Sonne nach einer Woche feuchten Wetters herauskam? Dann ist der Sonnenschein wie ein Schuss Whisky. Er tut genau dieselbe Wirkung. Es ist ein herrliches Gefühl. Und wenn man geschwommen hat und aus dem Wasser kommt und in der Sonne liegt – wie herrlich es einem dann geht! Das kommt daher, dass man einen Sonnencocktail schlürft. Aber gesetzt, man liegt ein paar Stunden im Sande, dann ist es nicht mehr so schön. Dann wird man schwer und schlaff und braucht gefährlich lange, um sich anzuziehen. Und dann geht man heim, und schleppt die Beine nach und fühlt sich ganz elend, als wäre Saft und Kraft aus einem herausgesogen. Was ist das? Ein Katzenjammer. Man hat sich in Sonnenschein übernommen, wie man sich in Whisky übernehmen kann, und nun muss man seinen Preis dafür bezahlen. Das ist ganz klar. Deshalb ist ein Klima mit Nebel am besten.«
»Aber wir sind doch viele Monate lang berauscht gewesen«, sagte Saxon. »Sollen wir jetzt wieder nüchtern werden?«
»Darauf kannst du dich verlassen! Weißt du, Saxon, ich kann an einem Tage für zwei Tage arbeiten, in einem Klima wie dem hier. Sieh die Tiere an. Ich will mich hängen lassen, wenn sie nicht schon ganz übermütig werden.«
Saxons Blick schweifte vergebens über den Kiefernwald, um nach den Riesentannen zu suchen, die sie so liebte. Sie würden sie in Kalifornien finden, sagte ihnen jemand in Bandon.
»Dann sind wir zu weit nach Norden geraten«, sagte Saxon. »Wir müssen nach Süden, um unser Mondtal zu finden.«
Und so reisten sie nach Süden, auf Wegen, die immer schlechter wurden, durch das Meiereiland von Langlois und durch dichte Kiefernwälder nach Port Orford, wo Saxon Achat am Strande fand, während Billy mächtige Dorsche fing. Noch hatte sich keine Eisenbahn durch diese wilde Gegend hindurchgeschnitten, und der Weg nach Süden wurde immer wilder. Am Gold Beach trafen sie ihren alten Freund, den Rogue, über den sie sich an seiner Mündung in den Stillen Ozean auf der Fähre übersetzen ließen. Immer wilder wurde das Land, immer furchtbarer wurden die Wege, und immer weiter war es zwischen den vereinzelten Bauernhöfen und den Rodungen.
Und hier gab es weder Asiaten noch Europäer. Die spärliche Bevölkerung bestand aus den ursprünglichen Ansiedlern und ihren Nachkommen. Saxon sprach mit mehreren alten Männern und Frauen, die sich noch der Reise über die Prärie mit den schwer arbeitenden Ochsen entsannen. Westwärts waren sie gezogen, bis der Stille Ozean ihnen Halt gebot, und hier hatten sie den Wald gerodet, ihre primitiven Häuser gebaut und sich niedergelassen. Es war der fernste Westen, den sie entdeckt hatten. Alte Gebräuche hielten sich noch unverändert unter ihnen. Es gab keine Eisenbahn. Noch hatte kein Automobil sich auf diese schlechten Wege gewagt. Im Osten, zwischen ihnen und den dichtbevölkerten Tälern im Innern, lag das öde, wilde Küstengebirge – ein wahres Paradies für Jäger, wie einer zu Billy sagte, obwohl der erklärte, dass der Weg, den er gekommen war, Jägerparadies genug für ihn war. Denn ohne die Pferde anzuhalten, hatte er Saxon die Zügel gereicht und vom Kutschbock aus einen Bock mit acht Enden geschossen.
Südlich von Gold Beach hörten sie, als sie auf einem schmalen Weg durch den unberührten Wald fuhren, hoch über sich den Klang von Glocken. Hundert Meter weiter fand Billy eine Stelle, die breit genug war, um ausweichen zu können. Und hier wartete er, während die munteren Glocken sich schnell näherten.
Sie hörten das scheuernde Geräusch einer Bremse, den dumpfen Laut von Pferdehufen auf dem weichen Boden, einen harten Ausruf des Kutschers und plötzlich das Lachen einer Frau.
»Der kann fahren, der kann fahren dort oben!« murmelte Billy. »Ich ziehe meinen Hut vor ihm, wer er auch sein mag, dass er so schnell auf einem Weg wie hier fahren kann. – Hör nur, der hat starke Bremsen! – Das war ein ordentliches Loch! Der hat Federn, Saxon, der hat Federn!«
Dort, wo der Weg im Zickzack über ihnen ging, sahen sie zwischen den Bäumen vier schnelle rotbraune Pferde und die schnellen Räder eines kleinen, gelbbraunen Wagens.
Bei der nächsten Biegung kamen die zwei vorderen Pferde wieder zum Vorschein, und sie fuhren die Kurven weit aus, worauf die zwei hinteren Pferde mit dem leichten zweisitzigen Fuhrwerk erschienen; dann aber bildete alles wieder eine gerade Linie, und lärmend kamen sie über eine schmale Plankenbrücke. Auf dem Vordersitz saßen ein Mann und eine Frau, auf dem Hintersitz saß ein Japaner, zwischen Handkoffern, Angelruten, Gewehren, Sesseln und einem Schreibmaschinenkasten eingeklemmt, während über ihm und um ihn herum auf äußerst sinnreiche Weise eine Menge Hirsch- und Elchgeweihe verstaut waren.
»Das sind ja Herr und Frau Hastings!« rief Saxon.
»Brr!« heulte Hastings und ließ die Bremse auf das Rad wirken, während er seine Pferde neben Billy und Saxon anhielt. Grüße wurden ausgetauscht, und der Japaner, den sie zuletzt auf dem »Wanderer« gesehen hatten, gab und erhielt seinen vollen Anteil an den Grüßen.
»Das ist etwas anderes als die Sacramentoinsel, nicht wahr?« sagte Hastings zu Saxon. »Nichts als alte amerikanische Familien hier in den Bergen. Und sie haben sich nicht im geringsten verändert. Unsere Vorfahren sind genau ebenso gewesen.«
Herr und Frau Hastings erzählten von ihrer langen Fahrt. Sie waren jetzt seit zwei Monaten unterwegs und wollten weiter durch Oregon und Washington nach der kanadischen Grenze.
»Dann schicken wir die Pferde zurück und reisen selbst mit der Eisenbahn nach Hause«, schloss Hastings.
»Aber bei der Schnelligkeit hätten Sie doch viel weiter kommen müssen als bis hierher«, meinte Billy kritisch.
»Wir machen an allen möglichen Orten halt«, erklärte Frau Hastings.
»Wir waren auf dem geschützten Territorium bei Hoopa«, sagte Hastings. »Und wir fuhren im Kanu den Trinity und den Klamath bis zum Meer hinab. Und wir haben zwei Wochen in der richtigen Wildnis von Curry County verbracht.«
»Dort sollten Sie übrigens hinfahren«, riet Hastings ihnen. »Sie können noch vor Abend Mountain Ranch erreichen. Und von dort können Sie ins Land abbiegen. Nein, Wege gibt es nicht. Sie müssen die Pferde reiten. Aber es ist voll von Wild. Ich schoss fünf Berglöwen und zwei Bären, gar nicht zu reden von einer Menge Hirsche. Und es gibt auch kleine Elchherden. Nein, ich schoss keine, sie sind geschützt. Die Geweihe hier habe ich von alten Jägern bekommen. Ich will Ihnen alles erzählen.«
Und während die beiden Männer miteinander sprachen, waren Saxon und Frau Hastings auch nicht müßig.
»Haben Sie nun das Mondtal gefunden?« fragte die Frau des Schriftstellers beim Abschied.
Saxon schüttelte den Kopf.
»Sie