sagte Billy. »Wenn die Wiese dräniert und die Erde ordentlich durchgearbeitet wird, so kann man sich mit Dünger und all dem Wasser eine Ernte nach der anderen das ganze Jahr hindurch verschaffen. Es müssen fünf Morgen von diesem Boden sein, und ich möchte nicht mit Frau Mortimer tauschen.«
Sie standen in einem alten Obstgarten auf dem Hange, wo sie siebenundzwanzig sehr vernachlässigte, aber im übrigen gute und große Bäume gezählt hatten.
»Und oben auf dem Hang, hinter dem Hause, können wir Obststräucher ziehen.« Saxon schwieg, ein neuer Gedanke beschäftigte sie. »Wenn nur Frau Mortimer herkommen und uns beraten wollte! – Glaubst du nicht, dass sie das tun würde, Billy?«
»Selbstverständlich will sie. Es sind nicht mehr als vier Stunden von San José. Aber zuerst müssen wir sehen, die Geschichte zu kriegen. Dann kannst du ihr ja immer noch schreiben.«
Der Sonomabach bildete die Grenze des kleinen Gehöfts auf der einen langen Seite, zwei Seiten wurden von dem Zaun und die vierte vom Wildwasser begrenzt.
»Denk dir – dass wir die zwei schönen Menschen zu Nachbarn bekommen«, sagte Saxon nachdenklich. »Der Bach bildet die Grenze zwischen ihrem und unserm Hof.«
»Es ist noch nicht unser Hof«, meinte Billy. »Lass uns hingehen und sie besuchen. Sie können uns vielleicht über alles Bescheid sagen.«
»Es ist schon so gut wie unser«, antwortete sie. »Die Hauptsache war, es zu finden. Und wem das Haus auch gehört, so hat er sich jedenfalls nichts daraus gemacht. Seit langer, langer Zeit hat niemand hier gewohnt. Und – ach, Billy, bist du denn zufrieden?« »Ich bin mit jeder Kleinigkeit zufrieden«, gab er ehrlich zu, »jedenfalls, soweit es reicht. Aber das Unglück ist, dass es nicht weit genug reicht.«
Ihr enttäuschter Ausdruck ließ ihn indessen seinen Lieblingstraum aufgeben.
»Wir kaufen es – darüber reden wir nicht mehr«, sagte er. »Aber hinter der Wiese ist so viel Wald, dass es nicht viel Weide gibt, nur gerade genug für ein paar Pferde und eine Kuh. Aber das muss alles warten. Wir können nicht alles auf einmal haben, und was da ist, ist richtig.«
»Dann nennen wir es eben einen Anfang«, tröstete sie ihn. »Später können wir ja mehr dazu kaufen – vielleicht das Stück am Wildwasser bis zu den drei Hügeln, die wir gestern sahen –«
»Wo ich sagte, dass meine Pferde weiden könnten«, sagte er, und seine Augen leuchteten bei dem Gedanken. »Ja, warum nicht? Es ist so viel in Erfüllung gegangen, seit wir unsere Wanderung begannen, so wird auch das in Erfüllung gehen.«
»Wir können ja arbeiten, um es zu erreichen, Billy.«
»Ja, wir wollen arbeiten wie der Teufel«, erklärte er.
*
Sie gingen durch die primitive Gartenpforte und einen Weg entlang, der sich durch ein Stück gepflegten Waldes schlängelte. Es war nicht das geringste vom Hause zu sehen, bis sie ganz plötzlich zwischen den Bäumen standen, die es umgaben. Es war ein achteckiges Haus und so gut in seinen Verhältnissen, dass seine zwei Stockwerke nicht hoch wirkten. Das Haus gehörte auf den Platz. Es war mit dem Boden verwachsen wie die Bäume. Es war kein Garten im üblichen Sinne, der Wald reichte bis zur Tür. Die Haustür mit dem niedrigen Vorbau lag nur eine Stufe über dem Boden. »Trillium Zuflucht« stand mit seltsam geschnitzten Buchstaben über der Tür.
»Kommt nur herauf, Kinderchen«, ertönte eine Stimme aus dem oberen Stock, als Saxon anklopfte.
Sie traten zurück und sahen einen Balkon, von wo die kleine Frau zu ihnen herablächelte. Sie trug ein loses Hauskleid aus weichem rosa Stoff und erinnerte Saxon wieder an eine Blume.
»Macht nur die Tür auf und kommt – den Weg findet ihr schon selber«, lautete ihre Anweisung.
Saxon ging voran, und Billy folgte ihr auf den Fersen. Sie kamen in eine helle Stube mit vielen Fenstern und einem großen Granitkamin, in dem große Scheite schwelten. Auf dem steinernen Bord über dem Kamin stand eine mächtige, mit Herbstlaub und feinen leichten Weinranken gefüllte mexikanische Vase. Die Wände waren mit Holz in einer warmen natürlichen Farbe bekleidet, das schwach gebeizt, aber nicht poliert war. Die Luft war rein und angenehm, mit einem starken Duft von Holz. In einer Ecke der Stube stand ein Nussbaumharmonium, in einer anderen Ecke befanden sich Regale mit vielen Büchern. Durch die Fenster über einer niedrigen Ruhebank, die offenbar gebraucht wurde, konnte man die friedliche Herbstlandschaft mit gelben Bäumen und verblichenem Gras sehen; viel betretene Gänge führten nach allen Richtungen über den kleinen Hof. Eine schöne kleine Treppe ging an mehreren Fenstern vorbei nach dem oberen Stock. Dort stand die kleine Frau, empfing sie und führte sie in eine Stube, die, wie Saxon sofort sah, ihre eigene war. Auch hier gab es viele Fenster und Bücherregale, von dem langen Fensterbrett bis zum Fußboden. Überall standen und lagen Bücher, auf dem Arbeitstisch, auf dem Ruhebett und im Schreibpult. In dem offenen Fenster stand wieder eine Vase mit Herbstlaub, und der ganze Raum war von derselben Anmut und Feinheit geprägt wie die kleine braune Frau selbst, die sich auf einen winzigen Kinderschaukelstuhl aus spanischem Rohr setzte, der leuchtend rot gestrichen war.
»Ja, es ist ein komisches Haus«, sagte Frau Hale mit frohem, jungmädchenhaften Lachen. »Aber wir lieben es. Edmund hat es mit eigenen Händen gemacht, selbst die Klempnerarbeit – obgleich es ihm sehr schwer wurde, bis es klappte.«
»Auch den Fußboden unten und den Herd?« fragte Billy.
»Alles, alles!« antwortete sie stolz. »Und die Hälfte von den Möbeln. Das Zedernholzpult dort und den Tisch – alles mit eigenen Händen.«
»Und dabei sind es so zarte Hände«, rief Saxon unwillkürlich.
Frau Hale warf ihr einen schnellen Blick zu, und ein dankbarer Ausdruck trat in ihr lebhaftes Gesicht.
»Sie sind zart«, sagte sie mit weicher Stimme, »die zartesten Hände, die ich je gekannt habe. Und es ist lieb von Ihnen, dass Sie das bemerkt haben, denn Sie sahen ihn ja nur gestern im Vorbeifahren.«
»Ich konnte es einfach nicht lassen«, sagte Saxon.
Ihr Blick glitt von Frau Hale auf die Wand hinter ihr, die mit einem reizenden Muster von Bienenwaben, hie und da mit goldenen Bienen, geschmückt war. An der Wand hingen einige wenige eingerahmte Bilder.
»Sie stellen nur Menschen vor«, sagte Saxon, die sich der schönen Gemälde in Mark Halls Villa erinnerte.
»Meine Landschaftsbilder habe ich dort«, antwortete Frau Hale und wies zum Fenster hinaus. »Drinnen will ich nur Bilder von meinen Lieben haben, die nicht immer