkeit überwunden und den Wirt überredet, aus ihren Waren eine »Spezialität« zu machen, sie im stillen seinen Kunden anzupreisen und vor allem für die Gerichte, zu denen sie verwandt wurden, einen hohen Preis zu nehmen.
Billy hörte alles mit einem verdrossenen, unzufriedenen Ausdruck in den Augen an. Frau Mortimer sah es und wartete.
»Und jetzt müssen Sie uns den Anfang erzählen«, bat Saxon.
Aber Frau Mortimer weigerte sich, wenn sie nicht wenigstens versprächen, über Abend zu bleiben. Billy hatte nicht viel Lust, aber Saxon warf ihm einen strengen Blick zu und sagte für beide zu.
»Nun ja denn«, fuhr Frau Mortimer in ihrem Bericht fort, »anfangs wusste ich ebenso wenig wie alle, die in einer Stadt geboren und erzogen sind. Alles, was ich vom Land wusste, war, dass man in den Ferien hinging, und ich reiste stets in Bäder und Bergsanatorien.